Umweltgerechter und effizienter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln

Großes Interesse der Teilnehmer. Foto: ÖKL

Mit insgesamt etwa 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern fand das ÖKL-Seminar zum Thema Mischbarkeit, umweltgerechter und effizienter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln am 13.2. am Francisco Josephinum in Wieselburg und am 14.2. an der Gartenbauschule in Ritzlhof gut besucht statt. Beide Schulen konnten durch ihre landwirtschaftliche Ausrichtung eine perfekte Infrastruktur für dieses Seminar bieten.

Ökotoxikologie und Risikobewertung

Zur Eröffnung wurde durch die AGES das Thema der Ökotoxikologie und Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln angesprochen. Zur Risikoeinschätzung bei der Anwendung von PSM werden von der AGES die verträglichen Umweltkonzentrationen genau ermittelt. Dazu werden Stoffeigenschaften untersucht, Studien mit Wirkstoffen & Metaboliten und entsprechende Modellierungen erstellt. Dabei überprüfen und beurteilen die zuständigen Wissenschaftler bei allen PSM deren Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere, Insekten und Bodenorganismen. Denn auch wenn man bei Pflanzenschutzmaßnahmen den gewünschten Effekt bei Schädlingen und Beikräutern erreicht, so kann man durch falsche Handhabung auch Schäden an Nützlingen wie Bodenwürmern, Springschwänzen oder etwa Bienen verursachen. Dabei werden nicht nur die Wirkstoffe in den vertriebenen Formen als Suspension oder Granulat untersucht, sondern auch ihre Abbauprodukte auf schädliche Auswirkungen auf Boden, Wasser, Pflanzen und Tiere geprüft. Darüber hinaus können Wirkstoffe zwar einzeln ohne Bedenken ausgebracht werden, in Kombination mit bestimmten Mischungspartnern aber toxische Wirkungen entfalten. Schädlich können nicht nur die Maßnahmen sein, die unmittelbar im stehenden Bestand durchgeführt werden. Auch Beizmittel können bei der Aussaat einen erheblichen Schaden in der Nützlingspopulation anrichten. In Deutschland kam es zum Beispiel vermutlich durch den Abrieb von Neonicotinoid-Beizmitteln zu großen Schäden an Bienenbeständen. Der Aussaatzeitpunkt traf dabei genau auf die Rapsblüte und abdriftmindernde Maßnahmen waren noch nicht umgesetzt.

Informationen zu Anwendungsempfehlungen von PSM, Auflagen und Hinweise finden sich im Pflanzenschutzmittelregister der AGES (http://pmg.ages.at). Grundsätzlich gilt es natürlich, Bestimmungen und Auflagen zum Umwelt- und Artenschutz zu folgen. So sind abdriftmindernde Maßnahmen und Abstände zu angrenzenden Gewässern unbedingt einzuhalten!

Auf Schutzausrüstung nicht vergessen

Hans-Werner Heidemann der DEULA Nienburg führte durch den restlichen Teil des Tages und wies ausdrücklich auf die Wichtigkeit der Verwendung von Schutzkleidung hin. Kontaminationen werden meist wegen der nicht unmittelbaren Folgen zu wenig ernst genommen. Doch die Auswirkungen des Kontakts mit Chemikalien dürfen nicht unterschätzt werden! Deshalb empfiehlt er, angemessene Schutzkleidung zu tragen (Vollschürze oder Overall, chemiefeste Handschuhe, Schutzbrille)! Sicherheitsvorrichtungen an der Einspülschleuse verringern den direkten Kontakt mit den PSM und somit das Kontaminationspotenzial.

