Maismarkt: Europäische Bilanz eng, weltweit jedoch reichlich vorhanden

Ein extrem fester Euro und Rekordernten bei Getreide im Schwarzmeerraum drücken auf die europäischen Preisgefüge. Bernhard Kaiblinger analysiert wie der Mais den Sommer überstanden hat und vor allem: Was deutet sich preislich für den Herbst an?

Hohe globale Überlager und gute Ernteprognosen in Übersee schränken die europäischen Preisaussichten ein. Copyright: agrarfoto.com

Die frühsommerliche Hitze in zentralen europäischen und US-Anbaugebieten machte Wettersorgen auf den Getreidemärkten breit. Neben den Weizennotierungen zogen auch die Maisnotierungen gewaltig an. Sorgen um Hitzeschäden während der Blüte und Bestäubung kamen auf. Anfang Juli stellte sich das bisherige Kurshoch ein. Seither drückten die Erntefortschritte beim Weizen, und insbesondere ausgezeichnete Ernteberichte aus Russland die Notierungen Schritt für Schritt in den Keller. Aus Russland wurde jede Woche deutlicher, dass die hohen Erntemengen heuer wohl lange am Exportmarkt als Billigware den Ton angeben werden. Zwischenzeitlich festigte sich der Euro erheblich zum US-Dollar (Kurshoch Ende August bei 1/1,20). Das erschwert die europäischen Exportabsätze erheblich. Vom 1. Juli bis 29. August konnte heuer mit 2,4 Millionen (Mio.) Tonnen (t) Weizen erst weniger als die Hälfte Getreide aus der EU verschifft werden wie im Vorjahres-Vergleichszeitraum (5,03 Mio. t). Mais gab mit dem Weizen nach.

Globale Versorgung mehr als komfortabel

Am globalen Maismarkt blickt man bereits auf vier Rekord-Produktionsjahre in Folge zurück. Jährliche Ernten von jeweils über 950 Mio. t haben trotz regem Verbrauch die Saison-Endbestände immer weiter anwachsen lassen. Mit globalen Überlagern von knapp unter 230 Mio. t sollen im Herbst etwa 22 Prozent des Jahresverbrauchs auf Lager liegen. Die Versorgung soll dadurch langfristig mehr als komfortabel bleiben. Bei allen Haupt­exporteuren werden sehr gute bis ausgezeichnete Ernten erwartet. Insbesondere in Argentinien und Brasilien deuten sich exzellente Erntemengen an. Die Prognosen stehen um diese Jahreszeit aber noch auf sehr wackeligen Füßen. Die Felder werden gerade erst bestellt. Momentan ist es deutlich zu trocken in Brasilien, während viele Anbaugebiete Argentiniens mit zu viel Regen kämpfen müssen. Die US-Ernte wird nach der Rekordernte 2016 (385 Mio. t) heuer nur knapp darunter veranschlagt (360 Mio. t). Im US-Cornbelt hat die Sommerhitze mit mehreren Hitzewochen am Stück von Ende Juni bis Anfang August auch im Mais zugeschlagen. Eine Senkung der offiziellen Ertragsprognosen durch das US-Landwirtschaftsministerium wurde lange erwartet. Umso mehr hat daher der USDA-Augustreport überrascht. Trotz wochenlanger Trockenheit wurden die Schätzungen nur minimal nach unten korrigiert. Schlagartig wurden die Wetterprämien ausgepreist und die Kurse gaben nach. Auch händische Feldbonitierungen haben in den vergangenen Wochen ähnlich gute Bestandsbonitäten bescheinigt. Man scheint sich wieder auf die großen Überlager zu konzentrieren. Gespannt wird auf die Berichte während der Ernte gewartet. Etwaige Bilanz-Verschie-bungen könnten im Herbst noch bevorstehen. Für deutlich positive Effekte auf die Preisgefüge müssten aber größere Verschiebungen stattfinden.

Europäische Maisbilanz wieder eng

Nach den schwachen EU-Maisernten 2015 und 2016 (58,75 bzw. 61,1 Mio. t) scheint sich heuer die Situation einer global entspannten Versorgungslage und vergleichsweise engen EU-Bilanz zu wiederholen. Die Anbauflächen wurden EU-weit 2017 nicht ausgeweitet. Zusätzlich hat die Sommer-Trockenheit ihre Spuren hinterlassen. Zwar haben Niederschläge im Juli wohl noch einiges an Erträgen gerettet, insgesamt scheinen die EU-Schätzungen mit 60 Mio. t aber sehr hoch gegriffen zu sein. Sollten die Erträge in den gewöhnlichen Überschussgebieten Osteuropas hinter den Erwartungen zurückbleiben, könnte sich die Bilanz weiter verknappen. Noch höherer Importbedarf in der EU wäre die Folge. Das Lieferangebot dafür wird wohl mehr als reichlich sein.
Es gilt nur, die Frachtdistanzen zu überbrücken. In Österreich deutet sich vor allem im Weinviertel, Marchfeld, Nord- und Mittelburgenland eine geringe bis sehr schwache Maisernte an.

Preisdruck in der Ernte auch 2017?

Die Maisernte nimmt nicht nur in Europa, sondern auch in Übersee an Fahrt auf. Erfüllen die US-Ernten in dieser sensiblen Jahreszeit nur annähernd die hohen Prognosen, könnte das in den nächsten Wochen zu weiterem Preisdruck führen. Ein großes Thema sind die geplanten US-Importzölle auf Biodiesel aus Indonesien. Ob das die US-Maisverarbeitung weiter ankurbeln kann, ist noch fraglich. In den vergangenen Monaten zeigte sich die Ethanolindustrie mit stabilen Abfragen und ausgezeichneten wöchentlichen Produktionszahlen. Durch harte Exportkonkurrenz aus dem Schwarzmeerraum ist wohl im Herbst auch von Seiten des Weizens wenig Unterstützung zu erwarten. Einen stärkeren Preisrutsch könnten weitere Wetterunbilden beim laufenden Anbau und im Aufwuchs in Südamerika abfedern.

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AUTORDI Bernhard Kaiblinger, Marktanalyst, Saatbau Preisgut GmbH.
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