Gasthof Winkelhofer

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Zwischen Acker und Haubenküche

Kreativität prägt den Hof und das Gasthaus der Familie Winkelhofer in Eggendorf am Walde (NÖ). Sie zeigen, wie sich Landwirtschaft und Gastronomie auf Spitzenniveau vereinen lassen und was Transparenz in der Speisekarte bedeutet.

Die Kombination aus Wirtshaus und Landwirtschaft war einst nichts Ungewöhnliches. Am Hof von Gisela und Johannes Winkelhofer in Eggendorf am Walde, einer kleinen Katastralgemeinde von Maissau im niederösterreichischen Weinviertel, hat dieses Konzept nach wie vor Bestand. Gelungen ist das dem Ehepaar mit einer findigen Kombination: Neben dem landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau, Rindermast, Weinbau, Schafen und Hühnern betreiben sie am Hof ein Lokal mit zwei Hauben von Gault & Millau sowie zwei Gabeln von Falstaff.

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Johannes und Gisela Winkelhofer führen gemeinsam den innovativen Betrieb und verbinden Tradition und Kreativität im Gasthaus.

Kreislaufwirtschaft am Betrieb

In der Landwirtschaft setzt Johannes Winkelhofer voll auf Vielfalt. Das beginnt schon in der Fruchtfolge: Speisekartoffel, Mais, Weizen, Kürbis, Johanniskraut und Schlüsselblume werden angebaut. Die Heilpflanzen werden in Kooperation mit Waldland vermarktet. Seine Vision für die Zukunft liegt in der Spezialisierung und in der Weiterverarbeitung der eigenen Produkte. Johanniskraut und Schlüsselblume seien arbeitsintensiv, eröffnen aber Perspektiven und seien auch eine Antwort auf das sich verändernde Klima. Für die Erdäpfel schwebt Winkelhofer eine neue Investition vor: ein Kühlhaus, um flexibler in der Vermarktung zu sein. Der Mais bildet die Basis der Ration für die Maststiere. Der anfallende Wirtschaftsdünger kommt wieder dem Ackerbau zugute. „Ein geschlossener Kreislauf, der die Bodenfruchtbarkeit erhält“, ist der Landwirt überzeugt.

Die Vielfalt am Hof zeigt sich auch im Weinbau, den Altbauer Johann mit großer Leidenschaft betreibt. Vier verschiedene Weine werden hier gekeltert und ergänzen das breite Angebot des Betriebes.

Eigene Produkte am Teller

Das zweite Standbein der Winkelhofers ist ihr Gasthaus: Bereits seit 1763 besteht es, das dazugehörige Gebäude blickt sogar auf mehr als 450 Jahre zurück. Heute führt Gisela das Haus in dritter Generation, während Johannes die Küche übernimmt. Gelernt hat der Absolvent des Francisco Josephinum das Handwerk bei Spitzenköchen wie Rudi Obauer in Werfen oder im Steirereck am Pogusch. Das Besondere: Verarbeitet werden fast ausschließlich Produkte vom eigenen Hof oder der unmittelbaren Umgebung. Rind- und Kalbfleisch, Lamm und Eier kommen aus eigener Produktion, das Gemüse wird von einem Betrieb aus dem Nachbarort bezogen. Das Gasthaus trägt entsprechend das Gütesiegel „AMA Genuss Region“. „Eine Auszeichnung“, wie der Wirt betont. „Das Essen muss mit Liebe produziert sein, das soll der Gast auch spüren“, sagt der zweifache Haubenkoch.

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Haubenküche am Bauernhof: Regionale Produkte kommen direkt auf den Teller.

Gäste erleben das Restaurant, das jeweils von Freitag bis Sonntag geöffnet hat, als Bühne für eine Küche mit regionaler Verwurzelung und kreativer Handschrift. Beliebt sind Winkelhofers „variantenreiche Kompositionen“ mit außergewöhnlichen Zutaten. In der Diskussion um die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln bezieht Winkelhofer klare Position: „Der Gast hat das Recht zu wissen, was er am Teller hat. Alles andere wäre eine Irreführung.“ Zwar versteht er die Sorgen mancher Kollegen, die sich durch Kontrollen eingeschränkt fühlen, doch er selbst sieht in der Herkunftskennzeichnung eher eine Chance – gerade in einer Zeit, wo Vertrauen und Regionalität zunehmend Mehrwert bedeuten.

Der Gast hat das Recht zu wissen, was er am Teller hat. Alles andere wäre eine Irreführung.

Johannes Winkelhofer

Familie als Rückgrat

Johannes und Gisela haben drei Kinder und trotz der vielen Aufgaben achten sie bewusst darauf, unter der Woche Zeit mit ihnen zu verbringen. „Sonst funktioniert es auf Dauer nicht“, so der Gastronom. Auch die Freude an der Arbeit will er weitergeben: „Es ist wichtig, dass die nächste Generation erkennt, dass es Sinn macht, was wir hier tun.“ Das gelte auch für die Mitarbeiter, bei denen sich die Winkelhofers um ein angenehmes Arbeitsklima bemühen. „Am Ende profitieren alle davon“, ist er überzeugt.

Herausforderungen bleiben

Trotzdem: Die Rahmenbedingungen seien derzeit schwierig. „Momentan ist sicher ein Tiefpunkt in der Landwirtschaft“, räumt Johannes Winkelhofer ein. Der konventionell wirtschaftende Landwirt sieht eine Chance im Miteinander. Speisekartoffeln vermarktet er etwa über die Erzeugergemeinschaft Erdäpfel, die rund 150 Bauern vereint. „Am freien Markt wäre es aktuell fast unmöglich, faire Preise zu erzielen. Gemeinsam sind wir stärker“, so der Bauer und Gastwirt. Für ihn ist klar: „Wenn die Bauern mehr zusammenarbeiten würden, dann könnten wir viel mehr erreichen. Wir brauchen einfach wieder mehr Optimismus.“

Rund 200 Maststiere werden am Hof der Familie Winkelhofer gehalten und über die Rinderbörse vermarktet.

Rinderstall

Die Wurzeln reichen weit zurück: Das Gebäude des Hofes blickt auf mehr als 450 Jahre Geschichte – und seit 1763 wird hier Wirtshauskultur gelebt.

Hof Winkelhofer

Betriebsspiegel

Gisela und Johannes Winkelhofer führen gemeinsam das gleichnamige Haubenlokal und einen gemischten Betrieb in der Stadtgemeinde Maissau. 125 Hektar Acker und 0,75 Hektar Rebfläche werden bewirtschaftet. Dazu kommen rund 200 Maststiere, 40 Legehennen und eine Schafherde von etwa 20 Tieren.