Die moderne Landtechnik hat enorme Produktivitätsfortschritte ermöglicht. Mancherorts ist allerdings der Boden ein Verlierer, der unter der Last der Maschine nachgibt.

Der Zustand der Böden in der EU ist besorgniserregend und hat sich in den vergangenen Jahren weiter verschlechtert. Mehr als 60 Prozent sind einem Degradationsprozess unterworfen. Das ist das Ergebnis des Berichts über den Zustand der Böden in der EU und weiteren Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums für 2024.

Indikatoren für eine Degradation gibt es einige. Sie reichen von Bodenversauerung, Veränderung des Bodenkohlenstoffs (Humus) über Bodenerosion bis hin zur Bodenverdichtung. Wie weit letztere verbreitet ist, dazu gibt es verschiedene Zahlen, es könnte rund ein Viertel der landwirtschaftlichen Flächen betroffen sein.

Zu hohe Radlasten

„Bodengesundheit wirkt sich unmittelbar auf die Ernährungssicherheit in der EU aus. 95 Prozent der Lebensmittel werden auf ihm erzeugt“, so Gerhard Moitzi von der Versuchswirtschaft Groß-Enzersdorf der BOKU jüngst bei einem ÖKL-Webinar. 

Den Böden geht immer öfter die Luft aus, die Landmaschinen sind zu schwer geworden. In „Soil und Tillage Research“ hat dazu ein internationales Team aus Forschern in einem wissenschaftlichen Artikel interessante Fakten zusammengetragen:  So stiegen die  Radlasten typischer Mähdrescher in Dänemark von 1958 bis 2009 linear von etwa 1,5 Tonnen auf fast neun Tonnen an, was einem jährlichen Anstieg von etwa 140 Kilogramm pro Jahr entspricht oder einer zusätzlichen Tonne alle sieben Jahre. Die Radlast von Traktoren  nahm von etwa 1,5 Tonnen im Jahr 1960 auf vier Tonnen im Jahr 2000 zu, immerhin eine jährliche Zunahme von etwa 60 Kilogramm oder eine zusätzliche Tonne alle 17 Jahre.

Die Landmaschinenhersteller haben auf die zusätzlichen Belastungen reagiert. Moderne Reifen sind voluminöser als ältere, aber wie die Forscher zeigen konnten, hält die Entwicklung der Reifen-Boden-Kontaktfläche nicht mit der Entwicklung der Radlasten Schritt, was zu einer Zunahme des Bodendrucks führt. Höherer Bodendruck wiederum führt zu stärkerer Verdichtung.

Selbst wenn es gelingt, die Fläche um den gleichen Faktor wie die Last zu erhöhen – also etwa doppelte Kontaktfläche des Reifens zum Boden bei doppelter Radlast, ist der Druck nur im oberflächlichen Bereich gleich groß.

Grundsätzlich gilt als Faustformel: Der Bodendruck in zehn Zentimeter Tiefe entspricht dem Reifeninnendruck. Moitzi: „Wenn ich den Reifendruck von 1,5 bar auf 0,8 bar absenke, dann wirkt sich das in zehn Zentimetern im gleichen Ausmaß aus, aber der positive Effekt nimmt mit der Tiefe ab, weil hier der Einfluss der Radlast steigt.“ In tieferen Schichten steigt daher mit der Radlast die potenzielle Verdichtungsgefahr. In dem Bericht in „Soil und Tillage Research“ haben sich Forscher damit anhand von Simulation befasst. Ihr Befund ist klar: Die durch landwirtschaftliche Fahrzeuge verursachte Bodenverdichtung reicht „tief in den Untergrund hinein“.

Drastische Folgen für Ackerbau und Umwelt

Die Folgen der Verdichtungen können mannigfaltig sein: Sie reichen von verringerter Wasserinfiltration und Wasser-/Nährstoffverfügbarkeit für Pflanzen bis hin zur mechanischen Hemmung des Wurzelwachstums. Damit gehen die Vitalität des Bestandes und der Ertrag zurück.

Gleichzeitig erhöht verdichteter Boden den Zugkraftbedarf bei der Bodenbearbeitung. Gibt der Boden nach, kommt es zum „Bulldozing-Effekt“. Darunter versteht man den vor dem Reifen entstehenden Keil, der bei Fahrten in weichem Untergrund entsteht und den Gesamt-Radwiderstand erhöht.  Als Faustregel gilt hier: Eine Spurtiefe von einem Zentimeter  bedeutet einen Dieselmehrverbrauch um zehn Prozent.

