Zu Besuch bei den Seidlalm-Dirndln

Drei junge Frauen kümmern sich auf der Kitzbüheler „Promialm“ um Almwirtschaft und Gastronomie.

Oase der Ruhe: Die Seidlalm vor dem Gästeansturm

Die berühmte Kitzbühler Seidlalm auf 1206 Meter an der „Streif“ am Hahnenkamm ist seit 2016 fest in weiblichen Händen. Die Schwestern Verena und Christina Thaler aus Oberndorf schmeißen gemeinsam mit Isabella Kortschak aus Kitzbühel als tüchtige Pächterinnen den Laden.

Verena ist die charmante Seidlalm-Wirtin, die den sportlichen Aspekt der Alm auch im Sommer nicht zu kurz kommen lässt: In der Früh fährt sie mit dem Bike auf die Alm, schwimmt eine Runde im Seidlalm-See und macht sich dann erfrischt an die Arbeit im Restaurant. (In diesem Sommer wurde sie durch ihre Schwangerschaft eingebremst, aber bald wird sie wieder loslegen.)

Ihre Schwester, Landwirtschaftsmeisterin Christina, ist für die Almwirtschaft zuständig. Die Jungbäuerin, die einen kleinen Bauernhof besitzt, kümmert sich auf der Alm um das eigene Jungvieh und das Lehnvieh. Außerdem liefert sie Milch, Milchprodukte, Rind- und Kalbfleisch sowie „Boxerl“ vom heimischen Betrieb auf die Alm. Die Mutter von zwei kleinen Kindern ist fit wie ein Turnschuh und weil landwirtschaftliche Arbeit die Muskeln stärkt, kommt kaum jemand gegen sie beim Armdrücken an.

Auch die Dritte im Bunde, Event-Managerin Isabella, steht sportlich nicht nach. Sie holt im Winter die Buchhaltungsunterlagen mit den Tourenskiern von der Alm. Bei so viel Bewegung kann sie getrost „Test-Essen“ und die Almschmankerln bewerten, bevor diese für die Gäste zubereitet werden.

Quelle: Seidlalm
Die Seidlalmerinnen bei der Pachtvertragsunterzeichnung 2016: Christina Thaler, Isabella Kortschak und Verena Thaler

Tüchtiges Weiberleit-Trio

Verena und Christina lernten Isabella auf dem Münchner Oktoberfest kennen, wo alle drei als Servicekräfte im Einsatz waren. Sie verstanden sich gut und als die Verpachtung der Seidlalm neu ausgeschrieben wurde, taten sie sich zusammen, legten ein Konzept vor und bekamen den Zuschlag. Die Seidlalm, die geschätzte 400 Jahre alt ist und früher einmal Hansi Hinterseers Großvater gehört hat, sollte auf Wunsch der Grundeigentümerfamilie Kofler und des Ski-clubs Kitzbühel den traditionellen Almcharakter behalten, wobei der Vorteil des tüchtigen Frauentrios auf der Hand lag: Mit ihrer Ausbildung und Erfahrung decken sie die Anforderungen der Gastronomie als auch der Land- und Almwirtschaft ab.

Dennoch gab es Zweifler: Drei Weiberleit, ohne männliche Unterstützung – wie sollten die das schaffen? Ganz einfach: Aus eigener Kraft! Christina Thaler gehört zu den Frauen, die mit der Flex umgehen können und beim Zäunen die Pfähle einschlagen. „Manche Männer haben gestaunt, als sie das sahen. Inzwischen sind auch die Zweifler überzeugt, dass wir das gut hinkriegen.“ Für Arbeiten, die nicht allein zu schaffen sind – wie zum Beispiel das umfassende Schwenden des Almgebietes – wissen die Frauen Hilfe zu organisieren.

Quelle: Seidlalm
Steile Pisten und gute Weiden!

Keine Scampi nach Sennerinnenart

Dass ihre Kompetenz-Kombination perfekt passt, hat die Praxis inzwischen hinlänglich bewiesen: „Durch die Verteilung der Aufgaben kann jede von uns genau das zum Betrieb beitragen, was sie am besten kann und am liebsten tut. Und wenn einmal eine ausfällt oder Aufsicht für die Kinder braucht, können die anderen beiden einspringen und man muss sich keinen Kopf machen, ob das wohl klappt.“ Weil alle drei Frauen sehr tierlieb sind, haben sie dafür gesorgt, dass es auf der Alm tierisch multikulti zugeht: Neben dem Jungvieh und einer Gruppe Mutterkühe bevölkern auch Ziegen, Pferde, Ponys, Schweine, Hasen und Hühner die Alm. Auch bei der Renovierung der kleinen Hütte konnten die Frauen ihre Vorstellungen verwirklichen. Sie beließen ihr den urigen Charme früherer Zeiten.

Der Almtradition angepasst ist auch die eher einfach gehaltene Speisekarte. „Scampi nach Sennerinnenart“ gibt es nicht, was verwöhnte Gäste am Anfang ungläubig zur Kenntnis nahmen. Das bringt die drei Seidlalmerinnen Christina, Verena und Isabella nicht aus dem Konzept, sie sind sich einig: „Wir bleiben unseren Idealen von Tradition, Regionalität und Nachhaltigkeit treu, beziehen die Produkte so weit wie möglich aus der Region und legen großen Wert auf die hohe Qualität der Lebensmittel. Gäste, die Exklusiveres wollen, müssen woanders einkehren, am Hahnenkamm gibt es dazu ja genug Gelegenheit!“

- Bildquellen -

  • Seidlalm Chefinnen: Seidlalm
  • Seidlalm Kühe: Seidlalm
  • Seidlalm 2018: Michael Werlberger
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AUTORIrene Prugger
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