Die Verjüngung des Waldes ist eine zentrale Aufgabe des Waldbaus. Mit der Verjüngung erfolgt eine “Weichenstellung” für zukünftige Bestandesgenerationen. Ob dies auf natürlichem (Naturverjüngung, Ansamung der vorhandenen Mutterbäume, Überhälter) oder auf künstlichem (Kultur) Weg geschieht, liegt in der Entscheidungskompetenz des Grundeigentümers und hängt von den prinzipiellen Rahmenbedingungen ab. Jede Verjüngungsvariante hat ihre Vorteile. Jedenfalls wird über die Verjüngung aber die Weichenstellung für die Zukunft des Waldbestandes vorgenommen. Dementsprechend intensiv sollte sich der Waldbesitzer mit den Zielsetzungen seiner Verjüngungsmaßnahmen auseinandersetzen und nötigenfalls Beratung in Anspruch nehmen.
Chance Naturverjüngung
“Die Naturverjüngung beim Schopfe packen, aber sie nicht bei den Haaren herbeiziehen!”, das war der Leitspruch des legendären Waldbauprofessors an der Universität für Bodenkultur in Wien, Dr. Hannes Mayer. Wo die Naturverjüngung problemlos ankommt, wäre es unsinnig, diese nicht zu nützen. Der große Vorteil der Naturverjüngung ist, dass sie – im Gegensatz zur Kultur – keine Kosten verursacht. Durch den Samenabfall der Mutterbäume wächst die nächste Baumgeneration ungestört – speziell im Hinblick auf die Wurzelentwicklung – und mehr oder weniger geschützt von den Mutterbäumen auf. Wichtige Voraussetzung: die Qualität der Mutterbäume muss entsprechend sein, und die vorhandenen Baumarten müssen in das generelle waldbauliche Konzept passen.
Baumartenmischung
Viel Erfahrung beim Prozess der natürlichen Verjüngung erfordert die Beeinflussung der Baumartenmischung. Schattbaumarten (Rotbuche, Tanne) verjüngen sich bereits bei geringen Belichtungsgraden unter Altbeständen, während Halbschattbaumarten (Fichte, Bergahorn) oder Lichtbaumarten (Lärche, Esche, Eiche) größere Lücken im Kronendach benötigen, um erfolgreich ansamen zu können. Durch unterschiedlich starke Vorlichtungsgrade im Altbestand kann es jedoch sehr einfach sein, die Kombination Schattbaumarten/Lichtbaumarten zu beeinflussen. Die Lücken im Kronendach müssen allerdings dem Verjüngungsfortschritt angepasst werden. Zu starke Belichtung im Bestand (beispielsweise auf südseitigen Hängen) kann zu einer überstarken Vergrasung des Bestandesbodens führen, was wiederum die Etablierung der Verjüngung bremst oder verhindert.Für die beschleunigte Einleitung der Naturverjüngung ist bei der Holzernte im Schleppergelände die Rückung über Bodenzug empfehlenswert. Durch Bodenzug der anfallenden Sortimente wird die oberflächliche Humusauflage abgezogen und der Mineralboden als optimales Keimbett freigelegt. Speziell Rohbodenkeimern wird es dadurch leichter gemacht, sich zu verjüngen. Speziell in Samen- und Vollmastjahren – man erkennt solche Jahre an starkem Blühverhalten der Bäume und reicher Zapfentracht – ist eine solche Vorgehensweise empfehlenswert und zielführend.
Gefahr der Ernteschäden
Besondere Rücksicht ist bei der Holzernte auf den verbleibenden Bestand und die bereits vorhandenen Verjüngungskerne zu legen. Sowohl die Fällung als auch die Rückung bedarf einer genauen räumlichen Ordnung hinsichtlich Fäll- und Rückerichtung sowie der Richtung des Arbeitsfortschritts. Prinzipiell kann gelten: immer entgegen der Hauptwindrichtung arbeiten! Schäden an der Naturverjüngung sind meistens nicht zu vermeiden, jedoch muss bei den Eingriffen eine möglichst schonende Erntemethode gewählt werden. Ein Befahren des Bestands darf nur über vorher festgelegte Rückgassen erfolgen, im Seilgelände sollte unbedingt im Sortimentsverfahren geerntet werden.
Stammzahlhaltung
Die normalerweise sehr hohe Stammzahl in Naturverjüngungsbereichen wirkt für die Einzelbäumchen stark erziehend und führt zu einer guten natürlichen Astreinigung sowie einer qualifizierten Motivation zum Höhenwachstum. Zu beachten ist allerdings, dass aufgrund einer zu hohen Stammzahl nicht die Stabilität der Individuen verloren geht. Sollte sich die natürliche Differenzierung durch Konkurrenz in einem nur unzureichenden Ausmaß einstellen, ist auf manuellem Wege einzugreifen, um die Stammzahl zu reduzieren. “Je früher, desto besser”, muss hier die Devise lauten. Bei überdichten Naturverjüngungskernen, bei denen keine natürliche Differenzierung zu erwarten ist – beispielsweise durch Verlust des Altholzschirmes durch Sturmkatastrophen – sollte bereits in Kniehöhe eine Auflockerung und Stammzahlreduktion erfolgen.
Verschiedene Verfahren
Als die gängigsten Naturverjüngungsverfahren zu nennen sind:
• der Saumschlag,
• der Femelschlag,
• der Schirmschlag sowie
• einzelstammweise, plenterartige Verfahren.
Welches Verfahren zielführend ist, hängt von verschiedensten Faktoren ab, speziell aber von der Geländeausformung. Je steiler das Gelände, desto eher haben flächige Verfahren ihre Berechtigung, je eher schlepperfähige Geländeausformungen zu finden sind, desto eher kann auf einzelstammweise Verfahren gesetzt werden.
