Vergleich: Deutschland kennt die Wolfsprobleme

Ein Interview zum Thema Wolf mit Bundestagsabgeordnetem Artur Auernhammer, Agrar-sprecher der CSU, dem Abgeordneten zum Nationalrat Hermann Gahr und dem Obmann des Tiroler Schafzuchtverbandes, Michael Bacher.

Hermann Gahr, Artur Auernhammer und Michael Bacher

Herr Auernhammer, wie lange ist in Deutschland der Wolf ein Thema?

AUERNHAMMER: Nach der Grenzöffnung und dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ im Jahre 1989 begann das Thema Wolf in Deutschland. Dadurch hat sich der Wolf im Bundesgebiet verbreitet. Politisch ist der Wolf seit mittlerweile über zehn Jahren ein großes Thema. Die Ausbreitung greift immer stärker um sich. Wir haben besonders in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt Rudelbildungen, die sich immer stärker ausbreiten. Wir haben aufgrund der enormen Schäden, welche diese Tiere in der Weidetierhaltung anrichten, große Probleme. Beispielsweise hören aufgrund dieser Schäden nach und nach die Deichschäfer auf. Deichschafe sind insbesondere für den Hochwasserschutz sehr wichtig, da die Schafe die Deiche frei halten. Die gleiche Gefahr besteht bei euch im Almgebiet, dass viele Hirten und Schafbauern sagen: „Wenn der Wolf bleibt, gehen wir!“

Was halten Sie persönlich vom Thema Herdenschutz?

AUERNHAMMER: Herdenschutz ist vielleicht in einzelnen Fällen möglich, aber er ist kein Patentrezept, um das Thema Wolf zu bearbeiten. Nehmen wir als Beispiel den Herdenschutzhund: Er kostet bei der Anschaffung und ebenso im jährlichen Unterhalt mehrere tausend Euro. Auch eine Einzäunung ist sehr schwierig. Wir haben beispielsweise in Niedersachsen, wo das Land sehr flach ist, erleichterte Möglichkeiten einer Einzäunung, aber wir haben auch Wölfe, die bereits den 1,20 Meter hohen Zaun überspringen. Das zeigt, dass sich Wölfe weiterentwickeln und auch solche Hindernisse überwinden werden. Den Herdenschutz erachte ich dann als sinnvoll, wenn man auch eine Bestandsregulierung beim Wolf vornimmt. Wenn wir nur Herdenschutz machen, wird die Population unwahrscheinlich stark zunehmen. 

GAHR: Herdenschutz muss man sehr differenziert betrachten, im flachen Gelände können gewisse Schutzmaßnahmen Wölfe abschrecken. Doch es gibt keinen hundertprozentigen Schutz und vor allem keinen wolfsicheren Zaun. Um einen geringen Schutz zu gewährleisten, muss ein Zaun einen Meter im Boden verankert sein, damit der Wolf nicht durchschlüpfen oder sich durchgraben kann, und mindestens zwei Meter hoch und stromgeführt sein. Es ist unmöglich, so einen Zaum im alpinen Gelände in Tirol aufzustellen. Das hat auch eine Studie des Landes Tirol klar bestätigt.

BACHER: Herdenschutz hat außerdem durch die intensive Beweidung und Haltung negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Tiere. Herdenschutz auf Almen ist nicht möglich. Wir können nicht tausende Hektar im alpinen Raum einzäunen. Traditionelle Schafhaltung auf der Alm findet ohne Zäune statt.

Was sind Ihrer Meinung nach die nächsten wichtigen Schritte bei diesem Thema?

AUERNHAMMER: Wir müssen meiner Meinung nach die Gesellschaft sensibilisieren und ihr vor Augen führen, dass, wenn sich der Wolf ausbreitet, viele Regionen schaffrei und in weiterer Folge touristenfrei sind. Anschließend führt an einer Bestandsregulierung kein Weg vorbei. Der Begriff „Erhaltungszustand“ lässt einiges an Interpretationsspielraum offen. Es wäre notwendig, auf europäischer Ebene den strengen Schutzstatus des Wolfs zu überprüfen und von Anhang IV in Anhang V der FFH-Richtlinie zu überführen. Wichtig ist es, weg von der emotionalen Diskussion in der Öffentlichkeit zu kommen und den Worten Taten folgen zu lassen.

GAHR: Der Wolf ist eine gute Einnahmequelle für den WWF. Durch ihre Kampagnen und Halbinformationen werden viele Spenden lukriert. Das muss uns bewusst sein. Das größte Problem ist meiner Meinung nach, dass der günstige Erhaltungszustand in der FFH-Richtlinie nicht genau definiert ist. Zusätzlich werden die einzelnen Wolfspopulationen in Europa aufgesplittert, etwa in die spanische oder die griechische Population und genau darin liegt das Problem. Wir müssen erreichen, dass alle Wolfpopulationen in Europa als eine Einheit gesehen werden. Dazu brauchen wir die Unterstützung von anderen EU-Ländern. Nur gemeinsam können wir das erreichen, deswegen werden wir gemeinsam mit Artur Auernhammer unsere Kollegen in der EVP-Fraktion kontaktieren und weitere Verbündete in Europa suchen.

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  • Wolf Gahr Auernhammer Bacher: Privat
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