Neuer EU-Agrarkommissar besuchte von Änderungen der Weide-Regeln betroffenen Bio-Bauernhof im Burgenland

EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski. Foto: European Union 2019 - Source : EP/Jean-Christophe VERHAEGEN

Der erst seit kurzem im Amt befindliche EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski hat gestern auf Einladung Österreichs den Bio-Bauernhof der Familie Pölz in Lackendorf im Burgenland besucht. Dabei hatte der Kommissar die Gelegenheit, sich selbst ein Bild von der Situation zu machen, mit der viele tierhaltende Bio-Betriebe in Österreich durch die von der EU-Kommission getätigte Interpretation der EU-Bio-Verordnung im Bereich der Weide-Regelung derzeit konfrontiert sind.

Der Betrieb der Familie Pölz wird seit dem Jahr 1980 biologisch bewirtschaftet und ist damit einer der Bio-Pionierbetriebe in Österreich. 165 Rinder, davon etwa 70 Milchkühe, werden am Hof gehalten.

Weide-Vorgaben stellen Biohof vor enorme Herausforderungen

Seit Bekanntwerden der neuen Anforderungen durch die Interpretation der Weide-Regelung durch die EU-Kommission überlegt und plant die Familie, allen voran Jungbäuerin Margot Pölz, wie sie diese in der Praxis umsetzen kann. Doch das ist aufgrund der betrieblichen Gegebenheiten mit den größten Schwierigkeiten verbunden. Denn die rund 120 Hektar Ackerfläche und 17 Hektar Grünfläche des Betriebs sind auf 145 Feldstücken in einem Umkreis von 15 Kilometer verstreut. Rund 45 Minuten dauert es, um mit dem Traktor auf die am weitesten entfernten Flächen zu gelangen.

Die wenigen direkt an den Stall angrenzenden Flächen des in Ortslage befindlichen Bauernhofes stehen dem Betrieb nur teilweise selbst zur Nutzung frei und sind zu klein, um alle Tiere zu weiden. Andere Flächen sind durch Bundesstraßen vom Betrieb getrennt. Der überwiegende Teil der Flächen ist zudem von 44 unterschiedlichen Eigentümern gepachtet. Eine Umwandlung von Ackerland in Weidefläche ist allerdings nicht ohne Genehmigung der jeweiligen Eigentümer möglich. Die meisten Verpächter lehnen jedoch eine Umwandlung ab.

Individuelle betriebliche Situation berücksichtigen

Anhand dieses Bauernhofes ist gut ersichtlich, dass es ganz wichtig ist, die jeweilige betriebliche Situation bei gesetzlichen Regelungen zu berücksichtigen. Denn jeder Betrieb ist anders strukturiert und hat andere Rahmenbedingungen. Man kann nicht alle Betriebe über einen Kamm scheren. Das haben wir heute auch gegenüber EU-Kommissar Wojciechowski betont, der sich vor Ort sehr interessiert und beeindruckt vom Engagement der Familie Pölz gezeigt hat, sagte Gertraud Grabmann, Obfrau von BIO AUSTRIA, anlässlich des Betriebs-Besuchs. Mit Janusz Wojciechowski gibt es einen neuen Zuständigen in der Kommission. Jetzt gilt es, die nächsten Monate intensiv für das Finden einer gangbaren Lösung zu nutzen. Ich bin zuversichtlich, dass das noch gelingen kann“, betonte Grabmann.

Scheitern bedeutet dramatische Konsequenzen für Bauernfamilien

Auch für die Biobauern-Familie Pölz, die bio seit jeher und in dritter Generation aus Überzeugung betreibt, kommt Aufgeben nicht in Frage. Bis zum Beginn der Weide-Saison 2020 im April oder Mai hat die Familie noch Zeit, die Umsetzung der neuen Vorgaben zu planen. Der psychische Druck für alle Beteiligten ist freilich sehr groß. Niemand in der Familie will daran denken, was die Alternative wäre, falls es nicht gelingen sollte. Denn dann müsste die Herde drastisch verkleinert werden. Eine Maßnahme, die vor allem für Margot Pölz unvorstellbar ist, sind doch die Tiere und das Herden-Management ein Herzensanliegen für sie, wie die Jungbäuerin sagt.

Quelle: Bio Austria

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