Wie dürfen wir uns die (Vor-)Weihnachtszeit in Jerusalem vorstellen?
SCHWARZ: Advent und Weihnachten werden hier im Land nur von den Christen gefeiert, das sind 1,5 Prozent der Bevölkerung. Der ganze vorweihnachtliche Rummel bleibt aus. Man muss sich mühen, um ein wenig Weihnachtsstimmung ins Haus zu bringen. Hier dienen uns Arizona-Zypressen als Christbäume. Weihnachten feiern wir dreimal: Am 24. und 25. Dezember feiern Katholiken und Evangelische, am 5. und 6. Jänner die Orthodoxen Kirchen und am 17. und 18. Jänner die Armenier. Die Hauptfeiern sind immer in Bethlehem.
Heuer wurde “30 Jahre Friedenslicht” gefeiert. Wie und wo kann man trotz aller Konflikte im Heiligen Land Frieden spüren?
SCHWARZ: Die Sehnsucht nach Frieden ist groß. Ich getraue mir zu sagen, dass die Mehrheit der Bevölkerung den Frieden herbeisehnt und sich ihn wünscht. Es gibt Bemühungen, in denen Gruppierungen – Moslems, Juden und Christen – versuchen, ins Gespräch zu kommen und gemeinsam nach Möglichkeiten suchen, die dem Frieden dienen. Wir im österreichischen Hospiz geben solchen Begegnungen Raum und Herberge.
Die jährliche Friedenslicht-Reise macht stets auch in Ihrem Haus Station. Welche Bedeutung hat dieser Abend für Ihr Pilgerhaus und für Sie persönlich?
SCHWARZ: Der Empfang anlässlich der Friedenslichtreise mit Landeshauptmann Josef Pühringer an der Spitze ist immer etwas besonderes. Alle im Haus – lokale MitarbeiterInnen und österreichische Volontärinnen und Zivildiener – freuen sich. Für mich persönlich ist das ein sehr schöner heimatlicher Abend, wenn die OberösterreicherInnen auf Besuch kommen. Oft sind auch gute Bekannte dabei. An diesem Abend wird mir so richtig warm ums Herz.
Wie werden Sie den Heiligen Abend verbringen? Gibt es Traditionen, die Sie aus Oberösterreich mitgenommen haben?
SCHWARZ: Den Heiligen Abend werde ich hier im Hospiz feiern, zuerst mit den Volontärinnen und Zivildienern und dann mit den Hausgästen. Um 22 Uhr feiern wir die Christmette in unserer Kapelle, nach einer kleinen Agape ist dann Aufbruch nach Bethlehem. Es gibt hier keine blühenden Barbarazweige, keine Bratwürstel, kein Turmblasen. Aber wir backen Linzer Augen und bereiten Apfelpunsch. Am Heiligen Abend wird ein gefüllter Truthahn mit Semmelknödeln und gedünstetem Blaukraut aufgetischt. Auch pflegen wir den Brauch des Ausräucherns.
Wie oft waren Sie schon in Bethlehem an der Geburtsstelle?
SCHWARZ: Das ist schwer zu sagen. In der Heiligen Nacht nach der Mette gehen wir zu Fuß nach Bethlehem – den Spuren der Hirten folgend. Das ist immer ein tiefes Erlebnis, in einer sternenklaren Nacht nach Bethlehem unterwegs zu sein und dann an der Geburtsstelle das “Stille Nacht, heilige Nacht” zu singen.
Was sind die wichtigsten Erfahrungen, die Sie in den Jahren fern der Heimat gemacht haben?
SCHWARZ: Erfahrung ist etwas, was das Leben reicher, reifer und schöner macht. Da ist einmal im gewöhnlichen Alltag die Begegnung mit den verschiedenen Menschen und Kulturen und Religionen und zu Festzeiten das Mitfeiern an den Heiligen Stätten.
An welche Begegnung denken Sie gern zurück?
SCHWARZ: Ich habe hier im Land Kontakte zu den verschiedenen Ordensgemeinschaften, so auch zu den Franziskaner-Missionarien in Bethlehem. Die Schwestern haben nach der Intifada das eigene Gästehaus in ein Heim für traumatisierte Jungs umgestaltet. Kurz nach der Eröffnung habe ich die Schwestern und die Buben besucht. Traurige Gesichter, schüchterne Buben, die kaum gewagt haben, mich anzuschauen. Nach einiger Zeit war ich wieder dort. Aufgeweckte Buben, leuchtende, strahlende Augen. Ich musste mit ihnen spielen. Unglaublich! An diese Begegnung mit den “verwandelten Jungs” muss ich oft denken.
Vermissen Sie Ihre Heimat und wenn ja, was besonders?
SCHWARZ: Ich denke gern an meine Heimat, aber ich bin auch gerne hier, weil ich der Meinung bin, dass ich hier gebraucht werde. Ich zähle mich zu den glücklichen Menschen, die dort daheim sind, wo sie gerade sind.