
Im Zuge von Silierarbeiten ist ein Siloballen kurz nach Ablagerung von der traktorgeführten Presse eine abschüssige Wiese hinabgerollt und auf der darunter verlaufenden Bundesstraße mit einem Motorradfahrer kollidiert. Wer haftet für den dadurch entstandenen Schaden?
Der beschriebene Sachverhalt hat sich bereits im Jahr 2010 zugetragen. Dabei hat ein Lohnunternehmer den Siloballen auf einer leicht abschüssigen Wiesenfläche abgesetzt und diesen auch einige Sekunden lang beobachtet. Der Siloballen hat sich aber dann selbstständig in Bewegung gesetzt und über einen wesentlich steileren Hang mit festgestellter Geschwindigkeit von 82 km/h die untenliegende Bundesstraße getroffen. Zur gleichen Zeit näherte sich der Kläger als Teil einer Motorradgruppe auf der Bundesstraße und ist mit dem Siloballen, den er zuvor kaum hätte sehen können, kollidiert. Dabei ist offensichtlich kein gröberer Personenschaden entstanden, das Motorrad hat aber Totalschaden erlitten. Der Motorradfahrer hat in weiterer Folge den ihm entstandenen Schaden eingeklagt und hat dabei sowohl den Lohnunternehmer als auch dessen Haftpflichtversicherung und auch den Feldbewirtschafter als auftraggebenden Landwirt in Anspruch genommen.
Im Ergebnis hat das Erstgericht mit Teilurteil alle drei Beklagten zur Zahlung des Sachschadens verpflichtet. Der Lohnunternehmer hafte als Lenker und Halter des Traktors nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, der zweitbeklagte Haftpflichtversicherer nach dem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsgesetz und auch der drittbeklagte Landwirt, weil diesem für den Siloballen eine Gefährdungshaftung nach
§ 1319 ABGB zukomme.
Das Berufungsgericht bestätigte die Haftung für den erstbeklagten Lohnunternehmer, da dieser den ihn treffenden Verkehrssicherungspflichten schuldhaft nicht nachgekommen sei. Gegen die zweitbeklagte Haftpflichtversicherung und den drittbeklagten Landwirt hingegen wies das Berufungsgericht das Klagebegehren ab. Der Haftpflichtversicherer müsse deswegen nicht haften, da der Abladevorgang mit dem Ablegen des Siloballens auf der Wiese beendet gewesen sei und deswegen der Schaden sich nicht mehr beim Betrieb des Traktors ereignet habe.
Vorkehrungen getroffen
Auch der Landwirt als Auftraggeber hafte nicht, da der Lohnunternehmer auf dem betreffenden Grundstück des Landwirts bereits seit mehreren Jahren Siloballen gepresst habe und dabei niemals Anweisungen des Landwirtes erhalten habe, wo die Siloballen abzulegen seien. Der Landwirt hat also durch Beauftragung eines erfahrenen, mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten, Lohnunternehmers sämtliche Vorkehrungen getroffen, die vernünftigerweise nach der Auffassung des Verkehrs erwartet werden können. Aufgrund dessen komme dem Landwirt auch nicht die Pflicht zu, dem Lohnunternehmer bei Ablage der Ballen an- oder einzuweisen.
Der Kläger war mit der Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht einverstanden und hat noch den Obersten Gerichtshof angerufen. Dieser hat die Entscheidung des Berufungsgerichtes noch einmal bezüglich des Haftpflichtversicherers abgeändert und ausgesprochen, dass der zweitbeklagte Haftpflichtversicherer sehr wohl für den entstandenen Schaden (neben dem Lohnunternehmer selbst) einstehen müsse. Auch der Oberste Gerichtshof hat allerdings festgehalten, dass für den auftraggebenden Landwirt keine Haftungsverpflichtung besteht. Damit kamen alle drei Instanzen zu unterschiedlichen Ergebnissen, wen eine Haftung treffe. Letztlich ist aber höchstgerichtlich festgestellt worden, dass jedenfalls den Landwirt, der das Werk in Auftrag gegeben hat, keine Haftung trifft.
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