Rücksichtsvoll durch die verschneite Natur

Für Wildtiere ist der Winter eine harte Zeit. Die Jägerschaft bittet die Bevölkerung um Rücksichtnahme bei Aktivitäten in der Natur.

Wildtiere sind gut an den Winter angepasst. Doch in der Kulturlandschaft spielt der Mensch eine entscheidende Rolle, denn Ruhe ist Voraussetzung dafür, dass diese Anpassungen dem Wild auch helfen.

Die heimischen Wildtiere wie Rehe und Hirsche, aber auch Hasen und Fasane sind grundsätzlich von Natur aus gut an die kalte Jahreszeit angepasst. Sie haben ein schützendes Fell oder Federkleid und fressen sich Fettreserven für frostige Tage und klirrend kalte Nächte an. Dennoch kann der Winter für sie eine harte Zeit sein.

Fütterung: Gezielte Lenkung von Wildtieren

Die Felder und Wiesen sind abgeerntet und das Futter damit knapp geworden. Es gilt zur Ruhe zu kommen und auf körpereigene Reserven zurückzugreifen. Für das heimische Wild bedeutet das, dass es sich in den Wald zurückziehen muss, wo es in sogenannten „Einständen“ Nahrung und Deckung findet. „Mit einer artge­rechten Wildtierfütterung bietet die Jägerschaft eine wichtige Unterstützung. Dabei geht es neben dem jagdlichen Tierschutzgedanken auch um die gezielte Lenkung von Wildtieren zur Vermeidung von Wildschäden. Manche Menschen meinen zwar, es sei unnötig zu füttern, da die Wildtiere an den Winter angepasst seien, doch leben wir in einer intensiven Kulturlandschaft. Leider können die Ruhebedürfnisse der Wildtiere durch die vielfältige menschliche Nutzung nicht mehr erfüllt werden. Das macht somit einen Unterschied“, erklärt Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner. Um dem Wild mehr Lebensraum außerhalb des Waldes zu bieten, werden von der Bauern- und Jägerschaft zudem Begrünungsflächen und Wildäcker angelegt.

Fütterung bedeutet auch gezielte Lenkung von Wildtieren zur Vermeidung von Wildschäden. Herbert Sieghartsleitner

Wildtiere brauchen Ruhe in ihrem „Wohnzimmer“

„Die Natur und somit der Lebensraum der Wildtiere werden von uns Menschen immer mehr genutzt. Dadurch werden aber auch die Ruhebereiche der Tiere immer kleiner, ohne dass dies den meisten Menschen bewusst ist“, so Sieghartsleitner. Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit benötigen die Wildtiere jedoch Ruhe in ihrem „Wohnzimmer“.

Die Bereiche, wo Ruhe besonders wichtig ist, sind beispielsweise Fütterungen für Rehe und Hirsche sowie Gebiete, wo Tiere wie Hasen und Fasane ihre natürlichen Nahrungsquellen aufsuchen. Gerade in den Wintermonaten ist es wichtig, dass die Tiere nicht gestört werden, um so ihre Energiereserven bestmöglich einsetzen zu können.

Quelle: oöljv
Ein Feldhase vertraut im Winterversteck auf seine Tarnung. Für Hunde, die nicht angeleint sind, dennoch leicht zu finden.

Todesgefahr bei Schnee und Minusgraden

Viele der heimischen Tiere sind „Energiesparer“. Sie drosseln ihre Körpertemperatur, ihren Herzschlag und ihre Atmung. Bei frostigen Verhältnissen kommt es durchaus vor, dass Rotwild oder auch andere größere Wildarten täglich für einige Stunden in eine temporäre Kältestarre verfallen, um den Energieverbrauch noch weiter zu reduzieren. „Wenn ein Tier, also eine Hirschkuh, oder ein Hirsch in dieser Starre sind, ist eine Störung extrem belastend. Die Tiere flüchten noch halb klamm und müssen die Beine energetisch aufwändig vermehrt durchbluten“, berichtet Sieghartsleitner.

Gefährlich für die Tiere wird es also dann, wenn sie hochschrecken und innerhalb weniger Sekunden ihren Stoffwechsel hochfahren müssen. Dies wirkt sich besonders negativ aus und kann im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen. Jede Flucht oder jedes aktive Verstecken greift die Energiereserven der Tiere an und steigert den Nahrungsbedarf. „Nicht selten haben die Tiere in unserer Kulturlandschaft Todesangst. Vor allem weil sie ein viel besseres Gehör und einen ungemeinen Geruchsinn haben als wir Menschen. Und diese Stresssituation kostet die Tiere enorm viel an Energie“, erläutert Christopher Böck, Wildbiologe und Geschäftsführer des OÖ. Landesjagdverbandes. Muss ein Reh, das hierzulande flächendeckend vorkommt, durch hohe Schneemassen flüchten, verbraucht es bis zu 15-mal so viel Energie wie im Normalzustand. „Jede Störung durch uns Menschen vertreibt die Tiere von ordentlichen Fütterungen und zwingt diese, sich anderswo Futter zu suchen, meistens in Form von Baumwipfeln oder Baumrinde. Dadurch entstehen nicht selten gravierende Wildschäden am Wald“, erklärt Böck.

Hunde gehören an die Leine

Ein heikles Thema seien auch immer wieder Hunde bzw. deren Besitzer, die sich zu wenig umschauen und der vierbeinige Liebling dann Wildtiere hetzt. „Dass dies keine Absicht der Hundebesitzer ist, glauben wir schon“, so Sieghartsleitner. „Doch leider kommt es immer wieder zu Dramen in der Natur, wenn Rehe oder Hasen schwer verletzt oder sogar getötet werden.“ Der Appell gehe eindeutig dazu, dem Hund zwar Freiheiten zu geben, aber in diesen sensiblen Bereichen auf jeden Fall die Leine einzusetzen.

Jägerschaft bittet um Rücksichtnahme

„Wir Jägerinnen und Jäger bitten daher alle Naturliebhaber während der Wintermonate besonders auf die Ruhe- und Rückzugsbereiche der Wildtiere zu achten und diese nach Möglichkeit zu meiden. Wenn Nahrung und Verstecke knapp werden, können Aktivitäten wie Nordic-Walking, Skitouren, Langlaufen und Schneeschuhwandern
diese Situation verschlechtern. Durch Rücksichtnahme, überlegtes Handeln und Bewusstseinsbildung können negative Auswirkungen auf Wildtiere und deren Lebensraum vermieden bzw. verringert werden“, so der Landesjägermeister.

- Bildquellen -

  • PA Rücksichtnahme Sichert Überleben Von Wildtieren Feldhase: oöljv
  • Winterliche Freizeitaktivitäten Rehe: oöljv
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AUTORThomas Mursch-Edlmayr
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