Was treibt die globalen Agrarmärkte? (Teil 2)

In der ersten Ausgabe der Serie wurden mit Ernteprognosen und Wetterextremen Einflüsse der aktuellen Anbausaison auf die glo-balen Agrarmärkte beleuchtet. In dieser Ausgabe betrachtet Marktanalyst Bernhard Kaiblinger die Einflussmöglichkeiten von Über-lagerbeständen, Außenhandelspolitik und Exportbilanzen näher.

Die letzten Ernten lagen weltweit über den Verbrauchszuwächsen, sodass Lagerbestände aufgebaut wurden. Copyright: agrarfoto.com

Neben aktuellen Erntearbeiten beeinflussen besonders die Lagerstände aus den Vorjahren das Ausmaß der Preisbewegungen auf den globalen Ölsaaten- und Getreidemärkten. Einmal monatlich veröffentlicht das US-Landwirtschaftsministerium USDA seine Schätzungen zu den globalen Lagerbeständen der wichtigsten Getreide und Ölsaaten (unter anderem Weizen, Mais und Soja). Die jüngsten Erkenntnisse der vergangenen Wochen wie beispielsweise zu Inlandsverbräuchen, aktuellen Exportbuchungen oder Lagerstandskorrekturen werden bestmöglich einbezogen. In einigen Ländern existieren sogar USDA-Büros, welche die US-Redaktion mit lokalen Informationen und Einschätzungen bei der Berichtserstellung unterstützen. Auch die Welternährungsorganisation FAO publiziert und aktualisiert regelmäßig ihre Einschätzungen zur globalen Versorgungslage.

Eigene Schätzungen jedes Produktionslandes wichtig

Die Lagerbestände werden in den Berichten nach Nationalstaat aufgegliedert dargestellt. Verschiebungen der Lagerbestandsschätzungen zum letzten Bericht können die Preisgefüge aus der Bahn werfen. Auch die eigenen Schätzungen jedes Produktionslandes selbst sind bedeutsam. Hintergrundwissen um landesspezifische Besonderheiten sowie stärkere Nähe zum Markt machen diese Schätzungen besonders wertvoll für das Gesamtbild. Das USDA stellt neben den Zahlen zum aktuellen Vermarktungsjahr auch die Werte der letzten beiden Jahre als Vergleichsgrößen zur Verfügung – Veränderungen sind rasch erkennbar. In den Bilanzen des letzten Vermarktungsjahres können sich besonders in der Übergangszeit zum neuen Getreide-Wirtschaftsjahr noch nachträgliche Korrekturen ergeben.

Regierungswechsel und Zollveränderungen

Ein politischer Machtwechsel in wichtigen Produktionsgebieten kann sich sehr deutlich in den Rohstoffpreisen niederschlagen. Neue Führungsstile können die Landeswährung im internationalen Kontext stärken oder schwächen und folglich die Rohstoffpreise beeinflussen. Andererseits können neue Regierungsteams auch eine Veränderung in den Export-Handelsbeziehungen bewirken. Beispielsweise ist im US-Maisexport momentan Mexiko der wichtigste Handelspartner – circa zehn Millionen Tonnen (20 Pro­zent der US-Exporte) gehen dorthin. Die US-Präsidentschaftswahl Donald Trumps 2016 mit dem angedeuteten Mauerbau wirft ein großes Fragezeichen auf den zukünftigen Außenhandelskontakt beider Staaten. Laufen die Exporte stabil weiter, oder sucht Mexiko andere Importursprünge und der US-Maisberg wächst weiter? Kurzfristiger Preisdruck am Maismarkt wäre naheliegend.

Auch veränderte Zollpolitik bewegt Mengen und Preise

In Argentinien zeigte der Machtwechsel von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner zu Mauricio Macri im Winter 2015/16, dass selektive Veränderungen in der Exportzoll-Politik ihre Spuren hinterlassen können. Bis zum Führungswechsel bestanden Ausfuhrzölle auf argentini-
schen Weizen, Mais und Soja. Während sie für Weizen und Mais im Winter 2015 abgeschafft wurden, folgte für Soja nur eine minimal Reduktion. Die Forcierung der Getreide- und Maisverkäufe war die Folge – gleichzeitig blieb mehr Soja unverkauft – der Lagerberg wuchs an. Für das laufende Anbaujahr 2016/17 haben die Getreide- und Weizenflächen auf Kosten von Soja zugelegt. Erst für 2017 und 2018 ist eine sukzessive Aufhebung der Soja-Exportzölle in monatlichen, kleinen Schritten geplant.

Exportbuchungen und Abwicklungsfortschritte

Überproduktion bei einzelnen Kulturen veranlasst Nationalstaaten zu mehr oder weniger starken Engagements am Exportmarkt – das ist weithin bekannt. Preisbeeinflussend sind während dem Exportjahr vor allem die Exportverläufe. Hierbei werden zwei Komponenten sehr genau beo-bachtet und in die Preisbildung einbezogen: einerseits die Exportbuchungen selbst und andererseits die Abwicklungsfortschritte. Das USDA weist wöchentlich in einer detaillierten Statistik die neuen US-Exportbuchungen sowie die Export-Abwicklungen aus. Auch andere Organisationen oder private Nachrichtenagenturen verfassen ähnliche Berichte für andere Länder. Vergleiche mit dem letzten Wirtschaftsjahr sowie mit dem Mehrjahresschnitt geben dem Markt Indizien zur Hand, wie flüssig der jeweilige Exportmarkt verläuft.

Exportbuchungen und Exportmengen vergleichen

Auch ungewöhnlich starke oder schwache Exportphasen werden registriert und eingepreist. Ein Abgleich zwischen Exportbuchungen und bereits exportierten Mengen lässt wertvolle Schlüsse über zukünftige Preisentwicklungen zu. Hohe Buchungsstände lassen starke Auslastung der Exporteinrichtungen für zukünftige Zeiträume erwarten. Bei Konkurrenz zwischen mehreren Agrargütern können sich so Export-Engpässe herausbilden. Trotz der dritten bzw. vierten US-Rekordernte in Folge bei Soja und Mais haben zur Ernte 2016 beide Produktpreise keine extremen Erntedellen erlebt. Die Exportbestellungen waren durchgängig extrem stark und überstiegen die ebenfalls soliden Export-abwicklungen. So lagen im Februar 2017 sowohl Buchungen, als auch abgewickelte Exporte deutlich über dem Vorjahreszeitraum. Teils wurden spätere Lieferzeiträume vereinbart. Die große Kluft zwischen noch offenen Buchungen und erledigten Ausfuhren könnte im Frühjahr 2017 zeitweilige Engpässe in der Abwicklung bringen. Trotz nachweislich komfortabler Versorgung wäre kurzfristige Unruhe bei den Preisen also denkbar.

Im dritten und letzten Teil der Artikelserie werden nächste Woche Einflussfaktoren wie die Preisgefüge anderer Rohstoffe oder Marktmeinungen von Investoren näher beleuchtet.

Hier geht’s zum ersten Teil der Artikelserie

http://www.bauernzeitung.at/was-treibt-die-globalen-agrarmaerkte-teil-1/

Hier geht’s zum dritten Teil der Artikelserie

http://www.bauernzeitung.at/was-treibt-die-globalen-maerkte-teil-3/

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AUTORDI Bernhard Kaiblinger, Marktanalyst, Saatbau Preisgut GmbH.
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