Der Klimawandel macht den Beständen zunehmend zu schaffen. Einfache Standardlösungen dafür gibt es nicht, aber viele interessante Ansätze. Das wurde auf der Österreichischen Forsttagung in St. Pölten erneut klar.
Bei der Tagung unter dem Titel „(K)ein klimafitter Wald ohne Forstwirtschaft?“ konnten 250 Besucher das Thema diskutieren, rund 200 nahmen an neun Exkursionen teil. Land- und Forstwirtschaftsminister Norbert Totschnig bei der Eröffnung: „Mein Eindruck ist: Die Umwelt- und Klimaleute verstehen uns überhaupt nicht.“
In der Tat darf man sich nicht wundern, wenn Laien fordern, den Wald in Ruhe zu lassen, also außer Nutzung zu stellen, wenn sie von Schäden und den dramatischen Auswirkungen des Klimawandels hören. Schließlich verordnet man auch einem schwachen, kranken Menschen Bettruhe. Die EU-Bürger „priorisieren regulative und kulturelle Funktionen des Waldes vor produktiven“, drückte es Prof. Daniela Kleinschmit von der Universität Freiburg aus. Dass durch nachhaltige Bewirtschaftung und entsprechende Verjüngung der Wald klimafit gemacht werden kann sowie die Nutzung des hochwertigen Holzes als Baustoff und minderer Qualitäten als Energiequelle zur Reduktion von fossilen CO2-Emissionen führt, wird dabei oft übersehen.
Klimawandel 100 Prozent menschengemacht
Dass es in den letzten Jahrzehnten wärmer geworden ist, steht für die meisten außer Zweifel. Dass hier entsprechend gegengesteuert werden muss, wird schon von weniger Personen unterstützt – auch weil infrage gestellt wird, dass der Klimawandel menschengemacht ist. „Das Klima hat sich schon immer verändert“, bekommt man dann zu hören. Das stimmt auch, nur die Zeitspanne, in der das geschieht, ist ohne Vorbild in den letzten tausenden Jahren. Das hat Marc Olefs, Leiter Department Klima-Folge-Forschung, Geosphere Austria, bei der Forsttagung in seinem Referat klargemacht. So betrug die natürliche Erderwärmung seit der letzten Eiszeit sechs Grad Celsius in 10.000 Jahren, also 0,06 Grad pro Jahrhundert. Vergleichbar klein ist der derzeitige Temperaturanstieg: Er beträgt derzeit global rund 1,5 Grad – bei uns in Österreich gut drei Grad. Bis Ende des Jahrhunderts soll die Welttemperatur bei den aktuellen Klimaschutzmaßnahmen um weitere 1,5 Grad zunehmen – also nochmals eine Erwärmung von rund 1,5 Grad pro Jahrhundert. „Die moderne Erderwärmung ist 25-mal schneller als vergangene natürliche Erwärmungsraten“, rechnete Olefs vor. Und: „Der Klimawandel seit 1750 ist zu 100 Prozent menschengemacht und eine Messtatsache, natürliche Antriebe haben ein Alibi“.

Mehr Starkregen, aber auch Dürre
Die Folgen des Klimawandels sind vielfach spürbar. Durch hohe Temperaturen nimmt die Verdunstung zu und damit auch der Trockenstress. Schädlinge wie Borkenkäfer können aufgrund der verlängerten Vegetationszeit und der rascheren wärmebedingten Entwicklung eine weitere Generation ausbilden, gleichzeitig sinkt beim trockengestressten Baum die Widerstandskraft.
Statistiken zeigen auch, dass der Starkregen in Österreich zugenommen hat. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn die maximale Wasserdampfmenge, die die Luft halten kann, nimmt mit der Temperatur exponentiell zu – plus sieben Prozent pro Grad.
Mehr als 47.000 Menschen sind nach Expertenschätzungen 2023 in Europa an den Folgen hoher Temperaturen gestorben. Das sind mehr als doppelt so viele, wie jene, die im Verkehr ums Leben kamen. „Der menschengemachte Klimawandel erhöht signifikant Schäden und Verluste und gefährdet unsere Zivilisation. Er ist unumkehrbar, aber nicht unaufhaltsam“, stellte Olefs klar. Wir müssten daher zwei Dinge gleichzeitig tun: Die Resilienz erhöhen und einen sichtbaren Beitrag zu „raschen und drastischen Klimaschutzmaßnahmen“ liefern.
