Nahrung ohne E-Nummern ist ein Megatrend

Agrana forscht - im Research & Innovation Center (Aric) des heimischen Zucker-, Stärke- und Fruchtkonzerns Agrana entstehen bereits heute Innovationen, mit denen morgen so unterschiedliche Produkte wie Sirupzucker, Joghurt und Speiseeis ode

Das erste Biobienenfutter am Markt - am Agrana Research & Innovation Center in Tulln wurde ein in pH Wert und Zusammensetzung optimiertes Bienenfutter entwickelt. Derzeit laufen die Tests in Kästchenversuchen. Im Frühjahr geht es an die Auswertung, wie gut das Produkt den Insekten geschmeckt hat. ©BZ/Maad
Das erste Biobienenfutter am Markt – am Agrana Research & Innovation Center in Tulln wurde ein in pH Wert und Zusammensetzung optimiertes Bienenfutter entwickelt. Derzeit laufen die Tests in Kästchenversuchen. Im Frühjahr geht es an die Auswertung, wie gut das Produkt den Insekten geschmeckt hat. ©BZ/Maad
Garantiert ohne Zusatzstoffe” – so lautet ein Megatrend, auf den ernährungsbewusste Konsumenten zunehmend Wert legen. Lebensmittelhersteller wollen dem Rechnung tragen und versuchen, die für viele mysteriösen E-Nummern aus der Produktdeklaration zu entfernen – in der Fachsprache nennt man dies “Clean Label-Policy”. Dies ist eine Entwicklung, die dem heimischen Zucker-, Stärke- und Fruchtkonzern Agrana eine Vielzahl neuer Möglichkeiten eröffnet. Denn insbesondere die Stärke in ihren breiten Gestaltungs- und Anwendungsformen ermöglicht es, deklarationspflichtige Zusatzstoffe zu ersetzen.

Schwerpunkt Ernährung

Agrana Generaldirektor Johann Marihart (r.) konnte Staatssekretär Harald Mahrer Anfang Oktober zu einem Rundgang im
Agrana Generaldirektor Johann Marihart (r.) konnte Staatssekretär Harald Mahrer Anfang Oktober zu einem Rundgang im “Aric” in Tulln begrüßen. ©ZVG / Agrana
Dies hat Agrana Generaldirektor Johann Marihart Anfang Oktober anlässlich eines Besuchs des Staatssekretärs im Wissenschaftsministerium, Harald Marer, erläutert im Agrana Research & Innovation Center (Aric) in Tulln, NÖ, erläutert. Mit einem jährlichen Budget von mehr als sieben Millionen Euro sei das Aric Österreichs größtes industrielles Forschungszentrum im Lebensmittelbereich. Wie wichtig der Food-Bereich für Agrana ist, zeigt sich auch am Budgetanteil dieses Segments von rund 82 Prozent. Agrana trägt damit den Anforderungen seiner Kunden Rechnung – das sind vor allem Hersteller hochveredelter Produkte in allen Segmenten der Nahrungsmittelindustrie.
Als “Megatrends” im Ernährungssegment nannte Marihart:
• die bereits erwähnte Clean Label Policy,
• Gentechnikfreiheit,
• Vermeidung von Allergenen,
• Kalorienreduktion,
• Präbiotika, d. h. Inhaltsstoffe, die z. B. förderlich auf die Darmflora wirken, und
• Zusatzstoffe, die gesundheitsbezogene Aussagen ermöglichen, sog. “Health Claims” (aus dem Agrana Portfolio beispielsweise Betain oder Pektine).
Zu all diesen Bereichen gibt es am Aric in Tulln auch Forschungsschwerpunkte.

Anwendungen im Non Food-Bereich, an denen in Tulln ebenfalls geforscht wird, sind:
• Bioplastische Produkte, d. h. Gegenstände wie Bindematerial für Winzer, Obstbauern und Gärtner und auch “Plastiksackerl” aus verrottbaren Kunststoffen,
• Klebestifte ohne Chemie (“green glues”), die auch beim Basteln für Kinder gefahrlos einsetzbar sind, und
• Chemische Grundbausteine für abbaubare Kunststoffe, wie beispielsweise eine Bio-Pet-Flasche.

Auf welchem Niveau die Agrana-Forscher arbeiten, das sei anhand einiger Beispiele aus den in Tulln laufenden Projekten im Food- und Non food-Bereich vorgestellt.