Technik muss passen

Bei der Ausbringung von PSM ist ein einwandfreier Zustand der Technik wichtig! Nicht festsitzende Schrauben und ausgeleierte Gestänge können durch vertikale und horizontale Schwingungen erhebliche Schwankungen in der Wirkstoffkonzentration verursachen. Vor allem durch die Vor- und Rückbewegung des Spritzgestänges entsteht beim Stillstand eine massive punktuelle Überkonzentration. Die Konzentrationen können dabei 70-1000l/ha betragen. Eine Reduktion der Fahrgeschwindigkeit muss aber nicht unbedingt eine Reduktion der Schwingungen bedeuten, im Gegenteil: durch die niedrige Geschwindigkeit werden sogar mehr Schwingungen übertragen. Der Vorschlag des Experten: das Anbringen von Ketten an das Spritzgestänge, da die Ketten bei Schwingungen rasseln. Je leiser das Rasseln wird, desto näher ist man an der optimalen Geschwindigkeit.

Witterung und Ausbringungszeitpunkt

Quelle: ÖKL
Injektordüsen – hier nur mit Wasser ohne Pflanzenschutzmittel betrieben – erzeugen durch Unterdruck eine Tropfenform, die weniger von Abdrift betroffen ist und dennoch einen guten Benetzungsgrad erreicht. Foto: ÖKL

Der Ausbringungszeitpunkt will genau gewählt werden und wird von einigen natürlichen Faktoren beeinflusst. Wind führt etwa schon bei Geschwindigkeiten von 3-5 m/s zur Abdrift und damit zum Austrag in andere Kulturen oder Ökosysteme. Können bei niedrigen Windgeschwindigkeiten noch abdriftmindernde Maßnahmen gesetzt werden, zeigen diese bei höheren Geschwindigkeiten keine Wirkung mehr. Daher kein PSM-Einsatz bei starkem Wind! Auch Mesurol-gebeiztes Saatgut dürfe bei 5 m/s nicht mehr ausgebracht werden. Ebenso spielt die Thermik eine entscheidende Rolle dabei, ob das PSM auch wirklich in ausreichender Menge an der Kulturpflanze ankommt. Bei hoher Strahlung zu Mittag etwa werden feine Tropfen durch die Thermik in Schwebe gehalten und können über weite Strecken verlagert werden. Daher sind Zeitpunkte zu wählen, an denen die Strahlungsintensität nicht zu hoch ist (z. B. später Nachmittag). Eine gute Tröpfchenverteilung ist essenziell für die Wirksamkeit und Treffsicherheit der PSM. Sie sichert die gleichmäßige Benetzung der Pflanzen.

Tröpfchengröße und Düsenauswahl

 

Während zu große Tropfen vom Blatt abrollen und ihre Wirkung verloren geht, werden aber zu feine Tropfen in der Luft verlagert. Als Grundregel gilt: feine Tropfen bei Kontaktmitteln (hier gilt es, die Pflanze ganz zu benetzen) und mittlere bis größere Tropfen bei systemischen Mitteln. Durch zu hohe Fahrgeschwindigkeiten und Gestängehöhe erhöht sich die Abdrift auch erheblich. Feine Tropfen können bei zu großem Abstand des Spritzgestänges zum Bestand bis zu 50 m verlagert werden. Die Wahl des Einsatzzeitpunktes, der Gestängehöhe (ca. 60 cm über der Oberfläche) und des notwendigen Tröpfchenspektrums ist daher sehr wichtig! Der Auswahl der Düsen kommt über das Tröpfchenspektrum hinaus zusätzliche Bedeutung zu. Um die Pflanze in und gegen die Fahrtrichtung bei höheren Geschwindigkeiten gleichmäßig zu benetzen, sind Düsen mit entsprechenden Neigungswinkeln zu wählen. Bei Randfahrten sind entsprechende Randdüsen zu benutzen, um eine ausreichende Wirkstoffmenge auch am Bestandesrand und eine Schonung von Nicht-Zielflächen zu gewährleisten. So können Resistenzbildungen am Feldrand verhindert und höhere Kosten bzw. Ertragsverluste vermieden werden!