Wie groß die Verdichtungsgefahr ist

Die Gefahr von Bodenverdichtungen ist nicht nur von Radlast und Kontaktflächendruck abhängig. Ganz entscheidend sind auch der Boden selber und dessen Feuchte.  Denn Wasser wirkt als Gleitmittel bei der Verformung und reduziert den Reibungswiderstand.

Nach der gleichen Menge Niederschlag können sandige Böden früher befahren werden als tonreiche. Mit sinkender Bearbeitungstiefe und -intensität wiederum steigt die Tragfähigkeit der Böden. Auch der Pflanzenbestand, die Durchwurzelung und der Humusgehalt haben einen Einfluss. Die organische Masse stabilisiert die Bodenstruktur („Ton-Humus-Komplex“, Lebendverbauung).

Zum Abschätzen der Verdichtungsgefährdung gibt es nützliche Tools im Internet, wie beispielsweise ch.terranimo.world. Dort kann das Risiko einfach und schnell oder aber auch umfassend nach spezifischen Bedingungen abgeschätzt werden. Landmaschinenhersteller bieten inzwischen Lösungen an, die direkt am Terminal den  Fahrer vor dem Hintergrund der aktuellen Bodenverhältnisse und der eingesetzten Traktor-Gerätekombination entsprechend warnen.

Wie Schäden verhindert werden können

So vielfältig wie die Ursachen für Verdichtungen sind auch die Maßnahmen, um sie zu verhindern. Moitzi hat sie bei dem ÖKL-Webinar umfassend präsentiert. Hier ein Überblick:
Begrenzung der Radlasten: Maschinengewichte bei der Investitionsentscheidung berücksichtigen.
Erhöhung der Kontaktfläche: Breitreifen, Zwillingsbereifung, Bandlaufwerk, angepasster geringer Reifeninnendruck.
• Verbesserung der Belastbarkeit des Bodens: Maschineneinsatz im „trockenen“ Bodenzustand und konservierende Bodenbearbeitung, humusaufbauende Bewirtschaftung, Kalkung.
• Anpassung von Arbeitsverfahren und neue Arbeitsverfahren: Verringerung von Überfahrten, Gülleverschlauchung statt Ausbringung mit Fässern, Nutzung gezogener Technik anstatt der Aufsatteltechnik,  Onland-Pflügen, Agrar-Drohnen (z. B. Begrünungsaussaat, biologischer Pflanzenschutz), Feldrobotik (z. B. Hackroboter), Controlled-Traffic-Farming (CTF).

Dem  Boden zuliebe ein Raupentraktor?

Quelle: John Deere
Der 8RX mit vier Raupen hat eine Aufstandsfläche von 4,6 m2.

Eine Möglichkeit, den Druck auf den Boden zu reduzieren, bieten Raupenlaufwerke. Andreas Jaksch, Produktspezialist vom Lagerhaus Technik Center, hat sich damit beim ÖKL-Webinar befasst.

Angeboten werden in der John-Deere-Serie 8 mit 308 bis 443 PS neben den Radtraktoren (8R, 13.400 kg) der 8RX mit vier Raupenlaufwerken (19.400 kg) und der 8RT (16.255 kg) mit zwei Raupenbändern. Die  8RT sind laut Jaksch in Österreich wegen der „Topografie kaum beheimatet“,  denn diese Traktoren brauchen ebene, trockene Flächen und sollten so lange geradeaus fahren wie es nur ginge.

8RX sollen hierzulande aber sehr wohl im Einsatz sein. Deren Aufstandsfläche liegt bei 4,57 Quadratmetern.  Dadurch soll sich ein Bodendruck von nur 44 Kilopascal ergeben. Zum Vergleich:  Beim Radtraktor 8R liegt er bei einer Aufstandsfläche von 1,94 m2 bei 93 kPa, also mehr als doppelt so hoch. Um in einen ähnlich geringen Druckbereich wie der Raupentraktor zu kommen, müsste er mit Zwillingsreifen ausgerüstet werden –  wodurch sich allerdings eine Außenbreite von rund vier Metern ergibt.

