Milchwirtschaft heute und im Jahr 2030

Bei der Molkereigenossenschaftstagung des Raiffeisenverbandes Oberösterreich wurde heuer nicht nur eine nationale Bilanz für 2020 gezogen, sondern auch in die internationale Zukunft der Branche geblickt. Im Mittelpunkt stand dabei die „Strategie 2030“ der deutschen Milchwirtschaft.

V.l.: Norman Eichinger, Johann Schneeberger, Josef Meinhart, Max Hiegelsberger, Martin Wahl und Walter Lederhilger

Wo wollen wir in Zukunft stehen? Mit dieser Frage brachte Ingo Müller, Chef der größten Molkerei Deutschlands (DMK), den Stein für die deutsche Milchstrategie 2030 auf der Grünen Woche 2018 ins Rollen. Erarbeitet wurde die Strategie von Molkereien, Wissenschaft, Medien, Lebensmitteleinzelhandel und Bauernvertretern. „Wir haben dazu auch ganz bewusst kritische Akteure an den Tisch geholt“, erklärt Ludwig Börger, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Milchwirtschaft. Ziel war schließlich die größt­mögliche Zustimmung zu erreichen. Herausgekommen ist ein 36-
seitiges Papier. Über dessen zentrale Maßnahmen und Um­setzungsfortschritte weiß Börger Interessantes zu berichten.

„Ohne Milch, ohne mich“

„Es braucht Kommunika­tion, um negativ besetzten The­men entgegenzutreten“, ist Börger sicher. Aktuell sei bei der Bevölkerung teils ein unrealistisches Bild von Turbokühen und Wegwerfkälbern präsent. Auch die Mär, dass Milch ungesund ist, hält sich hartnäckig. Dagegen will der Sektor mit einer eigenen Branchenkommunikation vor­gehen. „Wer kommunizieren will, muss letztlich Geld in die Hand nehmen“, zeigt sich Börger realistisch. 0,35 Cent pro Tonne Milch sind der Kostenfaktor, den die Molkereien für das gemeinsam Marketing zu leisten haben. Aktuell wirbt man unter dem Motto: „Ohne Milch, ohne mich.“
Nicht minder wichtig für die gesamte Branche ist das Setzen von Standards. „Labels für besondere Qualitäten gehören zum diversifizierten Markt“, betont Börger. Bisher gab es in unserem Nachbarland keine einheitlich definierten, auslobungsfähigen Labels. Damit die Standards von allen Akteuren anerkannt werden, sind alle Stufen der Vermarktungskette in der Entwicklung beteiligt – auch der Lebensmitteleinzelhandel. „Damit wollen wir ein Vorpreschen des Handels mit eigenen Labels, insbesondere im Bereich Tierwohl, unterbinden“, so Börger.

Der dritte zentrale Punkt der Milchstrategie 2030 zielt auf eine Abmilderung wirtschaftlicher Risiken von Preisschwankungen, unter anderem durch frühzeitige Weitergabe von Marktsignalen sowie eine Milchmengenplanung und -steuerung zwischen Molkereien und Milchbauern.

Inlandsbilanz 2020

Genossenschaftsanwalt Walter Lederhilger und Verbandsdirektor Norman Eichinger hoben in ihren Vorträgen insbesondere die großen Leistungen der Milch­bauern und Molkereigenossenschaften für die Ernährungssicherheit Österreichs im Jahr 2020 hervor. Trotz schwierigster Rahmenbedingungen angesichts der Pandemie ist es gelungen, der hohen Nachfrage der Konsumenten gerade im Lebensmitteleinzelhandel nachzukommen. Gleichzeitig haben die Molkereigenossenschaften wesentliche Zukunftsinvesti­tionen Quelle: RVB OÖrealisiert und ein positives Ergebnis erwirtschaftet. Dabei konnte auch der Milchauszahlungspreis gesteigert werden. Im Durchschnitt aller Qualitäten gibt es bei den Milchauszahlungs­preisen 2020 einen Anstieg von 1,4 %. Vergleicht man den österreichischen Milchpreis 2020 (37,52 Cent) mit dem EU-Schnitt (33,02 Cent), so zeigt sich, dass dieser deutlich darüber lag.

Gerhard Steinkress, Spartenleiter des Raiffeisenverbandes OÖ., ging in weiterer Folge auf unterschiedliche Kennzahlen der österreichischen Milchwirtschaft im Jahr 2020 ein. Der Durchschnittsbetrieb liefert inzwischen 137.000 Kilo Milch. Auf nationaler Ebene ist die Milchanlieferung 2020 auf 3,38 Millionen Tonnen geringfügig gestiegen. Fortgesetzt hat sich der Trend zu Bio- und Heumilch. Bei den Produktionszahlen gibt es durchwegs ein Plus. Deutlich erhöht haben sich die Zahlen bei den Flüssigmilchprodukten. Hier gibt es einen Zuwachs von 55.000 Tonnen oder umgerechnet fünf Prozent. Interessant sei auch die Verteilung innerhalb der Milchkategorien. ESL- und H-Milch haben deutlich zugelegt. „Und das ist nicht nur coronabedingt“, betont Steinkress. Bei der Käseproduktion gab es 2020 eine geringfügige Steigerung auf 206.000 Tonnen. Gastronomiebedingt sind Hartkäse und Topfen rückläufig. Dafür deutlich gestiegen: Weich-käse (+10 %) und Frischkäse (+5 %). Ebenso gestiegen ist die Buttererzeugung von 36.000 auf 38.000 Tonnen.

Ausblick 2021

In der EU-27 wurde im ersten Halbjahr 2021 ein leich­ter Anstieg von 0,8 % bei der Milchanlieferung verzeichnet. Mit Ausnahme der Niederlande, wo die Anlieferung deutlich gefallen ist, entspricht das auch der Entwicklung in den Staaten.

- Bildquellen -

  • Anmerkung 2021 09 28 154019: RVB OÖ
  • IMG 2931: RVB OÖ/Gessl
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AUTORElisabeth Hasl
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