Biodiversität: “Honorieren, statt bestrafen”

Nicht nur die EU in Brüssel, auch Österreichs Klimaministerin arbeitet an einer eigenen Biodiversitätsstrategie. Allerdings stoßen Leonore Gewesslers vorgesehene Ziele auf Kritik, etwa die Außer-Nutzung-Stellung von Agrar- und Waldflächen.

Klimaschutz- Ministerin Gewessler will 10 % der Äcker, Wiesen und Wälder außer Nutzung stellen, um die Artenvielfalt zu schützen. Ohne Rücksichtnahme auf Beratungen mit Agrarexperten. Josef Moosbrugger ist entsetzt: „Der Biodiversitäts- Dialog darf kein Monolog werden.“

Mit dem Ziel, Maßnahmen für den Erhalt der Artenvielfalt in Österreich zu erarbeiten, startete das Klimaschutzministerium 2019 den „Biodiversitätsdialog2030“. Am Montag ließ die seit heuer neue Umweltministerin Eleonore Gewessler von den Grünen mit einem Bündel neuer Vorhaben in Sachen Schutz der Artenvielfalt aufhorchen und löste damit prompt Widerrede seitens der Land- und Forstwirtschaft aus. 

Österreichs Bäuerinnen und Bauern sind bereits Vorreiter 

Zwar befürwortet der Bauernbund Bestrebungen für mehr Artenschutz, der aktuelle Vorschlag Gewesslers sehe aber massive Eingriffe in die Bewirtschaftung vor, was für die Land- und Forstwirte negative Folgen hätte. So soll künftig ein Zehntel der Agrarflächen aus biodiversitätsreichen Landschaftselementen wie Brachflächen, Hecken, Einzelbäumen, Trockenmauern oder Teichen bestehen. Bauernbund-Präsident Georg Strasser: „Das heißt, zehn Prozent der Fläche jedes landwirtschaftlichen Betriebes könnten nicht mehr für die Produktion genutzt werden. Das käme einem Angriff auf bestehende Arbeitsplätze und nicht zuletzt auf die Versorgungssicherheit mit regionalen Lebensmitteln gleich. Als ÖVP-Agrarsprecher im Parlament fordert er von Gewessler nun Nachschärfungen samt Folgenabschätzung für die Landwirtschaft. 

Zudem betont Strasser: „Die Land- und Forstwirtschaft leistet bereits einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt. Das muss man honorieren und darf man nicht mit unausgegorenen Ideen zur Außer-Nutzung-Stellung bestrafen.“ Auch sei Österreichs Landwirtschaft unter 67 Staaten weltweit zur „Nachhaltigkeitsweltmeisterin“ gekürt worden. „Mit 25 Prozent Bioflächenanteil und 84 Prozent Teilnahme am Agrarumweltprogramm sind wir Bauern längst Vorreiter in Sachen umweltfreundliche Landwirtschaft“, sagt der Bauernbundobmann.

Da auch vorgesehen ist, ein Zehntel der Wälder außer Nutzung zu stellen, stehen die Agrarier mit ihrer Kritik nicht alleine da. Felix Montecuccoli, Präsident der Land&Forstbetriebe Österreich, fordert: „Das Biodiversitätspapier muss zurück an den Start.“

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger ließ Gewessler wissen: „Eine ehrliche Biodiversitätsstrategie kann nur mit der Land- und Forstwirtschaft und nicht gegen sie funktionieren.“ Die Aussernutzungstellung der Forstwirtschaft sei mit Sicherheit keine Option. „Wir brauchen unsere Biomasse, um unsere Energieziele zu erreichen und fossile gegen erneuerbare Rohstoffe zu tauschen.“

Kritik an Gewesslers Strategievorschlag übt auch die Landwirtschaftskammer. Zwar waren neben Vertretern aus Ministerien, Bundesämtern, Universitäten, der Länder und NGOs auch  ihre Experten bei der Erarbeitung des Strategiepapiers mit dabei, „was aber nun präsentiert wurde, entspricht in keiner Weise den Ergebnissen der vorgangegangenen Beratungen“, so LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger. „Auch die Biodiversitätskommission, an der wir ebenso beteiligt sind, wurde nicht in die Erstellung eingebunden. Das muss nachgeholt werden. Ein Biodiversitäts-Dialog darf nicht zum Biodiversitäts-Monolog verkommen“, so der Kammerchef.

Waldflächen müssen nicht außer Nutzung gestellt werden  

 Allgemeiner Tenor: Viele der Maßnahmen im Gewessler-Papier sind nicht mit den Zielen der Regierung vereinbar. Und unterminieren auch die geplante Energiewende, sagt Montecuccoli. Das unlängst vorgelegte Erneuerbaren Ausbau Gesetz sieht etwa die verstärkte Holznutzung vor, unter anderem zur Energiegewinnung.  

Rudolf Rosenstatter, Obmann des Waldverbands: „Um Insekten zu schützen, braucht man nicht zehn Prozent der Wälder außer Nutzung zu stellen, wie dies im Entwurf der Biodiversitätsstrategie 2030 geschrieben steht.“ Vielmehr müsse die Verwendung von Erdöl, Erdgas und Kohle rasch und deutlich reduziert werden.

- Bildquellen -

  • Biodiv Web: Agrarfoto.com
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