„Tierzucht ist weiblich“

Seit gut zwei Wochen ist Claudia Sackl Obfrau des Schaf- und Ziegenzuchtverbandes. Ihr stehen mit Susanne Ebner-Glantschnig und Sabine Reiter gleich zwei Frauen im Vorstand zur Seite. Was die Bäuerinnen antreibt und welche Pläne sie für ihre Verbandsarbeit haben, erklären sie der BauernZeitung im Interview.

Seit 2019 züchtet Claudia Sackl die als gefährdet eingestuften Krainer Steinschafe. 2022 wurde sie als Rassesprecherin in den Züchterbeirat berufen.

BauernZeitung: Drei Bäuerinnen, die mit der Kleinwiederkäuer-Zucht eine Leidenschaft teilen, bündeln künftig ihre Kräfte. Wie sind Sie auf Schaf und Ziege gekommen?

SACKL: Ein Jahr nach der Matura habe ich den Betrieb meines Onkels gepachtet und dann sechs Jahre lang intensiv überlegt, wie ich die zwölf Hektar an steilen Wiesen bestmöglich nutzen kann. Da passte das Schaf gut. In unserer Region gab es kaum Schafbauern und ich kann alleine mit den Tieren arbeiten, das war für mich eine runde Sache. Als ich das Krainer Steinschaf mit seinen verschiedenen Farbschlägen und dem feinen Körperbau gesehen habe, war klar: Die muss ich haben.

EBNER: Bei mir war das etwas anders. Ich habe seit meiner Kindheit eine Kuhmilchallergie und habe deshalb immer Ziegenmilch ab Hof gekauft. Meine Freunde scherzten immer, sobald ich einen Bauern als Partner habe, bekomme ich eine Ziege. Und zum 30. Geburtstag war es dann so weit. Den Bauern hatte ich schon gefunden und dann stand die Ziege am Hof. Heute haben wir über 100 Milchziegen.

REITER: Mein Vater hat immer schon Schafhaltung betrieben und gab uns von Kindheit an die Möglichkeit, selbst welche zu halten. Damit hat er auch meine Zuchtleidenschaft geweckt. Seit gut zehn Jahren züchten wir schwerpunktmäßig Brillenschafe.

Diese Rasse brachte Sie auch bis zur Jungzüchterolympiade in Paris, richtig?

REITER: Ja, genau. 2023 hatte ich die Möglichkeit, mit meinem Kollegen Marc Schett dort teilzunehmen. Er hat sogar einen Sieg errrungen. Das war eine tolle Erfahrung.

Übergabe nach 29 Jahren
Bei der Generalversammlung des Schaf- und Ziegenzuchtverbandes Mitte Mai in Feldkirchen übergab Hubert Weichsler die Obmannschaft nach exakt 29 Jahren. In den drei Jahrzehnten seiner Amtszeit stieg die Zahl der Mitglieder von 150 Betrieben auf nunmehr knapp 1.000. Weichsler wurde für seine Funktionärstätigkeit mit der LK-Verdienstmedaille in Gold ausgezeichnet. Der neuen Obfrau Claudia Sackl stehen neben Ebner-Glantschnig und Reiter im Vorstand außerdem Stellvertreter Jakob Oberguggenberger sowie Markus Glanzer, Gotthard Ebner, Manuel Selinger, Alexander Krobath und Anton Brencic zur Seite. Neu im Team ist Marius Treffner.

Sich mit der Haltung und Zucht von Schaf und Ziege auseinandersetzen ist das eine, dann im Vorstand aktiv zu werden nochmal etwas anderes. Wie gehen Sie Ihre Funktionärstätigkeit an?

SACKL: Vor der Funktion, vor allem aber vor meinem Vorgänger habe ich größten Respekt. Der Verband ist mit seinen 1.000 Mitgliedern kein kleiner Verein mehr. Ich werde versuchen, es wie Hubert Weichsler zu halten und möglichst viel draußen auf den Betrieben zu sein. Mein Ziel ist es, so viele Verbandsmitglieder wie möglich persönlich kennenzulernen.

