Theresia Meier und Franz Ledermüller gaben Antworten auf Fragen über die Folgen von Corona auf die Sozialversicherung der Selbständigen.

BauernZeitung: Wie stark hat Corona im Rückblick auf die vergangenen mehr als 15 Monate die bäuerlichen Versicherten der SVS getroffen?

Meier: Die wirtschaftlichen Folgen durch Corona sind in den vergangenen Monaten vielfach dargestellt worden: Preisdruck aufgrund fehlender Absatzmöglichkeiten im Tourismus in einzelnen Bereichen, fehlende Gäste bei Urlaub am Bauernhof, Einschränkungen in der Direktvermarktung. Natürlich hatte das auch Auswirkungen auf die Sozialversicherung, beitrags- wie leistungsrechtlich.

Ledermüller: Als SVS mussten wir daher sowohl auf der Beitrags- als auch Leistungsseite entsprechend reagieren und adaptieren, um unsere Kundinnen und Kunden mit unterstützenden Maßnahmen tatkräftig durch diese Zeit begleiten zu können.

Wie groß war die Zahl an Stundungen für SV-Beiträge von Versicherten, die durch Corona etwa vorübergehend in Liquiditätsprobleme geschlittert sind?

Meier: Prinzipiell war für uns klar, dass die SV-Beiträge in der Corona-Zeit nicht zu existenzbedrohenden Zahlungsschwierigkeiten führen dürfen. Dafür haben wir mit individuellen und für die jeweilige Phase passenden Lösungen für unsere Versicherten vorgesorgt.

Ledermüller: In unserem bäuerlichen Kundensegment ist die Zahl der Stundungen und Ratenzahlungen von den üblicherweise rund 1.000 Fällen pro Jahr im Jahr 2020 auf rund 2.600 Fälle angestiegen. Das Volumen der Stundungen und Ratenzahlungen hat sich dabei 2020 auf rund 7,5 Mio. Euro an offenen Beiträgen belaufen.

Rechnen Sie noch mit einem Anstieg an prekären Problemen oder eher mit einer Normalisierung?
Ledermüller: Die derzeitige Entwicklung lässt darauf schließen, dass wir bis Jahresende 2021 mit einem Rückgang bei Stundungen und Ratenzahlung annährend auf Normalniveau rechnen können.
Meier: Wir gehen auch davon aus, dass die Summe der Beitragsausfälle, gemessen am gesamten Beitragsvolumen, wie in der Vergangenheit weiterhin im Promillebereich bleiben wird.

Wie optimistisch oder gar pessimistisch sehen Sie die weitere Entwicklung? Gab es Angebote oder Serviceleistungen vor Corona, die es künftig einfach nicht mehr geben kann oder wird?
Meier: Wenn man bedenkt, dass es weltweit keine Erfahrungen mit einer Pandemie gegeben hat, so hat sich das österreichische Gesundheitssystem im Großen und Ganzen bewährt. Von der Regierung wurden die notwendigen und richtigen Maßnahmen im Gesundheitsbereich getroffen und auch die wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen mit großer Geschwindigkeit und Energie umgesetzt. Selbstverständlich muss man aus den Erfahrungen des vergangenen Jahres lernen, um in Zukunft noch schneller und besser agieren zu können. Trotzdem bleibt die Tatsache, dass Österreich bisher vergleichsweise gut durch diese weltweite Krise gekommen ist.
Ledermüller: Selbstverständlich hat Corona auch im Bereich der Sozialversicherung der Selbständigen eine Reihe von Anpassungsmaßnahmen erforderlich gemacht und gewisse Entwicklungen auch durchaus beschleunigt. Ein Teil davon wird auch in Zukunft bleiben, etwa im Bereich der Digitalisierung, wenn ich an telemedizinische Angebote, wie die Videokonsultation eines Arztes, das e-Rezept oder den e-Impfpass denke. Telemedizin wird in der künftigen Gesundheitsversorgung jedenfalls eine deutlich größere Rolle spielen, als dies vor Corona der Fall war.

Haben Sie eigentlich genaue Zahlen und Daten darüber, wie viele Bäuerinnen und Bauern mittlerweile geimpft wurden?
Ledermüller: Berufsspezifische Daten über die Impfbeteiligung gibt es nicht. Die Impfungen werden von den Ländern durchgeführt, einen Datenabgleich mit der Sozialversicherung gibt es hier nicht.

Welche Lehren zieht die SVS aus der Pandemie? War etwa die Versichertenbetreuung vor Ort während der langen Lockdowns stets gewährleistet?
Ledermüller: Die Kundenkanäle und somit die Kundenbetreuung der SVS konnten zu jeder Zeit sichergestellt werden. Auch die persönliche Kundenbetreuung in unseren Kundencentern und bei den Beratungstagen war bis auf die kurze Phase des ersten Lockdowns stets gewährleistet.

Was sind die drei größten Herausforderungen für die SVS in den kommenden, fünf, zehn, fünfzehn Jahren?
Meier: Die größten Herausforderungen werden wohl in der Aufrechterhaltung eines sicheren sozialen Rahmens für eine zukunftsorientierte Entwicklung im ländlichen Raum, in der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen ganz generell und im Besonderen bei neuen Medikamenten sowie in der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung am Land liegen.

