Herr Hechenberger, wir gratulieren Ihnen zu Ihrer vierten Amtszeit als Präsident der LK Tirol. Wie blicken Sie auf die Wahl zurück?

HECHENBERGER: In diesen Zeiten 75 Prozent der Wählerstimmen zu erreichen, ist auf jeden Fall ein klarer Auftrag. Letztendlich geht es darum, gemeinsam konstruktiv für die Bauernfamilien zu arbeiten. Ich lade alle, auch die Nicht-Bauernbündler, ein, mitzuarbeiten. Ich werde jedem Kammerrat und jeder Kammerrätin mit Respekt begegnen und stehe sämtlichen Vorschlägen offen gegenüber. Diese Periode wird entscheidend dafür sein, wie sich die Landwirtschaft in Tirol in den kommenden Jahrzehnten entwickelt. Wir tragen gemeinsam eine große Verantwortung, die wir auch gemeinsam wahrnehmen sollten.

Wie sehen diese Herausforderungen aus?

HECHENBERGER: Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) biegt gerade in die letzten Verhandlungen ein. 2021 und 2022 sind zwei Verlängerungsjahre, der Start ist somit der 1. 1. 2023. In der Umsetzung der GAP muss auf die Einkommensentwicklungen in der Landwirtschaft reagiert werden. Gerade die Berglandwirtschaft hinkt laut Grünem Bericht im Einkommensbereich hinterher. Dort wollen wir Akzente setzen, um einkommensbasiert die Umsetzung der GAP zu forcieren und um praxistaugliche Programme gemeinsam zu entwickeln.

Welchen anderen Themen widmet sich die Landwirtschaftskammer in der kommenden Periode?

HECHENBERGER: Eine der großen Herausforderungen der nächsten sechs Jahre ist der Nutzungskonflikt zwischen Grundeigentümern und Freizeitnutzern. Wir merken aktuell wieder, dass es rund um die Uhr Bewegung sowohl im Wald als auch im Feld gibt – vom Skitourengeher bis hin zum Mountainbiker. Aber auch der Nutzungskonflikt beim Thema Hochwasserschutz beschäftigt uns. Hier gilt es, die Interessen der Bauernfamilien zu vertreten. Ein großes Herzensanliegen ist mir außerdem, die Lebensmittelproduktion noch stärker auszubauen. Meine Vision ist eine standortangepasste Lebensmittelproduktion und damit eine standortangepasste Landwirtschaft, die in kleinen Kreisläufen für die Bevölkerung in der Region produziert und so die Wertschöpfung vom Produzenten über den Verarbeiter bis hin zum Konsumenten im Land bleibt. Die von uns geforderte verpflichtende Herkunftskennzeichnung hilft uns bei diesem Bestreben. Unsere Aufgabe als Interessensvertretung ist es, die Betriebe dahingehend zu beraten und zu begleiten.

Neben der Funktion in der LK Tirol sind Sie auch Abgeordneter zum Nationalrat. Wie vereinen Sie diese Ämter?

HECHENBERGER: Seit meinem Amtsantritt vor rund eineinhalb Jahren trete ich nicht nur für die Anliegen des Unterlandes, sondern für die Anliegen aller Tiroler Bauern ein und bringe sie in die politische Debatte ein. Es gibt viele Bauernvertreter aus Ostösterreich in den politischen Gremien – es ist mir daher sehr wichtig, das Gleichgewicht zu halten und mich im Parlament für die kleinbäuerliche Berglandwirtschaft einzusetzen. Das Thema Herkunftskennzeichnung ist mir ein großes Anliegen. Mitwirken darf ich auch im Gesundheitsausschuss, wo wir derzeit den Tierschutz behandeln. Die Bäuerinnen und Bauern sind tagtäglich mit der Betreuung der Tiere betraut und wissen, welche Forderungen praxistauglich sind und welche utopisch. Deshalb müssen Diskussionen gemeinsam mit den Bauernfamilien geführt werden.

„Stärke durch Zusammenhalt“ lautete Ihr Motto bei der LK-Wahl. Wie spiegelt sich dieser Zusammenhalt nun nach der Wahl wider?

HECHENBERGER: In der LK-Vollversammlung sind alle Produktionsrichtungen der Tiroler Landwirtschaft und alle Regionen sowie alle Betriebsausrichtungen abgebildet. Wie in jedem bäuerlichen Familienbetrieb, der partnerschaftlich geführt wird, spielt in der Tiroler Landwirtschaftskammer die Frau eine entscheidende Rolle. Mit der heurigen Wahl konnten wir einen wesentlich höheren Anteil an Funktionärinnen erzielen. Das freut mich sehr, da ich weiß, welchen extremen Wert die Bäuerinnen für die Betriebe und das Land haben. Ganz besonders gratuliere ich unserer Vizepräsidentin Helga Brunschmid, die neben dieser Funktion heuer auch zur Landesbäuerin gewählt wurde. Ich freue mich, mit ihr und vielen anderen starken Bäuerinnen die nächsten sechs Jahre für die Bauernfamilien zu arbeiten.

Auch ansonsten hat sich in der Funktionärsaufstellung der LK viel verändert.

HECHENBERGER: In den Bezirken Imst, Schwaz, Kitzbühel und Kufstein wurden neue Bezirkskammerobmänner gewählt und bilden gemeinsam mit den erfahrenen und versierten Obmännern ein starkes Team für die Bezirke. Auch weiterhin setzen wir in der Landesstelle auf die gute Zusammenarbeit mit ihnen. Ich war selbst zehn Jahre lang Mitarbeiter in der Bezirkslandwirtschaftskammer und weiß, wie wichtig sie als erste Ansprechpartner für die Bäuerinnen und Bauern sind. Aus diesem Grund kommt es für mich auch überhaupt nicht infrage, an die Schließung einer Bezirkskammer zu denken.

Vielen Dank für das Gespräch!

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AUTORHannah Pixner
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