Reinigung

Quelle: ÖKL
Für die Düsenreinigung eignet sich ein Ultraschallreiniger optimal. Foto: ÖKL

Nach der PSM-Anwendung kommt es auf eine sachgemäße Reinigung der Spritze an. Oft reichen schon äußerst geringe Rückstände, um in anderen Kulturen erhebliche Schäden anzurichten!

Deshalb müssen die Einspülschleuse, die Spritzdüsen und auch die Außenhülle der Spritze gründlich gereinigt werden. Ungereinigte Spritzen müssen überdacht abgestellt werden. Bei der Außenreinigung ist jedoch darauf zu achten, dass das Reinigungswasser nicht in das Grund- oder Abwasser gelangt!

Interessante Demonstrationen

Quelle: ÖKL
Beim Einsatz von normalen Düsen bei Randfahrten wird auch Wirkstoff in angrenzende Flächen und Gewässer eingetragen. Durch die richtige Installation von Randdüsen kann dieser Effekt verhindert werden. Foto: ÖKL

Am Prüfstand wurden am Nachmittag mehrere Düsen demonstriert. Die Tröpfchenverteilung und Spezifikationen (Spritzwinkel, Drücke) verschiedener Bauarten standen dabei im Mittelpunkt. An einem selbst gebauten Gestänge konnte auch die Tröpfchenverteilung in Fahrt veranschaulicht werden. Mit wassersensitivem Papier wurde ersichtlich, dass ab einer Geschwindigkeit von ca. 8 km/h durch High-Speed Düsen mit entsprechenden Neigungswinkeln eine bessere Benetzung der Pflanzen in und gegen die Fahrtrichtung erreicht werden kann. Für den Einsatz von Randdüsen wurde ein fiktiver Gewässerstreifen in Form einer Papierhandtuchrolle angebracht. Hier war klar ersichtlich, dass der Einsatz von Randdüsen den Eintrag von PSM in Nicht-Zielflächen und Gewässer absolut verhindern und trotzdem noch die gewünschte Wirkstoffmenge am Feldrand garantieren kann. Der Schutz von Gewässern und anderen Nicht-Zielflächen (angrenzende Raine, Wiesen und Felder) muss schon allein aus Imagegründen und Gründen der Umweltgerechtigkeit eingehalten werden!

Wasserqualität und Additive

Die Wasserqualität ist ein wichtiger Faktor bei der PSM-Anwendung (pH-Wert, Oberflächenspannung, Anteil von Eisen und Mangan, Schmutzanteil, Wasserhärte. Die hohe Komplexität der heutigen Wirkstoffe erfordert bewusstes Arbeiten und viel Know-How. Bei Wirkstoffmischungen muss man etwa beachten, dass die jeweiligen PSM unterschiedliche pH-Wert-Bereiche zur optimalen Wirkungsentfaltung benötigen. Zur Fixierung des pH-Wertes hilft die Zugabe von Stabilisatoren. Andere Additive ermöglichen die Reduktion von Wasser oder etwa die schnellere Aufnahme von PSM. Die Verwendung von Additiven will aber gut überlegt sein! Denn das beste Additiv bringt nichts, wenn die Technik und die Anwendung nicht einwandfrei funktionieren bzw. beherrscht werden. Bevor man also zu solchen teuren Maßnahmen greift muss man sich genau überlegen, ob wirklich alle anderen Faktoren ausgereizt sind.

Insgesamt war das Seminar wieder von aktiver Teilnahme, hohem Interesse und hoher Qualität der Vorträge geprägt. Das hat sich vor allem durch Publikumsfragen und rege Diskussionen gezeigt. Auch Neuigkeiten zur Effizienzsteigerung im Technik-Sektor wurden angesprochen und lassen auf eine spannende Zukunft im Pflanzenschutz hoffen.

Das Seminar wurde mit drei Stunden zum Pflanzenschutz-Sachkundeausweis angerechnet.

DI Daniel Fink, ÖKL

 

- Bildquellen -

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