EBNER: Als ich gefragt wurde, ob ich mich einbringen möchte, war ich nicht ab-
geneigt, weil wir immer gute Erfahrungen mit dem Zuchtverband gemacht haben. Sie waren stets kompetente Ansprechpartner. Und genau das möchten wir nun auch für die Züchter sein.

REITER: Bereits zuvor war ich in der Körkommission für Brillenschafe aktiv. Als ich angesprochen wurde, habe ich nicht lange überlegen müssen. Als Osttirolerin freut es mich sehr, im Kärntner Vorstand dabei zu sein und ich will stets ein offenes Ohr für die Halter haben.

Besonders an Ihrem Vorstand ist, dass fast die Hälfte der Mitglieder Frauen sind. Sollte das in den Zuchtverbänden Schule machen?

SACKL: Definitiv, ja. Fakt ist: Die praktische Zucht ist auf den Höfen schon jetzt oft in weiblicher Hand. Das sollte sich auch in den Gremien widerspiegeln.

REITER: Das Schöne ist, der Frauenanteil – Stichwort „Frauenpower“ – war vom scheidenden Vorstand, allen voran von Hubert Weichsler, auch gefordert.

Quelle: Pixelworld.at

Welche Schwerpunkte wollen Sie im Zuchtverband setzen? Herausforderungen gibt es für Halter, etwa mit dem Wolf, mehr als genug.

SACKL: Hauptaufgabe vom Zuchtverband ist natürlich die Zucht. Wir haben aber in der LK ein tolles Mitarbeiterteam und werden bei den diversen Themen weiterhin schnellstmöglich Informationen bereitstellen. Das hat auch bisher schon bestens funktioniert. Das Vertrauen der Züchter in ihren Verband hinsichtlich Beratung und Betreuung wollen wir jedenfalls halten.

EBNER: Schaf- und Ziegenhaltung hat Zukunft. Sowohl in der professionellen Produktion als auch zur Selbstversorgung. Mit den Mitarbeitern wollen wir neue Projekte auf den Weg bringen und weiter aufklären.

REITER: Im Mittelpunkt sollen jedenfalls die Tiere, deren Zuchtfortschritt und der Rassenerhalt stehen. Zu den Herausforderungen: Bauern kümmern sich mit viel Liebe und Aufwand um ihre Tiere, oft im Nebenerwerb. Wenn dann der Wolf diese reißt, wie auch bei uns am Betrieb schon zwei Mal, fragen sich viele, wozu sie sich das antun. Auch ihnen wollen wir zur Seite stehen und zeigen, was die kleinen Wiederkäuer für die Gesellschaft leisten.

Wie steht es um die Zukunft der Schaf- und Ziegenhaltung im Land?

SACKL: Da sprechen die stetig steigenden Zahlen für sich. Ich bin überzeugt, Schaf- und Ziegenhaltung ist ein aufstrebendes Segment. Das wird sich auch so schnell nicht ändern. Es gibt keinen Grund mehr, die Halter von Kleinwiederkäuern zu belächeln. Und wer überlegt einzusteigen, dem kann ich nur raten: Ab zur Erstberatung der LK und auf jeden Fall starten. Wir kommen auch gerne am Betrieb vorbei, um offene Fragen zu klären.

Die Betriebe
Claudia Sackl (32) aus Zeltschach führt einen Biobetrieb mit 66 Mutterschafen der Rasse Krainer Steinschaf. Susanne Ebner-Glantschnig (39) betreibt mit ihrem Mann in Obervellach Milchziegenhaltung mit 100 Toggenburgern und Gemsfärbigen Gebirgsziegen. Sabine Reiter (29) hat sich am elterlichen Hof in Anras (Osttirol) der Zucht des Kärntner Brillenschafs (40 Stk.) verschrieben. Auch Jura-Schafe und Tauernschecken-Ziegen laufen mit.

schafe-ziegen-kärnten.at

- Bildquellen -

  • Vorstand: Pixelworld.at
  • Claudia Sackl: Michael Stabentheiner - Kärnten Werbung
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AUTORClemens Wieltsch
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