Problem Kahlschlag
Eine Sonderstellung nimmt die Situation nach Kahlschlägen ein. Die Naturverjüngung kann ab einer gewissen Schlagbreite nicht mehr flächendeckend erfolgen und ist ohnehin auf Baumarten mit flugfähigen Samen beschränkt. Bei schmalen, streifenweisen Schlägen macht daher eine Kombination von Natur- und Kunstverjüngung Sinn (bis zu einer Breite von einer Baumhöhe). Vorteilhaft kann zur Erreichung einer entsprechenden Baumartenkombination auch das Belassen von Überhältern sein. Unter “Überhältern” sind Altbäume zu verstehen, die auch nach der flächigen Nutzung auf der Schlagfläche verbleiben. Ziel dabei ist, einerseits die Samenproduktion zur additiven Verjüngung von Lichtbaumarten (Lärche) und andererseits die Produktion von Starkholz auf derselben Fläche zu gewährleisten. Überhälter stehen schutzlos auf der Schlagfläche und müssen daher aus Stabilitätsgründen unbedingt tief wurzelnde Baumarten sein.Handelt es sich um große Kahlschläge – sei es durch Kalamitätsereignisse oder durch Entscheidung des Grundeigentümers – ist ohne Kultur mit großer Wahrscheinlichkeit keine ausreichende und flächendeckende nachfolgende Bestandesgeneration erreichbar. Auch hier nützt man sinnvollerweise das Naturverjüngungspotenzial und ergänzt durch Kulturmaßnahmen.Stark limitiert werden kann das Naturverjüngungspotenzial durch einen Überbestand an Schalenwild. Wildeinfluss, das heißt, das Entnehmen einzelner Individuen durch Schalenwild ist kein Problem.
Wildschaden
Ernst zu nehmen sind jedoch Situationen, wo durch Äsungsdruck keine Jungbäume durchwachsen können. Oftmals wird in diesem Zusammenhang – weil nur schwer konstatierbar – der Keimlingsverbiss unterschätzt. Ein Indiz dafür sind beispielsweise ein starkes Aufkommen von Keimlingen im Frühjahr und deren Ausscheiden während des Jahres. Sichtbar gemacht werden kann dieses Phänomen durch Kontrollzäunungen, das heißt, durch Einzäunen kleiner Bereiche im Bestand, um dort das natürliche Verjüngungspotenzial zu beobachten. Wildeinfluss und überstarker Verbissdruck können zur Baum-artenentmischung und damit zur Reduktion der Artenvielfalt führen.
Wertentwicklung
Aus der heutigen Naturverjüngung entwickelt sich die Wertschöpfung der Zukunft. Deshalb sollten sich nur solche Bestände zur Gänze natürlich verjüngen, welche hinsichtlich Qualitäts- und Wertschöpfungskriterien den Anforderungen der Waldbewirtschaftung entsprechen. Schlechtes Genmaterial aus Altbeständen sollte nicht über Naturverjüngung an die nächste Bestandsgeneration weitergegeben werden. Jedenfalls ist bei der Festlegung des Verjüngungszieles ein qualifiziertes Gleichgewicht zwischen ökologischer Anpassung und ökonomischer Optimierung anzustreben. Baumarten, welche auf dem jeweiligen Standort die optimale Anpassung zeigen, sollten unbedingt auch im Verjüngungsziel zu finden sein. Je mehr Vielfalt in der Baumartenausstattung gegeben ist, desto wahrscheinlicher ist wirtschaftlicher Erfolg in der Zukunft.
Johann Zöscher, Fast-Ossiach
Guter Rat
Damit bäuerliche Waldbesitzer das eigenbetriebliche, waldbauliche Konzept optimieren können, steht ihnen die Konsultierung von Experten offen. Die Waldprofis der Forstlichen Ausbildungsstätten sowie die Forstexperten der Landwirtschaftskammern und der Bezirksforstinspektionen helfen gerne weiter.
Anschrift des Autors: Johann Zöscher, Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft – Forstliche Ausbildungsstätte Ossiach, 9570 Ossiach, www.fastossiach.at
Kursprogramm: Forstliche Ausbildung in Ossiach
Die Forstliche Ausbildungsstätte Ossiach (Fast Ossiach) bietet ein umfangreiches Programm an forstlichen Ausbildungsmöglichkeiten an. Der Kurskalender ist im Internet abrufbar unter www.fast-ossiach.at
Schwerpunktbereiche an der Fast Ossiach sind:
• Berufsausbildung (Forstarbeiter, Forstfacharbeiter, Forstwirtschaftsmeister)
• Motorsäge, Seilbringung und Holzrückung
• Waldbewirtschaftung
• Waldpädagogik und
• Seminare zu Themen, wie Obstbaumschnitt, Spürhundeausbildung zum Aufspüren von Forstschädlingen, wie dem Asiatischen Laubholzbockkäfer, …)
Bereits ab Jänner 2017 steht ein umfangreiches Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten zur Auswahl. Derzeit sind noch alle Kurse buchbar. Hier einige Beispiele:
• Aufbaulehrgang zum Forstwirtschaftsmeister, Modul 1, ab 9. Jän. 2017
• Motorsägengrundkurs, 9. Jän. 2017
• Holzausformung und Holzverkauf, ab 16. Jän. 2017
• Forstliche Seilbringungsanlagen, Modul 1, 20. Feb. 2017
• Baumsteigegrundkurs, ab 24. Apr. 2017
• Wünschelrutenseminar, 3. Mai 2017