
BauernZeitung: Die Republik muss sparen, jede und jeder im Land wird die Budgetkonsolidierung spüren, hat der Finanzminister angekündigt. Worauf muss sich speziell die Land- und Forstwirtschaft einstellen?
Totschnig: Klar ist: Konsolidieren heißt nicht kaputtsparen. Trotz angespanntem Budget sichern wir für 2025 und 2026 jeweils rund 2,8 Milliarden Euro für die Land- und Forstwirtschaft, die Regionen und die Wasserwirtschaft. Wir setzen dabei klare Prioritäten auf Versorgungssicherheit, klimafitte Wälder, den Schutz vor Naturgefahren und Perspektiven für unsere Bäuerinnen und Bauern. Und wir setzen zuerst bei uns selbst im Ministerium den Rotstift an: in der Verwaltung, beim Sachaufwand und bei externen Leistungen.
Lässt sich der Beitrag zum Schuldenabbau des Budgets im BMLUK allein mit Einsparungen bei Personal, Büromaterial und weniger Dienstreisen bewerkstelligen?
Das allein reicht nicht. Wir sparen wo es möglich ist und sichern die Finanzierung, wo Investitionen entscheidend sind. Beim Agrarbudget sparen wir etwa 110 Millionen Euro, im Ministerium 30 Millionen Euro beim Sachaufwand. Trotzdem bleiben alle GAP-Leistungen für die Landwirte gesichert. Also keine Kürzung bei den Direktzahlungen, beim ÖPUL oder der Bergbauernförderung.
Wofür wird es in den kommenden Jahren kein Geld mehr geben?
Was wir nicht machen, ist den Rasenmäher ansetzen. Wir verzichten teilweise auf Nachbesetzungen in der Verwaltung und reduzieren externe Leistungen. Projekte ohne langfristige Wirkung oder Synergien werden zurückgestellt. Unsere Kernaufgaben wie die Agrarförderungen oder auch Schulstandorte bleiben voll erhalten.
Totschnig: Unsere Kernaufgaben wie Agrarförderungen oder auch Schulstandorte bleiben voll erhalten.
Stark gekürzt wird beim Klimaschutz, der neuerdings wieder zu Ihrem Ministerium gehört. Wurde der Bereich in den vergangenen Jahren mit den Grünen in der Regierung überbetont, wie dies auch Deutschlands neue Wirtschaftsministerin für ihr Land konstatiert?
Klimaschutz darf kein ideologisches Projekt sein. Er muss pragmatisch, realistisch und mit der Bevölkerung und der Wirtschaft gemeinsam passieren. Deshalb schaffen wir mit dem neuen Klimagesetz klare Zuständigkeiten. Wir setzen neben Klimaschutzmaßnahmen auf natürliche Senken, klimafitte Wälder und auch auf neue Technologien wie die geologische Kohlenstoffspeicherung. Also Klimaschutz ja, aber bitte mit Sachverstand. Wir werden weiterhin in Umwelt- und Klimaschutz investieren, aber gezielt und effektiver. Sparen werden wir beim Klimabonus. Förderungen wie etwa für den Tausch von Heizkesseln werden fortgeführt.
Wie geht es mit dem Agrardiesel speziell weiter? Eigentlich ein Agrarier-Thema, aber die nötigen Mittel dafür muss ja das Finanzministerium bereitstellen? Können die Bauern hier mit der vielbeschworenen Planungssicherheit rechnen?
Der Agrardiesel ist und bleibt ein wichtiger Ausgleich für unsere Betriebe. Heuer wird es ihn weiterhin geben. Und wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, dass hier Planungssicherheit herrscht.
Wo sind bäuerliche Familien von anderen Sparmaßnahmen betroffen?
Dort, wo es nicht um die direkte Produktion geht. Bei allen Förderungen müssen wir künftig noch genauer hinschauen, ob die eingesetzten Mittel eine Wirkung erzielen und ob diese sinnvoll sind. Gleichzeitig sichern wir mit dem neuen Budget in der Land- und Forstwirtschaft zentrale Förderinstrumente ab. Wir werden weiterhin jeden Euro aus Brüssel holen und zielgerichtet einsetzen.
Viel Geld verschlingt generell die Bürokratie. Wo konkret sehen Sie Möglichkeiten zum Abbau der Zettelwirtschaft? Das würde den Bauern und Behörden nicht nur Zeit, sondern auch bares Geld sparen…
Ich will, dass sich die Bauern wieder mehr auf Stall, Feld und Wald konzentrieren können und weniger auf Aktenberge. Darum setzen wir auf Digitalisierung und vereinfachte Meldepflichten.
Beinahe in letzter Minute wurde eine Einigung bei der Frist für Vollspaltenböden in der Schweinehaltung erzielt. Zufrieden?
Ich bin zufrieden, dass wir eine praxistaugliche und verfassungskonforme Lösung erarbeitet haben. Das schafft weiterhin Versorgungssicherheit mit regionalem Schweinefleisch aus Österreich, damit dieses nicht durch Importe ersetzt wird.
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer will den Freihandel mit Kanada und Israel ankurbeln und er befürwortet den EU-Pakt mit dem Mercosur. Was halten Sie als Landwirtschaftsminister davon?
Fest steht: Der Nationalrat hat sich mit breiter Mehrheit gegen Mercosur ausgesprochen. Daran halte ich mich. Ich will fairen Handel, aber nicht um jeden Preis. Für mich zählen Herkunft, Qualität und faire Standards. Freihandel braucht Regeln, sonst verliert die Landwirtschaft in Europa.
Was sind die drei wichtigsten Punkte auf Ihrer Agenda für diese Legislaturperiode?
Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Höfe durch gezielte Förderungen und mit Planungssicherheit. Dazu eine realistische Klima- und Umweltpolitik, die nicht bevormundet, sondern mitnimmt. Und drittens der Generationenwechsel in der Landwirtschaft. Wir müssen jungen Leuten Perspektiven geben und damit Lust auf die Land- und Forstwirtschaft machen.
Am 18. Mai jährte sich Ihre Ernennung zum Minister zum dritten Mal. Wie würden Sie Ihre bisherige Ministerlaufbahn kurz zusammenfassen?
Diese drei Jahre bedeuten für mich drei Jahre Verantwortung, Krisenbewältigung und Fortschritt. Ich bin ein lösungsorientierter Umsetzer und nicht der laute Ankünder. Mein Devise ist zuhören, anpacken und auch liefern.
Beihilfen bleiben unangetastet
Ohne Sanierungsmaßnahmen würde das Defizit im Staatshaushalt laut Angaben des Finanzministeriums heuer auf mehr als 28,6 Mrd. Euro beziehungsweise 5,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)ansteigen. Die Schuldenquote lag im Vorjahr bei 81,8 Prozent des BIP. Entsprechend hat sich die Bundesregierung im Doppelbudget für 2025 und 2026 Einsparungen in Höhe von 6,4 Mrd. Euro auferlegt. Dem BMLUK stehen heuer rund 5 Mrd. Euro und 2026 rund 4,2 Mrd. Euro zur Verfügung. Davon fließen 2,84 beziehungsweise 2,88 Mrd. Euro in die Landwirtschaft. Die Leistungsabgeltungen (Direktzahlungen, ÖPUL, Ausgleichszulage) bleiben mit 1,7 Mrd. Euro vollständig ausfinanziert. Für den Waldfonds sind im Budget 70 Mio. Euro reserviert. Eine Antragstellung dafür ist weiter möglich.
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- Totschnig: BML/Rene Hemerka