Streuobstsorte des Jahres 2019: Roter Spenling

Roter Spenling ist die Streuobstsorte des Jahres. Foto: S. Bernkopf Foto:

Streuobstbestände sind vielfältige und unersetzliche Lebensräume in unserer Kulturlandschaft. In den Streuobstgärten wird die traditionelle Obstsortenvielfalt erhalten und sie liefern wertvolles Tafel- und Verarbeitungsobst. Mit der „Streuobstsorte des Jahres“ wird eine Sorte stellvertretend für alle gefährdeten Obstarten ins Rampenlicht gerückt.

 Die Pflaumensorte „Roter Spenling“ ist Botschafter der Vielfalt für 2019

Der “Roter Spenling” gehört zur Pflaumenfamilie der Spenlinge und damit zu den so genannten „Primitivpflaumen“. Als Primitivpflaumen werden Sorten bezeichnet, die den Wildpflaumen noch sehr nahe stehen und bestimmte ursprüngliche Merkmale aufweisen, wie z.B. dass sie aus Wurzelaustrieben oder Kernen weiter vermehrt werden können („wurzel- und kernechte Sorten“).

Der Name Spenling (in Deutschland Spilling, Spendling; in Tschechien spendlik) leitet sich vom lateinischen “spilingum” für Spindel ab. “Spinlingus pawm” nannte man im Mittelalter den Baum der Spindelpflaume, “Spinling” und “Spenling” nannte man damals auch einen sehr mageren (spindeldürren) Menschen.

Bei den Spenlingen handelt es sich um Pflaumensorten, die sehr schmale Früchte mit schmalen, an beiden Enden zugespitzten Fruchtsteinen (= Kerne) haben. In der Literatur sind eine Reihe von Spenlingen/Spillingen beschrieben: Gemeiner Gelber Spilling, Katalonischer Spilling, Doppelter Spilling, Blauer Spilling, Gelber Spilling, Roter Spilling, Gelbroter Spilling etc.

In Österreich kommen heute noch “Gelber Spenling” und “Roter Spenling” vor, wobei die letztere Sorte extrem selten und stark existenzgefährdet ist – einige wenige Bäume gibt es davon noch in Oberösterreich. In Tirol kommt noch ein blau-rot gefärbter „Spänling“ vor, der nicht ident mit dem „Roten Spenling“ ist.

Es ist eine wahre Freude, die hellroten und hellblau bereiften, angenehm duftenden Früchte des “Roten Spenling” an den Bäumen hängen zu sehen und mit allen Sinnen wahrzunehmen. Die eher kleinen Früchte mit gelborangem Fruchtfleisch, sind in der Vollreife saftig, angenehm säuerlichsüß und meist steinlösend und vor allem für die Verarbeitung zu Marmeladen und Edelbränden geeignet. Der „Rote Spenling“ wurde früher auch als Veredelungsunterlage für Tafelpflaumen verwendet.

Die „Streuobstsorte des Jahres“ ist eine Initiative der Arge Streuobst, der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Streuobstbaus und zur Erhaltung obstgenetischer Ressourcen.

Eine ausführliche Beschreibung des Roten Spenling finden Sie unter

www.arge-streuobst.at

Franz Aschauer & Siegfried Bernkopf

Roter Spenling

 

Pomologische Beschreibung

Herkunft: unbekannt; in Österreich sehr selten; nicht identisch mit “Roter Spänling” in Tirol;

Frucht: (Beschreibung nach Fruchtmustern eines ca. 10-jährigen Halbstammbaumes aus Wurzelausläufern, Standort Bad Schallerbach, Oberösterreich)

Größe: klein, 30-33 mm hoch, 23-25 mm breit, 21-24 mm dick; 8-12 g schwer

Form: länglich oval, mittelbauchig, gleichhälftig; Querschnitt rundlich bis breit elliptisch; Stempelpunkt klein, grau, in flachem Grübchen sitzend

Fruchthaut: glatt, dünn, leicht abziehbar, säuerlich, mittelstark duftend, dünn hellblau bereift; Farbe hellrot bis rot; Lentizellen zahlreich, sehr klein, dunkelpurpur, nicht auffällig

Fruchtfleisch: gelborange, mittelfest, saftig bis mäßig saftig, angenehm säuerlichsüß, mittelstark gewürzt; vollreif meist steinlösend; 80-85 °Oechsle (16,4-17,5°KMW);

Fruchtstein: sehr schmal länglichoval, beidseitig zugespitzt

Stielgrube: eng, flach

Stiel: mittellang (22-30 mm), sehr dünn, hellgrünlich

Erntereife: Anfang bis Mitte August; Lagerfähigkeit: im Kühlschrank einige Tage

Verwendung: primär für Küche und Verarbeitung (Destillat, Marmelade etc.)

Baum: Wuchs mittelstark, Krone pyramidal bis hochkugelig; Sommertriebe dunkelviolett und behaart; Blattunterseiten und Blattstiele stark behaart; mehrjährige Triebe teils bedornt;

Krankheitsanfälligkeit gering, scharkatolerant

Dr. Siegfried Bernkopf

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