Wie eine Idee aus Niederösterreich Geschichte schreibt

Fünf Jahre lang kämpfte der Niederösterrreichische Bauernbund für die Gründung eines Europaablegers. Mit Erfolg. Der ehrenamtliche Präsident Alexander Bernhuber über die Gründung, Ziele und Herausforderungen.

Alexander Bernhuber

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Ein Kapitel Agrarpolitik-Geschichte wurde kürzlich in Brüssel geschrieben: Mit der Gründung des Europäischen Bauernbundes (EPP Farmers) bündeln die bäuerlichen Familienbetriebe ihre Kräfte über Ländergrenzen hinweg. Zum ersten Präsidenten wurde Alexander Bernhuber gewählt, EU-Abgeordneter aus Kilb im Bezirk Melk und selbst Rinderbauer.

Fünf Jahre lang setzten sich niederösterreichische Vertreter für die Errichtung einer starken europäischen Standesvertretung ein, nicht zuletzt befeuert durch die massiven Bauernproteste des Vorjahres. Ziel des neuen Verbandes: mehr Mitsprache in Brüssel, faire Rahmenbedingungen für die bäuerlichen Betriebe und ein klares Gegengewicht zu einer vielfach fehlgeleiteten Agrarpolitik.

„Für mich ist diese Wahl eine große Ehre und zugleich ein klarer Auftrag“, betont Bernhuber auf Anfrage der BauernZeitung. Innerhalb weniger Monate habe man Partner aus über 20 Ländern für das Projekt gewinnen können.

Gemeinsam stärker auftreten

Bernhuber versteht seine Rolle als Bindeglied zwischen Agrarkommissar, EU-Abgeordneten, nationalen Politikern und regionalen Mandataren: „Erstmals können wir gemeinsame Visionen und Ziele für die Landwirtschaft entwickeln und uns geschlossen vertreten. Das wird uns enorm stärken.“

Die Schwerpunkte der Arbeit seien klar: eine verlässliche Agrarpolitik, der Abbau überbordender Bürokratie und der Schutz der bäuerlichen Familienbetriebe vor unfairer Konkurrenz. Besonders kritisch sieht der frisch gewählte Präsident die aktuellen Budgetverhandlungen. „Im Raum stehen Kürzungen von 20 Prozent oder mehr, in einer Zeit, in der Inflation und stark steigende Produktionskosten die Betriebe massiv unter Druck setzen. Das ist völlig inakzeptabel.“

Klein- und Mittelbetriebe seien das Rückgrat der europäischen Landwirtschaft. „Sie sichern die Ernährung, schaffen regionale Wertschöpfung und prägen die Kulturlandschaft“, ist der Bauernbündler überzeugt. Deshalb fordert Bernhuber gleiche Produktionsstandards für heimische und importierte Waren: „Es darf nicht sein, dass Produkte in die EU kommen, die mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wurden, die bei uns seit Jahren verboten sind.“

Ohne bäuerliche Familienbetriebe gibt es keine sichere Zukunft für die Versorgung mit Lebensmitteln.

Alexander Bernhuber

Versorgungssicherheit, Hausverstand und Klima

Auch beim Thema Klima mahnt Bernhuber Realismus ein: „Europas Landwirtschaft verursacht nur rund zwei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen.

Es ist ein Irrglaube, dass wir allein durch strengere EU-Auflagen das Weltklima retten können.“ Viel wichtiger sei es, europäische Technologien und Standards in andere Teile der Welt zu exportieren. Entscheidend bleibe die Versorgungssicherheit. „Ohne starke bäuerliche Familienbetriebe gibt es keine sichere Zukunft für unsere Lebensmittelversorgung“, so der Präsident. Klima- und Umweltschutz dürften nicht gegen die Bauern ausgespielt werden, sondern müssten Hand in Hand mit wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit gehen.

Ein Anliegen ist Bernhuber auch die Kommunikation: Mit WhatsApp-Kanälen und Erklärvideos auf Instagram will er Brüsseler Prozesse verständlich machen. Noch besser sei es, wenn Praktiker selbst nach Brüssel reisen und Politik vor Ort erleben.

Ein Bauer in Brüssel

Der persönliche Zugang prägt Bernhubers Politikstil. Am eigenen Hof in Kilb steht er selbst täglich im Einsatz. „Dadurch weiß ich aus erster Hand, welche Maßnahmen funktionieren und welche nicht. Dieses Wissen nehme ich direkt mit nach Brüssel.“ Sein Engagement begann früh in der Landjugend, wo er 2018/19 als Bundesleiter tätig war. Später folgten Mandate im Gemeinderat, eine Anstellung als agrarpolitischer Referent im Niederösterreichischen Bauernbund und schließlich der Sprung ins EU-Parlament. Dort überzeugte er bei den EU-Wahlen 2019 mit mehr als 30.000 Vorzugsstimmen, 2024 waren es bereits knapp 45.000, was ihn auf Platz zwei der ÖVP-Liste brachte.

Als politische Vorbilder nennt er Leopold Figl, weil er „Österreich nach dem Krieg Orientierung gab“ und Sebastian Kurz, „der mit klaren Botschaften“ viele Menschen erreicht habe. Genauso wichtig sei für ihn aber der Austausch mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, national wie international.

Seine Botschaft an die Jungbauern Europas: „Habt Mut, bleibt innovativ und verliert nie die Begeisterung für die Landwirtschaft. Schaut über den Tellerrand hinaus, sammelt Erfahrungen im Ausland.“

Ausblick: Eine starke Stimme in Brüssel

Unterstützung für seine neue Funktion erhält Bernhuber aus Niederösterreich. Bauernbund-Obmann LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf spricht von einem „starken Signal, dass die Anliegen unserer Bauern nun auch in Brüssel stärker Gehör finden“.

Bernhuber selbst will den Europäischen Bauernbund in den kommenden Jahren als „stabile und kraftvolle Stimme“ etablieren: „In fünf bis zehn Jahren soll der Europäische Bauernbund ein verlässlicher Partner in Brüssel und in den Mitgliedstaaten sein – eine Organisation, die Lösungen bietet, Vertrauen schafft und die Zukunft unserer Landwirtschaft aktiv schützt.“

Steckbrief Alexander Bernhuber

Alexander Bernhuber, geboren am 18. Mai 1992, ist ein österreichischer Politiker (ÖVP) und Landwirt. Er maturierte 2011 am Francisco Josephinum und schloss 2018 sein Studium der Nutzpflanzenwissenschaften als Diplomingenieur ab. Parallel arbeitete er als Agrarreferent im Niederösterreichischen Bauernbund und führt einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mastrindern. Seit 2015 ist Bernhuber Gemeinderat in seiner Heimatgemeinde Kilb. Von 2018 bis 2019 war er Bundesleiter der Landjugend Österreich. 2019 zog er als Abgeordneter ins Europäische Parlament ein, wo er sich vor allem für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Entwicklung engagiert.