Nicht nur die Baumarten sind entscheidend
Widerstandskraft wird auch der zukünftige Wald haben müssen. „Was können wir tun? Welche Maßnahmen sind zielführend? Welche Möglichkeiten gibt es, unsere Wälder klimafitter zu machen?“ Diese Fragen stellte der Präsident des Österreichischen Forstvereines, Johannes Wohlmacher, an die Tagungsteilnehmer. Einfache Antworten hierauf gab es nicht.
Eine Rolle wird die Baumartenzusammensetzung spielen. Durch größere Vielfalt wird das Risiko eines Totalausfalls reduziert. Während sich Österreichs wichtigste Baumart im Wirtschaftswald, die flachwurzelnde Fichte, in immer mehr Lagen nicht mehr wohlfühlt, spielen wärmeliebende Laubbaumarten oder Nadelbäume, die mit Trockenheit besser zurechtkommen, zukünftig eine wichtigere Rolle. Hier sei nur als Beispiel (für nicht allzu tiefe Lagen) die Tanne erwähnt, die als Tiefwurzler im Vergleich zur Fichte Wasser und Nährstoffe besser erschließen kann und gleichzeitig weniger windwurfgefährdet ist.
Einen Überblick, welche Baumarten in Österreich in den einzelnen Wuchsgebieten klimafit sind, ist verfügbar unter klimafitterwald.at. (In den Broschüren dort wird der aktuelle Temperaturanstieg in Österreich noch mit 1,9 °C angegeben.) Neben der Baumart sind, wie man in diversen Ratgebern nachlesen kann, die Herkünfte, die Struktur des Bestandes sowie rechtzeitige Pflege und Durchforstung bei der Bewirtschaftung in Zeiten der Klimaerwärmung wichtig. Kürzere Umtriebszeiten sollten angestrebt werden, um das Risiko zu minimieren, ebenso schonende Verjüngungs-, Nutzungs- und Bringungssysteme, Borkenkäferkontrolle und -bekämpfung und natürlich ein passender Wildbestand. „Mein Credo: Ein echter Waldumbau gelingt nur mit einer traditionellen Jagd“, brachte es Prof. Erwin Hussendörfer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf auf den Punkt. Er meinte damit hohe Abschusszahlen, damit sich auch verbissgefährdete Arten durchsetzen können.
Hussendörfer hob in seinem Referat mit Fokus auf die Buche und ihre Mischwälder vier „Gamechanger“ hervor:
• „Fagetypisches“ Waldinnenklima und chlorophyllreiche Waldstrukturen, um den Wald widerstandsfähiger zu machen
• Totholz als Wasserspeicher, Klimaanlage und Lebensraum
• Genetische Anpassung (Saatgut und Naturverjüngung aus möglichst vielen Jahrgängen sowie hohe Stückzahlen für Selektionspotenzial)
• „Netzwerken“, etwa bei der Dürre im Hinblick auf unterschiedliche Erschließung von Bodenhorizonten und Wasservorräten von Fichten und Buchen.
Hubert Sterba mit Josef-Ressel-Preis geehrt

Der 1945 in Wien geborene Hubert Sterba studierte Forstwissenschaften an der Universität für Bodenkultur (Boku). 1970 promovierte er, 1979 wurde Sterba als Ordentlicher Universitätsprofessor für Forstliche Ertragslehre berufen, von 1986 bis 1989 war er Rektor der Boku. Der Träger des „Großen Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich“, des „Ehrenrings“ der Boku und Forstrat h.c. hat Generationen von Forstleuten ausgebildet und weit über 200 Publikationen in nationalen und internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften verfasst. Sterba gilt als weltweit führender und anerkannter Waldwachstumsexperte und war viele Jahre Vizepräsident des Österreichischen Forstvereines. Er hat ein „sehr beeindruckendes Lebenswerk geschaffen, das die Forstwissenschaften und die forstliche Praxis wesentlich geprägt und unterstützt hat“, so Elfriede Moser, Leiterin der Sektion Forstwirtschaft und Nachhaltigkeit im Ministerium bei ihrer Laudatio.
- Bildquellen -
- Saal: BZ/Stockinger
- Sterba und Totschnig: BZ/Stockinger
- Baumartenzusammensetzung und Struktur: Vielfalt wird immer wichtiger.: agrarfoto.com