Wozu es Nachhaltigkeit braucht

Beim dritten Wissensforum der Online-Plattform „Bauernnetzwerk“ stand ein Schlagwort im Mittelpunkt, dass es in den vergangenen Jahren zu großer Popularität gebracht hat: Nachhaltigkeit. Auch wenn die Land- und Forstwirtschaft diese seit Generationen unbewusst lebt: Heute braucht es mehr.

Inspiration und Denkanstöße zum Thema Nachhaltigkeit gab es heuer nur vor dem Computer, aber dennoch ganz ausführlich. Im Bild Marktforscher Johannes Mayr

Ressourcenschonend bewirtschaften und die Betriebe für künftige Generationen bewahren: Das ist die Aufgabe der Bäuerinnen und Bauern, die mit einer nachhaltigen Landwirtschaft einen wichtigen Aufrag für die Zukunft erfüllen. Eine große Verantwortung, aus der sich auch neue Ansätze ergeben. Dahin sollte der Fokus bei der Veranstaltung gelegt werden, und dabei alle Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – durchleuchtet werden.

Mit Nachhaltigkeit letztlich die Menschheit retten

Josef Rohregger versuchte, die Komplexität des Themas Nachhaltigkeit etwas zu zerlegen und so den Fokus auf die Bedeutung der einzelnen Bereiche zu lenken. „Meiner Meinung nach ist die Landwirtschaft in der Krise, und zwar in einer wirtschaftlichen Krise, einer Umweltkrise und einer sozialen Krise“, so der Meteorologe, Innovationsmanager und Vortragende, der sich selbst auch als „Gelegenheitsbauer“ bezeichnet. Seine Begründung: Wirtschaftlich, weil die Idee der Intensivierung auf Kosten anderer Betriebe ging. Umweltkrise wegen des Klimawandels und soziale Krise, weil den Landwirten teils autonomes Handeln abhanden gekommen ist und sie sich die Sinnfrage stellen, wenn sie nur als Täter gebrandmarkt werden. Eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft sei für ihn die Antwort auf sämtliche Zukunftsfragen, nur so könne auch ein „ökologischer Reichtum und soziale Gesundheit“ erreicht werden. „Nachhaltigkeit ist kein Konzept zur Rettung des Planeten, sondern zur Rettung der Landwirtschaft und damit zur Rettung der Menschheit“, schloss Rohregger.

Vorteil des Bauern gegenüber der Lebensmittelindustrie

Aus der Praxis berichtete Andreas Panhuber aus Zell an der Pram. Er hat es geschafft, den Produkten, die er und seine Partnerbetriebe aus alten Obstsorten aus Streuobstwiesen gewinnen, das gewisse Etwas zu ver-leihen: Sie erzeugen bei bewussten Konsumenten einen emotionalen Mehrwert und damit jenes Alleinstellungsmerkmal, das auch für die eine Handelskette ausschlaggebend war, sie ins Sortiment aufzunehmen. „Als Landwirte können wir unsere Geschichte erzählen, was wir machen und wie wir es machen. Diesen Vorteil haben wir gegenüber der Lebensmittelindustrie“, sagt Panhuber. „Mein Appell lautet daher: Öffnen wir unsere Tore und Betriebe und zeigen diese auch her. Gehen wir aktiv auf die Kon­sumenten zu, nutzen wir auch die so­zialen Medien aktiv“, so Panhuber.

Anregungen zum Thema Verkaufen brachte Verkaufsprofi Markus Kroner mit seinem Vortrag unter dem Titel „Ein gutes Produkt allein reicht schon lange nicht mehr“ ein. Er wies darauf hin, dass ein Kunde nicht zwischen Produkt A oder Produkt B wählt, sondern immer das kauft, was seine persönlichen Werte verkörpert. Dazu setzt er auf „den Zauber der zwischenmenschlichen Anziehungskraft“ und meint damit auch, wie sich ein Verkäufer präsentiert, mit welch echter Begeisterung er agiert und dadurch seine Kunden überzeugt.

Imagegewinn und mehr Wertschätzung für Landwirte

Eine erste Bilanz zum Thema „Corona und Landwirtschaft“ zog der Marktforscher und Bio-Ackerbauer Johannes Mayr. Umfragen zufolge spürt ein Drittel der Landwirte negative Auswirkungen, knapp die Hälfte berichten von keinen oder kaum Auswirkungen, 14 Prozent freuen sich über positive Auswirkungen. Einzelne Segmente sind stärker betroffen, etwa die Betriebe mit Urlaub am Bauernhof und – am anderen Ende der Skala – jene Direktvermarkter, die nicht an die Gastronomie liefern. „Eine Überraschung insgesamt ist aber die Zufriedenheit mit der Betriebsentwicklung, die etwa zwei Drittel geäußert haben. Das ist die positivste Stimmung, die seit 2010 gemessen worden ist“, so Mayr.

Befragt wurden auch Konsumenten. Dabei gaben die Hälfte an, ihr Ernährungsverhalten geändert zu haben. Dies bringe ein stärkeres Planen der Einkäufe und mehr Zeit zum Kochen mit sich, aber auch ein vermehrtes Achten auf die Herkunft der Produkte. „Die Haushaltseinkäufe haben deutlich zugenommen“, sagt Mayr. Besonders profitiert haben Frischgemüse und Tiefkühlobst und -gemüse, aber auch Fertiggerichte und Obstkonserven. Erneut gewachsen sei der Biobereich, „und zwar in allen Handelsketten und in allen Warengruppen“, so Mayr. Entgegen aller Prognosen habe es hingegen kaum Zuwächse bei Online-Einkäufen gegeben. „Was bleibt? Das ist das Wichtigste. Für die Landwirtschaft ist das ein Imagegewinn und eine gesteigerte Wertschätzung, für die Konsumenten ist es ein Aufbrechen alter Muster und eine Neuorientierung in Sachen Ernährung“, fasst Mayr zusammen.

Quelle: Bauernnetzwerek

Organisator Franz Edlinger und Moderator Mario Pramberger vor Beginn der Aufzeichnung.

Nachschau
Die Covid19-Situation führte dazu, dass das Wissensforum 2021 online abgehalten werden musste. Ein Vorteil dieses Formates ist es, dass sich Interessierte jederzeit die Aufzeichnung der Veranstaltung anschauen können. Zu finden ist diese unter www.bauernnetzwerk.at unter dem Menüpunkt „Wissensforum“.

- Bildquellen -

  • IMG 20210329 WA0003: Bauernnetzwerek
  • 20210305 102636 (Kopie): Screenshot/Cacha
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