Die EU möchte mit der neuen Entwaldungsverordnung (EUDR) die weltweite Zerstörung von Wäldern eindämmen. Entsprechend sollten eigentlich Regenwaldländer im Fokus stehen. Tatsächlich trifft die Regelung aber auch die EU-Mitgliedstaaten selbst. Auch jene, die ihre Wälder seit Jahrzehnten nachhaltig bewirtschaften. Österreich, dessen Waldfläche jährlich um rund 2.500 Hektar wächst, sieht sich plötzlich mit enormen bürokratischem Aufwand konfrontiert.
„Hausverstand statt Bürokratiemonster“
Der EU-Abgeordnete und Präsident des Europäischen Bauernbundes, Alexander Bernhuber, macht seit Monaten gegen die EU-Entwaldungsverordnung mobil. Er fordert, dass Länder wie Österreich, in denen Entwaldung kein Thema ist, von den strengen Auflagen ausgenommen werden.
„Dieser massive bürokratische Aufwand kostet Geld, Zeit und Nerven und bringt weder der Umwelt noch dem Wald etwas“, betont Bernhuber. Besonders betroffen seien bäuerliche Familienbetriebe, nicht aber internationale Großkonzerne. Sein Ziel: Bürokratie abbauen, statt sie weiter aufzublähen. Dazu bedarf es einige Korrekturen bevor die EUDR (voraussichtlich 2027) in Rechtskraft erwächst. Auch der NÖ Bauernbund stellte sich beim Landesbauernrat, seinem höchsten Entscheidungsgremium, entschieden gegen das umstrittene „Bürokratiemonster“ und die wachsende Flut unnötiger Vorschriften.
Unterstützung erhält Bernhuber auch von Bundeskanzler Christian Stocker und seinem deutschen Amtskollegen Friedrich Merz, die sich ebenfalls für Anpassungen stark machen.
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Brüssel bekommt Gegenwind
In Brüssel wächst also der Widerstand. Das EU-Parlament hat die Kommission mit breiter Mehrheit aufgefordert, die Verordnung zu überarbeiten. Bemängelt wird vor allem die Einstufung der Länder nach Entwaldungsrisiko. Laut aktuellem Entwurf gelten alle EU-Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich, als Länder mit „niedrigem Risiko“. Zugleich sind südamerikanische Staaten im Gebiet des Amazonas-Regenwaldes als Länder mit lediglich mittlerem Risiko eingestuft.
Für Bernhuber und viele seiner Kollegen ist das zu wenig differenziert: „Österreich soll dieselben Auflagen erfüllen wie Länder mit großflächiger Rodung. Das ist fachlich nicht nachvollziehbar und politisch nicht akzeptabel.“ Das Parlament fordert nun eine „Null-Risiko-Kategorie“ für Staaten, in denen nachweislich keine Entwaldung stattfindet. Damit könnten heimische Land- und Forstwirte von der Nachweispflicht befreit werden, dass ihre Holz oder Agrarprodukte „entwaldungsfrei“ sind – ein Nachweis, der derzeit mit enormem Aufwand verbunden ist. Die EUDR betrifft nicht nur die Forstwirtschaft, sondern auch Rinderhalter, Sojabauern und damit indirekt Schweine- und Geflügelmäster.
Mit Inkrafttreten dürfen Produkte wie Holz, Soja, Rindfleisch, Kaffee oder Palmöl nur noch dann in der EU in Verkehr gebracht werden, wenn sie nachweislich von Flächen stammen, auf denen seit 31. Dezember 2020 keine Rodungen stattfanden. Bauern müssten – laut aktuellem Stand – dann Geolokalisierungsdaten sämtlicher Flächen und Weiden auf sechs Dezimalstellen genau in ein EU-Informationssystem hochladen. Der Haken: Das System, existiert bis heute nicht.
Fazit: Ziel richtig, Weg falsch
Sowohl Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig als auch zahlreiche Branchenvertreter im In- und Ausland betonen, dass niemand das Ziel der EUDR – den Schutz der globalen Wälder – infrage stellt. Doch der Weg dorthin müsse praxisnah, verhältnismäßig und bürokratiearm gestaltet werden. Die durch die erneut angekündigte Verschiebung frei werdende Zeit gelte es zu nutzen.
EU-Bauernbundpräsident Bernhuber bringt es auf den Punkt: „Wir brauchen keinen Generalverdacht gegen unsere Bäuerinnen und Bauern, sondern Vertrauen in ihre nachhaltige Arbeit. Nur mit Hausverstand und Augenmaß kann Europa den Wald wirklich schützen, ohne seine eigenen Landwirte zu überfordern.“
Eine Verordnung und ihre Folgen
Die EU-Entwaldungsverordnung wurde 2023 beschlossen. Ursprünglich als Gesetzeswerk zur Eindämmung der Zerstörung von Ur- und Regenwäldern entwickelt, sollte diese schon mit 30. Dezember 2024 in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Für eine laut Welthandelsorganisation (WTO) korrekte Ausgestaltung gelten die darin festgelegten Auflagen allerdings auch für den EU-Binnenmarkt. Damit muss für Kaffee, Kakao, Palmöl, Rindfleisch, Soja und Holz, dass in der Europäischen Union in Verkehr gebracht (oder erzeugt) wird, eine Sorgfaltspflichterklärung abgegeben werden. Mit dieser wird belegt, dass auf den Flächen, auf denen das jeweilige Produkt erzeugt wurde, seit 31. Dezember 2020 keine Rodungen stattfanden. Nach anhaltenden Protesten von Bauernvertretern und Industrie, allen voran aus Österreich, wurde die Umsetzungsfrist im Vorjahr auf den kommenden Jahreswechsel verlegt. Die Europäische Kommission kündigte im September dieses Jahres eine erneute Verschiebung an, weil immer noch kein IT-System vorhanden ist.
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