Oppositionelle Gruppen fordern wiederholt lautstark das Aussetzen oder gar den völligen Entfall der SVS-Beiträge, Stichwort SV-Rabatt. Stoßen sie damit auch bei den Versicherten auf Zustimmung?
Ledermüller: Wir haben in den letzten Jahren eine Reihe von Maßnahmen zur Entlastung im Beitragsbereich gesetzt: 15 Millionen Euro Beitragsrückerstattung pro Jahr für Betriebe, die aus der Hauptfeststellung 2014 eine mehr als 10-%ige Steigerung des Einheitswertes haben; Absenkung der Mindestbeitragsgrundlage im pauschalen System und bei den Optionsbetrieben in der Krankenversicherung auf die Geringfügigkeitsgrenze nach dem ASVG; Absenkung des Beitragssatzes in der Krankenversicherung von 7,65 auf 6,8 Prozent, wobei die Differenz durch den Bund getragen wird oder der Beitragszuschuss für hauptberuflich beschäftigte Kinder in der Pensionsversicherung.
Meier: Wir wissen, dass es für viele Betriebe manchmal schwierig ist, die Beiträge für die Sozialversicherung aufzubringen. Allerdings haben wir im bäuerlichen Sozialversicherungsgesetz für die Beitragszahlung das flexibelste Instrumentarium von allen Sozialversicherungen: Der Versicherte kann entscheiden, ob er seine Beiträge im pauschalen System nach dem Einheitswert leisten will oder ob er auf der Grundlage eines Steuerbescheides nach dem tatsächlichen Gewinn des Betriebes seine Beiträge zahlen will. Dasselbe gilt auch bei den Nebentätigkeiten.
Ledermüller: Über zwei Dinge sollte man aber nicht diskutieren müssen: Die Sozialversicherung ist eine Versicherung, und das bedeutet, dass man nicht auf der einen Seite die Beiträge herunterfahren kann und auf der anderen Seite ständig Forderungen nach mehr Leistungen erhebt. Das Zweite ist, dass von den insgesamt 25,7 Prozent Beiträgen, gemessen an der Beitragsgrundlage (17 % Pensionsversicherung, 6,8 % Krankenversicherung, 1,9 % Unfallversicherung, Anm.), zwei Drittel der geleisteten Beiträge auf das Pensionskonto fließen, zuzüglich der Differenz von 17 auf 22,8 Prozent durch den einheitlichen Beitragssatz im harmonisierten Pensionsversicherungssystem, die durch den Bund aufgebracht werden. Wer also weniger Beiträge zahlen will, kann das jetzt schon im Wege der Option, er akzeptiert damit aber auch in aller Regel, dass deutlich weniger Geld auf sein persönliches Pensionskonto fließt. Das ist auch der Grund, warum die Option nur von etwa 4.000 bäuerlichen Beitragszahlern in Anspruch genommen wird. Politischer Beitragspopulismus geht also ins Leere, weil sich die Bauern nicht gerne selber ihre zukünftige Pension ruinieren wollen.

Vieles wurde ins Internet verlagert. Werden sich die Gremien oder gar die SVS und ihre Versicherten künftig weiterhin häufig nur noch virtuell treffen?
Ledermüller: Die Verlagerung administrativer Vorgänge ins Internet hat schon lange vor Corona begonnen, sie wurde aber durch Corona massiv beschleunigt. Auch im Leistungsbereich wird in Zukunft, wie oben bereits mit telemedizinischen Entwicklungen angedeutet, auch ganz allgemein Digitalisierung eine deutlich größere Rolle spielen. Und ja, in den letzten eineinhalb Jahren haben wir uns tatsächlich meist nur virtuell zu Besprechungen und Sitzungen zusammengefunden. Das wird sich aber mit Ende der Corona-bedingten Einschränkungen hoffentlich schon demnächst wieder ändern.

Brachte der durch Corona vermutlich auch bei der SVS spürbare Digitalisierungssprung Einsparungen bei den Verwaltungskosten? Hat das auch Auswirkungen auf die Beitragshöhe der Versicherten?
Meier: Die Digitalisierung ist ein zwingendes Erfordernis, um den ständig wachsenden Anspruch, was Umfang und Geschwindigkeit der Erledigung unserer Aufgaben betrifft, bewältigen zu können. Als SVS wollen wir hier die Chancen der Digitalisierung nutzen, um unseren gesetzlichen Auftrag möglichst effizient bewältigen zu können. Selbstverständlich wollen wir für unsere Versicherten gut erreichbar sein, um so bestes Service zu gewährleisten. Die Höhe der Beiträge zur Sozialversicherung wird vom Gesetzgeber festgelegt.

Interview: Bernhard Weber

www.svs.at

 

- Bildquellen -

  • SVS: SVS
- Werbung -
Vorheriger ArtikelRZV: Zufriedenstellende Kälberpreise
Nächster ArtikelDer NÖ Almwandertag – ein Fest für alle Sinne