Schild kann Ersitzung des Gehrechts verhindern

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Mag. Wolfgang Raab, Bauernbundjurist, Linz ©ZVG
Mag. Wolfgang Raab, Bauernbundjurist, Linz ©ZVG
Immer wieder kommt es zu strittigen Situationen im Zusammenhang mit langjährig genützten Wegen. Meist handelt es sich um über Generationen überlieferte Nutzungen, ohne dass irgendetwas schriftlich geregelt wäre.

Solange sich alle Beteiligten an diesen stillschweigenden Konsens halten, ist alles in Ordnung. Kompliziert wird es dann, wenn plötzlich die Meinungen auseinandergehen. So auch im folgenden Fall, der bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) durchgefochten wurde: Es geht um einen privaten Weg, dessen Eigentümer Nachbar einer Hotelanlage ist. Der Weg wurde seit 1960 auch von Gästen als Zugang zum Hotel benutzt. Zumindest seit 1962 sind am jeweiligen Beginn des Weges Hinweisschilder mit dem Wortlaut “Auf Widerruf freiwillig gestatteter Durchgang” angebracht. 2013 versperrte der Grundeigentümer den Zugang zum Hotel mit Toren. Die Hotelpächter klagten auf Feststellung eines Gehrechts. Sie begründeten ihre Klage damit, dass nur der Durchgang, nicht aber der Zugang verboten sei und somit aufgrund mehr als 30-jähriger gutgläubiger Ausübung ein Gehrecht durch Ersitzung entstanden sei. Dem schlieöt sich der OGH nicht an: Die für eine Ersitzung geforderte Redlichkeit fällt weg, wenn der Ersitzungsgegner die Benutzung des Weges von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht hat. So ergebe sich aus einer Hinweistafel mit der (oder einer inhaltsgleichen) Aufschrift “Durchgang bis auf Widerruf gestattet”, dass die Nutzungsbefugnis ermöglicht wurde, nicht aber die Begründung eines Rechts des dadurch Begünstigten. Maögeblich bei dieser Beurteilung ist, ob ein durchschnittlicher Bürger die in seiner Handlung liegende Rechtsverletzung erkennen hätte können. Im Anlassfall hätten nach Meinung der Höchstrichter die Wegbenutzer durch die Hinweistafeln “Auf Widerruf freiwillig gestatteter Durchgang” unschwer erkennen können, dass sie – abgesehen von der durch den Eigentümer des Weges bis auf Widerruf eingeräumten Befugnis – kein Recht hatten, den Weg zu benutzen. Jedenfalls mussten ihnen Zweifel kommen. Damit seien die Benutzer des Weges, auch wenn sie diesen nicht als “Durchgang”, sondern nur als “Zugang” benutzt haben, um zum Seiteneingang des Hotels zu gelangen, bereits seit 1962 unredlich und die Ersitzung seit diesem Zeitpunkt unterbrochen. Zusammenfassung: Die Anbringung von Verbots-/Hinweisschildern kann die Ersitzung von Geh- und Fahrtrechten wirksam verhindern. Zur Vermeidung von Unklarheiten sind eindeutige Formulierungen zu empfehlen, wie z. B. “Privatweg – Benutzung auf eigene Gefahr bis auf Widerruf gestattet” oder “Privatweg – Benutzung verboten”. OGH vom 28. 10. 2015, 9Ob57/

Mag. Wolfgang Raab, Bauernbundjurist, Linz
E-Mail: raab@oebauernbund.at

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