Doppelt schwierig für die Landwirtschaft : Höhere Sozialkosten für Arbeitgeber und geringere Nettolöhne für Erntehelfer.

Die aktuellen Diskussionen über gestiegene Lebensmittelpreise verdeutlichen, wie sehr Österreichs Landwirtschaft mit ihren hohen Qualitäts- und Sozialstandards im internationalen Wettbewerb unter Druck steht. Obwohl der Pro-Kopf- Verbrauch bei Gemüse und Obst in Österreich weiter ansteigt, können die Gemüse- und Obstbauern hierzulande die wachsende Nachfrage nicht bedienen. Einschneidend ist vor allem auch die diesjährige Verringerung der Anbauflächen um zehn Prozent. „Dabei scheitert es nicht an der Fläche, sondern eindeutig an den fehlenden Arbeitskräften“, erklärte dieser Tage Josef Moosbrugger, Präsident der LK Österreich, vor Journalisten.

17,90 versus 14,30 Euro

In Oberösterreich sind jährlich 5.000 Erntehelfer im Einsatz, davon 2.000 aus der Ukraine und 1.000 aus dem Kosovo. Laut einer Studie der KMU Forschung Austria sind landwirtschaftliche Arbeitgeber in Österreich lohnkostenmäßig viel stärker belastet als in  anderen europäischen Ländern. Vor allem bei Erntehelfern liege der ausbezahlte Nettolohn pro Arbeitsstunde in Deutschland um 1,9 Euro höher und mache solche Arbeitsplätze für Saisonniers damit wesentlich interessanter als in Österreich. Im Gegenzug kostet den bäuerlichen Arbeitgebern eine effektive Arbeitsstunde 17,9 Euro, in Deutschland hingegen 14,3 Euro. Auch hat Österreich mit 29,2 Prozent den zweithöchsten Anteil an Sozialabgaben. In den vergangenen Jahren zeichnet sich daher immer deutlich der Trend ab, dass gute und erfahrene Erntehelfer in andere Länder, allen voran nach Deutschland, abwandern.

Zeit zu handeln

Ab Herbst könnte sich die Situation noch weiter verschärfen, wenn in Deutschland der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben wird. Verhandlungen mit den Sozialpartnern brachten bisher keine Erfolge. Die LK Österreich fordert daher eine Kombination aus dem System in Deutschland mit einer Abgabenbefreiung von 70 Tagen und jenem in Südtirol mit einer Arbeitgeberbeitragsentlastung von 75 Prozent. „Details sind zwar Verhandlungssache, aber es ist an der Zeit, etwas umzusetzen und so die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, so Moosbrugger, der vor allem auch auf das nächste Regierungsprogramm hofft.

Sinkende Eigenversorgung

All das habe längst auch Auswirkungen auf die Selbstversorgungsraten bei so manch arbeitsintensiven Gemüsekulturen, wie etwa bei Einlegegurken, Erdbeeren, Salaten oder Spargel. „Der Marktanteil bei Gurkerln hat sich im Lebensmitteleinzelhandel von 80 auf 40 Prozent verringert. Bei frischem Spargel konnte Deutschland trotz ähnlicher klimatischer Bedingungen eine Selbstversorgung von fast 85 Prozent aufbauen, während Österreich 52 Prozent des Spargels importiert“, berichtete der Präsident der LK Oberösterreich, Franz Waldenberger. So können einem Landwirt im Eferdinger Becken wegen der arbeitsintensiven Arbeit bei der Erzeugung von Gurkerln bis zu 60 Prozent an Lohnkosten entstehen.

„Dabei bestätigen zahlreiche Untersuchungen, dass auf importiertem Obst und Gemüse aus Nicht-EU-Ländern sehr häufig Pestizide zu finden sind, die in der EU schon lange verboten sind“, so Waldenberger. Trotz des technischen Fortschritts und der Digitalisierung sei gerade bei Spezialkulturen wie Obst und Gemüse die manuelle Arbeitskraft weiterhin unersetzbar“, meint ÖBOG-Obmann Manfred Kohlfürst. Dabei bleibe den heimischen Landwirten trotz der höheren Qualitätsstandards weniger im Geldbörserl als ihren Kollegen in anderen Nachbarländern. Klaus Hraby, Geschäftsführer bei EFKO, beklagte: „In der Lebensmitteldiskussion geht es immer nur um billig, billig, billig. Wenn wir in Österreich die Produktion erhalten wollen, müssen wir für Lebensmittel mehr ausgeben. Wir können keine billigen Lebensmittel produzieren. Dafür haben wir die Voraussetzungen nicht.“

“Wir können keine billigen Lebensmittel produzieren. Dafür haben wir die Voraussetzungen nicht.” – Klaus Hraby

Und er erinnerte an die Situation vor drei Jahren: „Als die Krise begann, wurde EFKO als systemrelevanter Betrieb eingestuft. Mittlerweile ist es wieder egal, wo die Lebensmittel herkommen.“ Ewald Mayr betreibt mit seiner Familie einen Gemüsebaubetrieb in Eferding. Auch auf diesem sind einige langjährige Mitarbeiter mittlerweile abgewandert. Aufgrund der arbeitsintensiven Kulturen beziffert er die Lohnkosten mit 40 Prozent Im Durchschnitt. Bei einer Auslandsreise konnte der Obmann der oberösterreichischen Obst- und Gemüseproduzenten mittlerweile Vietnamesen für die jährlichen Erntearbeiten auf seinem Hof gewinnen.

- Bildquellen -

  • Feldarbeit: LK OÖ
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AUTORStefanie Schauer
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