Die Eigenversorgung gemeinsam absichern

Bäuerliche Betriebe brauchen klare Zukunftsperspektiven: Nur wenn Mehrkosten und Arbeitszeit abgegolten werden, kann die Eigenversorgung mit heimischem Qualitätsfleisch garantiert werden.

LK Niederösterreich und EZG Gut Streitdorf setzen bei Fleischabsatz auf eine abgestimmte, herkunftsbasierte Qualitätsstrategie.

Zum Branchengespräch haben sich Vertreter der LK NÖ und der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf (EZG Gut Streitdorf) am Montag getroffen. Diskutiert wurden dabei die immer höheren gesellschaftlichen Erwartungshaltungen an die Landwirtschaft rund um das Thema Nutztierhaltung und mögliche Zukunftsperspektiven. Gemeinsam möchte man künftig auf eine abgestimmte herkunftsbasierte Qualitätsstrategie innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette setzen.

Herkunftskennzeichnung sichert fairen Wettbewerb

„Österreich setzt im Bereich Tierwohl hohe Standards in der Produktion um“, betonte LK NÖ-Präsident Johannes Schmuckenschlager. Um dieses hohe Qualitätsniveau weiter auszubauen, sei es jedoch zwingend erforderlich, dass alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette bis zu den Konsumentinnen und Konsumenten diesen Weg mittragen. Konkret müssen entsprechende Mehrkosten besser am Ladentisch abgegolten werden. „Reine Lippenbekenntnisse bringen keinem was – nicht den Produzenten, nicht den Tieren und nicht den Konsumenten“, stellte Schmuckenschlager klar, dass nur durch faire Preise auch künftig die Eigenversorgung mit heimischem Qualitätsfleisch garantiert werden könne und die bäuerlichen Betriebe eine klare Zukunftsperspektive hätten.
Die Bäuerinnen und Bauern bräuchten vor allem planbare und langfristige Rahmenbedingungen, etwa in den Bereichen Tierwohl, Baurecht oder Emissionen. Damit werde die notwendige Investitionsbereitschaft der Betriebe hin zu mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit weiter gesteigert, so der Kammerpräsident. Ebenso notwendig sei die rasche Umsetzung der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung verarbeiteter Lebensmittel im Handel und in der Gemeinschaftsverpflegung ab 2023. „Die zuständige Bundesministerin Leonore Gewessler wird aufgefordert, dies ab sofort auf allen Ebenen umzusetzen“, so die klare Forderung Schmuckenschlagers. Um Verwerfungen am Markt vorzubeugen, sei eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung auch auf europäischer Ebene notwendig und die Gastronomie noch stärker mit an Bord zu holen.
Die für die Nutztierhaltung zuständige LK NÖ-Vizepräsidentin Andrea Wagner appellierte, bei allen Veränderungen die Wettbewerbsfähigkeit mitzudenken. „Veränderungen bei den Tierhaltungsvorschriften sind immer auf Marktkonformität zu überprüfen. Ansonsten steigen Bäuerinnen und Bauern aus der Erzeugung tierischer Lebensmittel aus und wir alle riskieren mehr Importe aus dem Ausland mit gleichzeitig weniger hohen Tierwohlstandards“, so Wagner. Tierwohl müsse auf Augenhöhe mit den Bauern und der gesamten Wertschöpfungskette Step by Step weiterent-
wickelt werden. Die Vizepräsidentin sprach sich dazu für einheitliche
Systeme in der Kennzeichnung ebenso aus, wie für die Berücksichtigung regionale Unterschiede bei Vorschriften.

LK setzt auf Bildung, Beratung und neue Vertriebsplattform

Die Landwirtschaftskammer möchte die Bäuerinnen und Bauern in der Weiterentwicklung ihrer Betriebe mit ihrem umfassenden Bildungs- und Beratungsangebot unterstützen: Webinare und Seminare zur Qualitätsfleischproduktion und zu tierfreundlichen Haltungssystemen werden ebenso angeboten wie Beratungen zu Qualitätsprogrammen und Investitionsförderung. Dazu arbeitet die LK NÖ intensiv daran, neben den klassischen Vertriebskanälen auch einen neuen kooperativen Vertriebskanal hin zur Großküche aufzubauen, damit auch im Außer-Haus-Verzehr der Schulterschluss zwischen Produzenten und Kunden besser gelingt. Dieser soll vorerst ab Sommer mit Obst und
Gemüse in eine erste Testphase starten und dann Schritt für Schritt gemeinsam mit den Erzeugergemeinschaften auch auf Geflügel, Fleisch und Milchprodukte erweitert werden.

Fleisch wird auch für die ­Konsumenten teurer werden

„Die Tierhaltung in Niederösterreich wird sich im Sinne der gesellschaftlichen Anforderungen im Bereich Tierwohl weiterentwickeln“, stellte EZG Gut Streitdorf-Obmann Franz Rauscher fest. Die größte Herausforderung auch der Erzeugergemeinschaft sei es, auf die Wünsche der Konsumenten einzugehen und gleichzeitig die Produktion abzusichern. Diese Entwicklungsprozesse bräuchten aber Zeit, Verständnis und lösungsorientiertes Handeln von allen Akteurinnen und Akteuren. „Nur so ist die ureigenste Aufgabe unserer Betriebe, für eine gewünschte Eigenversorgung im Fleischbereich zu sorgen, möglich“, so Rauscher.
Die Notwendigkeit entsprechender Erzeugerpreise stellte EZG Gut Streitdorf-eschäftsführer Werner Habermann in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. „Aufgrund der stark gestiegenen Produktionskosten ist klar, dass neben den Erzeugerpreisen auch Rind- und Schweinefleisch in der Theke teurer werden muss.“ Für eine sichere und stabile Eigenversorgung sei es von besonderer Bedeutung, auf welchem Niveau eine längerfristige Preisstabilisierung gelinge. Die gesamte Wertschöpfungskette müsse kostendeckend funktionieren und jeder Akteur müsse etwas verdienen können.

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AUTOREva Riegler
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