Green Label Stärke – als Zusatz zu Lebensmittelzubereitungen sind sehr häufig und in großen Mengen kennzeichnungspflichtige Verdickungsmittel in Verwendung. Diese Verdickungsmittel lassen sich durch speziell modifizierte Stärken ersetzen. Erforderlich ist dafür eine auf das jeweilige Erfordernis abgestimmte Wärmebehandlung der Stärke. Diese Behandlung erfolgt in sog. Wendelschwingförderern, in denen die Stärkekörner über viele Stunden bei definierter Erwärmung im Kreis geschüttelt werden. Das Verfahren ist rein physikalisch, d. h., es kommt ohne chemische Zusätze aus und ergibt ein Produkt mit definierten Eigenschaften in puncto Viskosität, Gelbildung und Geschmack. Einsetzen lassen sich solche Stärken beispielsweise zur Reduktion des Fettgehalts in Nuss-Nougat-Cremen oder auch in Schmelzkäseprodukten. Fettreduktionen um bis zu 70 Prozent sind möglich. Weiters lässt sich mit dieser Stärke auch das Ei in Waffelrezepten ersetzen, um beispielsweise ein rein veganes Produkt zu erhalten. Zudem ist die Stärke kennzeichnungsfrei bzw. ist aufgrund des Herstellungsverfahrens auch für Bioprodukte möglich (“Green Label”).

Fruchtidentität im Produkt
– Fruchtzubereitungen, beispielsweise für Joghurts oder Speiseeis, durchlaufen von der Desinfektion bis zur Zubereitung viele Prozessschritte. Agrana hat weltweit rund 5000 (!) Fruchtrezepturen im Einsatz. Im Aric in Tulln widmet sich eine ganze Abteilung dem Ziel, dass ein Joghurt so schmecken soll, als wären die Früchte eben im Garten gepflückt und frisch hineingeschnitten worden. Dazu gibt es Laborkocher und Mixer samt Geräten zur Überprüfung der Druck- und Scherfestigkeit, die man in einem Labor für Erdbeeren und Himbeeren so nicht vermuten würde. Ein Teilaspekt dieser Forschung widmet sich den in Japan und China beliebten “Floaty Pieces Getränken”. Die Herausforderung dabei ist, dass die Fruchtstücke im Getränk gleichmäßig in Schwebe bleiben, und sich nicht absetzen, auch wenn dieses länger gelagert wird. Dazu wird die Fließgrenze des Saftes mittels Verdicker so eingestellt, dass beispielsweise die zugesetzten Mangostücke über Monate in Schwebe bleiben.

Thermoplastische Stärke
– Stärkekörner, die in sog. Extrudern einer Druck- und Hitzebehandlung unterzogen werden, eignen sich zur Herstellung von Biokunststoffen. Das Rohprodukt ist ein Granulat, aus dem sich Folien, Spritzgussartikel oder Beschichtungen herstellen lassen. Beispiele aus dem Agrana-Labor sind Tragetaschen, Joghurt- oder Trinkbecher, Pflanztöpfe, Besteck und Werkzeug, Reb- bzw. Gartenbindematerial, beschichtete Papiere und sogar im 3D-Druck erzeugte Ziertöpfe.

Hans Maad

Forschung & Innovation: 85 Patente erteilt, 22 in Prüfung

 ©BZ/Maad
©BZ/Maad
Im Agrana Research & Innovation Center (Aric) in Tulln, NÖ, wurden im Jahr 2014 mit einer Investition von vier Mio. Euro die Forschungsaktivitäten des Konzerns zusammengefasst.
Seither arbeiten dort 65 Mitarbeiter an Neuentwicklungen in den Bereichen Zucker-, Stärke und Frucht.
Mit 7,1 Mio. Euro investiert Agrana rund die Hälfte des jährlichen Forschungsbudgets im Aric in Tulln.
Das forschungsintensivste Segment ist die Stärke (52 % Budgetanteil), gefolgt von Zucker (28 %) und Frucht (20 %).
Weiters liegt der Forschungsschwerpunkt mit 82 % der Ausgaben im Food-Bereich, 18 % entfallen auf Non Food.
Den Forschern des Aric wurden bisher 85 Patente erteilt, weitere 22 sind in Prüfung.

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