Darauf haben sich die Vertreter der neuen Dreierkoalitionsregierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS geeinigt. Und das wenige Tage vor Torschluss. Ohne die bis Juni dieses Jahres vom VfGH verlangte Gesetzesreparatur wäre das Verbot bereits in dreieinhalb Wochen in Kraft getreten. Die SPÖ wollte kürzere Fristen, die Bauernvertreter der ÖVP lehnten solche vor allem aus Gründen der Wirtschaftlichkeit der Produktion im Vergleich zur international industrialisierten Schweinemast, weit entfernt von Österreichs bisherigen Standards, ab.
Ausnahmen für Ställe aus 2018 bis 2022
Die lange auf die lange Bank geschobene Novellierung des Tierschutzgesetzes kommt für viele der rund 24.000 Schweinehalter in Österreich gerade noch rechtzeitig. Ihnen bleiben nun neun Jahre, um die Ställe zu adaptieren. Zudem erhalten Betriebe, die zwischen Juni 2018 und Dezember 2022 noch einen Stall mit Vollspaltenböden errichtet haben, für die Adaptierung ihrer Ställe 16 Jahre Übergangszeit. Wurde also 2022 noch ein Stall nach dem damals gültigen gesetzlichen Mindeststandard errichtet, darf dieser noch bis 2038 genutzt werden. Betreffen soll das laut Regierungsangaben rund 170 Schweinebauern im Land. Um die sogenannte „Härtefallregelung“ in Anspruch zu nehmen, ist eine Meldung bis Ende 2027 notwendig. Neubauten mit Buchten ohne Funktionsbereiche sind bekanntlich bereits seit 1. Jänner 2023 untersagt.
Neuer Mindeststandard ab 2029
Ab 1. Juni 2029 gelten zudem weitere Tierwohl-Auflagen, wie geringere Besatzdichten (0,8 statt 0,7 Quadratmeter Platz pro schlachtreifem, also ausgewachsenem Mastschwein) oder organisches Beschäftigungsmaterial in den Schweinebuchten. Nicht verpflichtend soll weiterhin die Einstreu von Stroh sein. Der Start der „Gruppenhaltung neu“ wurde bewusst auf diesen Termin gelegt, da bis Ende 2026 die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Innovationen für bestehende Aufzucht- und Mastställe für Schweine in Österreich“ (IBeST+) vorliegen sollen. Parallel werde man an unterstützenden Investitionsförderungen aus GAP-Mitteln arbeiten. 2027 will die Regierung all das einer fachlichen Begutachtung unterziehen, um schließlich Details zu den neuen Vorgaben samt „ausreichend langer Übergangsfristen“ vorlegen zu können, teilt man mit.
Beschluss nächste Woche
Am Freitag soll die Novelle im Parlament den Gesundheitsausschuss passieren, nächste Woche das Plenum des Nationalrats. Tierschützervereine wie Vier Pfoten oder der VGT üben weiterhin Kritik an den Haltungsstandards von Schweinen in Österreich. ÖVP-Agrarsprecher und Bauernbund-Präsident Georg Strasser kontert: „Die heimische Schweinehaltung ist bereit zur Weiterentwicklung. Unsere Bäuerinnen und Bauern stellen sich neuen Anforderungen – vorausgesetzt, es gibt verlässliche Rahmenbedingungen.“
LK-Österreich-Präsident Josef Moosbrugger ergänzt: „Tierhaltungs-Abschaffungsorganisationen und Vereinen gegen jegliche Tierhaltung werden wir es ohnehin nie recht machen können.“ Der vorliegende Gesetzesentwurf wurde demnach „unter Einbeziehung der gesamten Branche“ erarbeitet, wiewohl Moosbrugger anmerkt, dass der gefundene Kompromiss „Schmerzen verursacht“. Nachsatz: „Vor allem bei bestehenden Betrieben, die in den letzten Jahren meist mehrere hunderttausend Euro in Ställe nach bisherigem Standard investiert haben.“ Immerhin: Weitere gesetzliche Änderungen zur Haltungsform sind dem Vernehmen nach in den nächsten Jahren nämlich nicht geplant.
Tierwohl „keine Einbahnstraße“
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig sieht in der Neuregelung übrigens „einen tragfähigen und verfassungskonformen Kompromiss“. „Damit ermöglichen wir eine praxistaugliche Weiterentwicklung in der Schweinehaltung und ermöglichen umsetzbare Investitionen“, so Totschnig. Auch die in der Regierung für Tierschutz zuständige Gesundheitsstaatsekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig zeigt sich erleichtert: „Ich bin sehr froh, dass uns das ohne große Aufregung und im konstruktiven Miteinander gelungen ist.“
Bauernbund-Präsident Strasser nimmt indes die gesamte Gesellschaft in die Pflicht: „Wer mehr Tierwohl fordert, muss auch bereit sein, heimisches Fleisch bewusst zu kaufen.” Tierwohl sei „keine Einbahnstraße“, sondern ein Fall für die gesamte Wertschöpfungskette, vom Handel bis zu den Konsumenten. „Nur wenn Wertschätzung und Nachfrage zusammenkommen, kann echte Weiterentwicklung gelingen“, ist der VP-Agrarsprecher überzeugt.
Aktualisiert am 08.05. um 13:30 Uhr
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- Schwein auf Spalten: agrarfoto.com