Unterdurchschnittliche Getreideerträge erwartet

Zum Auftakt der Erntesaison lud die Landwirtschaftskammer Österreich auf einen Ackerbaubetrieb in Niederösterreich. Anlass war die Vorstellung der aktuellen Getreideernteprognose – mit insgesamt eher verhaltenen Erwartungen hinsichtlich Menge und Qualität.

Welche Ackerkulturen unter den Wetterextremen gelitten haben, welche davon profitieren konnten und welche Maßnahmen es künftig braucht, erläuterten LK-Österreich-Präsident Josef Moosbrugger, LK-Niederösterreich-Präsident Johannes Schmuckenschlager sowie der Vorsitzende des LKÖ-Pflanzenbauausschusses und Präsident der LK Burgenland, Nikolaus Berlakovich, bei einem Pressegespräch im niederösterreichischen Ottenthal. Auf dem Bauernhof Blauensteiner machte Moosbrugger gleich zu Beginn klar: „Derzeit eine Ernteprognose abzugeben, ist ein bisschen wie in die Glaskugel schauen.“ Dennoch wagten die Vertreter der LK eine erste Einschätzung der zu erwartenden Ernteerträge.

Rückläufige Anbauflächen und neue Herausforderungen

Die heimische Getreideanbaufläche ist im laufenden Jahr auf ein historisches Tief gefallen: Mit rund 505.400 Hektar liege sie nicht nur 3,4  Prozent unter dem Fünfjahresdurchschnitt, sondern auch unter dem bisherigen Rekordtief des Vorjahres. Auch die Fläche der wichtigsten Alternativ-Druschfrüchte sei erneut zurückgegangen – auf nunmehr 229.700 Hektar. Für LKÖ-Präsident Moosbrugger sind vor allem schwierige klimatische Bedingungen zum Herbstanbau 2024 sowie verstärkte Schädlingsprobleme zentrale Gründe: „Auch wenn unsere Ackerbaubetriebe besser ausgebildet sind und professioneller wirtschaften als je zuvor, ist das Sprichwort ‘Was man sät, das erntet man’ längst einem Zustand verstärkter Unsicherheit gewichen.“

Die aktuell erwartete Getreideerntemenge liegt mit 2,89 Millionen Tonnen rund zwei Prozent unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre – mit offenem Ausgang: „Das könnte sich angesichts der Hitzewelle noch verringern. Außerdem wäre trockenes Erntewetter wichtig, um das Getreide mit guten Backqualitäten einbringen zu können“, so Moosbrugger.

Rückläufig ist auch der Anbau von Raps. „Seit 2013 ist die Fläche von 60.000 auf 20.000 Hektar gefallen. Schädlingsdruck und fehlende Pflanzenschutzmittel machen den Anbau zunehmend unrentabel.“ Auch die Sojaflächen nehmen seit dem Hoch im Jahr 2022 wieder ab, insbesondere in trockenen Regionen. Positiver Trend: Der Markt für Sonnenblumen entwickelt sich „dynamisch“ – hier wurden die Flächen zuletzt deutlich ausgeweitet.

„Die Landwirtschaft steht vor einer durchaus herausfordernden Situation: klimatisch, politisch, finanziell, aber auch insbesondere punkto Märkte. Europa und insbesondere Österreich müssen handeln, nicht nur im Sinne unserer Betriebe, sondern insbesondere im Sinne der Versorgungssicherheit in Österreich und Europa“, so Moosbrugger.

Hitze drückt die Ertragserwartung

Nach einem soliden Vegetationsverlauf im Frühjahr belasten Hitze und Trockenheit seit Mitte Juni zunehmend die Ertragserwartungen. Zuvor hatten sich die Bestände trotz später Aussaat und unterdurchschnittlicher Niederschläge gut entwickelt. Auch Mais und Soja kämpften mit Schädlings- und Aufgangsproblemen. „Die sich seit Mitte Juni zuspitzende Hitze- und Trockenperiode lässt die Ertragsprognose allerdings sinken“, so Präsident Schmuckenschlager.

Außerhalb des Getreidebereichs gab es leider auch Herausforderungen, berichtet der niederösterreichische Kammerchef: „Mais hatte etwa in der Jugendphase Probleme mit dem Drahtwurm, Sojabohnen litten unter Aufgangsschwächen – dennoch sehen wir, wie professionell unsere Bäuerinnen und Bauern mit diesen Herausforderungen umgehen.“

Der Mais profitiert von den Flächenverschiebungen. Die Anbauflächen haben sich heuer teils deutlich verschoben: Während Roggen, Wintergerste und Triticale unter den nassen Herbstbedingungen litten und stark zurückgingen, konnte sich der Weizen leicht erholen. Mais legte hingegen kräftig zu – mit 210.700 Hektar verzeichnet Körnermais den größten Flächenzuwachs und ist nach Weizen die bedeutendste Kultur. „Neben günstigen Marktbedingungen kommt dem Mais zugute, dass er mit wärmeren Bedingungen grundsätzlich besser zurechtkommt“, so LKÖ-Pflanzenbau-Ausschuss-Vorsitzender Berlakovich.

Moosbrugger fordert ideale Rahmenbedingungen

LKÖ-Präsident Moosbrugger betont, dass Österreichs Ackerbaubetriebe für die Zukunft vor allem „geeignete Maßnahmen, ausreichende Mittel und faire Märkte“ brauchen. Dazu zählen eine starke EU-Agrarpolitik mit weniger Bürokratie, ein zweckgebundenes und gut dotiertes Agrarbudget, funktionierende Versicherungen, Agrardiesel sowie der Zugang zu effektiven Betriebsmitteln und Pflanzenschutz. Auch die internationale Marktbeobachtung sei entscheidend: „Der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung beginnt am Feld – durch Schutz unserer Ernten“, so Moosbrugger.

Zu den erwartbaren Getreidepreisen wollten sich die drei Interessenvertreter übrigens nicht äußern. Eine Prognose wäre zum jetzigen Zeitpunkt „nicht seriös“.

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  • Gerste Ernte 10 ID30699: agrarfoto.com
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AUTORJohannes Stift
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