Wolf: Schweden-Exkursion bringt Praxiswissen und -erfahrungen

Die Tiroler Nationalratsabgeordneten Hermann Gahr und LK-Tirol-Präsident Josef Hechenberger reisten gemeinsam mit Bauernbund und VP-Abgeordneten nach Schweden, um das Fachwissen des raubtiererprobten Nordens in die Heimat zu bringen.

Die österreichische Delegation in Schweden: LK-Tirol-Präsident NR Josef Hechenberger, NR Franz Hörl, Lutz Molter, Silvester Gfrerer und Forum-Land-Obmann NR Hermann Gahr.

Seit über 20 Jahren betreiben die Schweden ein intensives Raubtiermanagement inklusive weitreichendem Monitoring von Wölfen, Bären und Co., weiß NR Hermann Gahr zu berichten: „Schweden geht bei Wolf und Bär einen eigenen Weg. Auch wir in Österreich brauchen eine Lösung, um die heimische Weide- und Almwirtschaft aufrechtzuerhalten.“ Aus diesem Grund habe man sich das Wissen und die Erfahrung der Schweden zunutze gemacht und sich bei einer Studienreise über die Gegebenheiten vor Ort informiert.

Ein Termin beim Zentralverband der Schwedischen Landwirte, Arbeitsgespräche im Umweltministerium gemeinsam mit den zuständigen politischen Landwirtschaftsvertretern sowie ein Besuch im Forschungszentrum „Wildlife Research Station Grimsö“ gingen einer Besichtigung eines von Wolfsrissen betroffenen landwirtschaftlichen Betriebes voraus. Hinzu kamen weitere Fachgespräche mit Wolfsexperten aus dem Forschungs-, Umwelt-, Wildschadens- und juristischen Bereich.

Drei Arten der Bejagung

2021 wurden in Schweden 286 Schafe, 17 Rinder und 40 Hunde gerissen – im Jahresdurchschnitt sind es meist rund 359 Stück Vieh. In Schweden leben derzeit rund 460 Wölfe, 2800 Braunbären und 1200 Luchse. Der festgelegte gute Erhaltungszustand wurde 2016 auf 300 Wölfe festgelegt, vor einiger Zeit beschloss die Regierung, die Stückzahl auf 170 bis 270 Tiere zu reduzieren. Möglich ist diese feste Anzahl an Tieren durch die aktive Bejagung Schwedens. Wölfe werden entweder durch Schutzjagd (Entnahme von Problemwölfen), Lizenzjagd (Bestandsregulierung) oder Notfallentnahme (bei Gefahr in Verzug) staatlich legal geschossen. In Nordschweden werden Wölfe überhaupt nicht geduldet – der strenge Schutz der Rentierhaltung ermöglicht eine wolfsfreie Zone. „Hier müssen wir nach dem Beispiel Schwedens ansetzen und die Alm- und Weidewirtschaft als höchst schützenswert und über den Großraubtieren stehend etablieren“, schlossen die Tiroler Abgeordneten Gahr und Hechenberger.

2011 leitete die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Schweden ein, da sie die Lizenzjagd als rechtswidrig ansah. Seit 2015 ruht dieses Verfahren, da Schweden in einem Antwortschreiben plausibel darlegen konnte, weshalb die Bejagung nötig sei. Gegen die Schutzjagd gab es von vornherein keine Einwände der EU, da sie der FFH-Richtlinie entspricht.

Ein Drittel gab auf

Trotz der Möglichkeit der Wolfsentnahme gab rund ein Drittel der schwedischen Schafbauern seinen Betrieb auf oder stellte den Betrieb um, z. B. auf Getreideanbau. „Grund ist der nicht zu Genüge funktionierende Herdenschutz“, erklärte Hermann Gahr. Zusätzlich seien die Kosten der Herdenschutzmaßnahmen aufgrund der Großflächigkeit des Gebietes für die Bauern nicht tragbar gewesen, auch wenn die Regierung 50 Prozent der Kosten übernommen hat.

Mögliche Lösungsansätze

„In Schweden geht man einen abgestimmten Weg. Es wird viel Präventions- und Aufklärungsarbeit betrieben, ebenso Ausbildungen in diesem Bereich. Man redet und findet Lösungen miteinander. Das wäre auch in Österreich wichtig. Der Frage der Großraubtiere müssen wir uns mit gegenseitigem Respekt und Weitsicht widmen. Wir brauchen für Österreich einen eigenen Weg“, meinten die Abgeordneten im Anschluss an die Studienreise und bedankten sich für den Einblick in die Arbeit der Schweden. Für die Delegation ergaben sich als Fazit folgende mögliche Handlungsfelder für Österreich:

  • Als Beurteilungskriterium zur Festlegung des guten Erhaltungszustandes von Wölfen und Bären muss die Populationsebene Alpenraum gelten.
  • Wenn in Schweden der gute Erhaltungszustand mit 300 Stück Großraubtieren als erreicht gilt, muss dieser in Österreich aufgrund der intensiven Nutzung des Kulturraums und der geringeren Fläche um ein vielfaches niedriger sein.
  • Da die Größe der alpinen Population bereits über 250 Individuen liegt, kann der gute Erhaltungszustand als erreicht angesehen werden. Damit ist die Anpassung der FFH-Richtlinie gerechtfertigt.
  • Notfallentnahmen bei Gefahr in Verzug sind in Jagdgesetzen vorzusehen.
  • Aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes sind alle Mitgliedsstaaten gleich zu behandeln. Daher sollte der schwedische Weg von wolfsfreien Zonen auch in Österreich möglich sein. Gleiche Argumentation wie in Schweden im Samengebiet, in dem die Rentierzucht streng geschützt wird, gilt auch für die österreichische Alm- und Weidewirtschaft.

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