Jaksch berichtete auch von einem Testeinsatz des 8R 410 mit Michelin Axio Bib 2 und eines 8RX 410 mit einer 8-Meter-Väderstad-Maschine. Ausgesät wurde mit ihr Sommerweizen. Bei der Arbeit soll der Raupentraktor um zehn Prozent produktiver (ha/h) gewesen sein, der Kraftstoffverbrauch ging um 13 Prozent zurück. Auch interessant: Bei dem Laufkettenfahrzeug soll sich durch die Bodenschonung ein um fünf Prozent höherer Ertrag ergeben haben. Bei 0,34 Tonnen pro Hektar ergibt sich dadurch bei einem Weizenpreis von 180 Euro pro Tonne ein Mehrerlös von 62,24 Euro pro Hektar.

Eine Laufkette ist allerdings immer ein „bisschen wartungsintensiver“ und bekanntlich nicht der optimale Untersatz auf Straßen. „Also zu viel Straßeneinsatz ist für jede Laufkette nicht optimal. Aufgrund der Gewichte und der Geschwindigkeit ist der Verschleiß groß.“

Zu berücksichtigen ist auch der höhere Kaufpreis der Raupentraktoren.

Entscheidend für bodenschonenden Einsatz und optimale Zugkraftübetragung ist auch die Ballastierung. Mehr dazu demnächst.

Folgen von Verdichtungen
Landwirtschaft
• Verändertes Pflanzenwachstum, reduzierter Biomasseertrag
• Spurrillen und Ausbildung von plattigen Bodenstrukturen –>
Bodenerosion
• Erhöhter Zugkraft-/Dieselbedarf bei der Bodenbearbeitung
• Förderung von verdichtungstoleranten Pflanzen etc.
Umwelt
• Verringerte
Infiltrationsleistung
• N2O-Emissionen durch die
Denitrifikation etc.

Schlechte Wasserinfiltration: Kommt es im Boden zu Verdichtungen, werden aus wenigen Grob- und Mittelporen viele Feinporen. Laut der Hagen-Poiseuille-Gleichung verändert sich die Durchflussmenge überproportional zum Radius der Poren. Selbst wenn deren Volumen insgesamt gleich bleibt, führt daher jede Verringerung des Radius zu einer geringeren Durchflussrate. Die Auswirkungen auf den oberirdischen Abfluss bei Extremwetterereignissen wie Starkregen sind daher gravierend.

Weniger Ackerfläche pro Kopf: Boden ist ein knappes Gut. 1950 entfielen auf jeden Erdenbürger 0,45 Hektar Acker. Mittlerweile sind es lediglich 0,2 Hektar. Trotz Ausweitung des Ackerbaus wächst die Weltbevölkerung deutlich schneller als die Ackerfläche. In Österreich ist die Situation nicht wesentlich besser: Hier ist die Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten zwar langsamer gewachsen, dafür hat gleichzeitig die Ackerfläche abgenommen. So ergibt sich laut BOKU-Berechnungen hierzulande eine Abnahme der Ackerfläche pro Person von 0,22 Hektar im Jahr 1960  auf 0,15 Hektar im Jahr 2023, ein Minus von 37 Prozent. Zahlen, die zeigen, wie wichtig ein nachhaltiger Umgang mit der wichtigsten landwirtschaftlichen Ressource ist.

Onland-Pflügen: Traditionelles Pflügen kann ganz wesentlich zu Bodenverdichtungen beitragen. Das liegt zum einen an dem großen Spurflächenanteil der Furche. Laut BOKU-Untersuchungen sind es bei einem kleinen 3-Scharpflug 53 Prozent. Andererseits können bei größeren Pflügen (7-Scharpflug) sehr hohe dynamische Furchenradlasten von mehr als 5.000 kg auftreten.
Onland-Pflügen ist bodenschonender als in der Furche zu pflügen. GPS-Lenksysteme machen es für den Traktorfahrer praktikabel.
Es gibt inzwischen Pflüge, die schnell zwischen dem Modus „Onland“ und „in der Furche“ wechseln können. Bei Lemken etwa ist das mit der OF-Ausführung des Juwel 8 und Juwel 10 möglich. Mit dem inneren Hydraulikzylinder wird der Pflug verschwenkt und gleichzeitig der Abstand zur Furchenkante und damit die Vorderfurchenbreite eingestellt. Mit dem äußeren Zylinder wird die Traktor/Pflug-Zuglinie wahlweise mechanisch durch eine Einstellmuffe oder hydraulisch durch einen Memoryzylinder eingestellt.

- Bildquellen -

  • Overall: John Deere
  • Reifen: Faustudio – stock.adobe.com; generiert mit KI
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AUTORMichael Stockinger
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