„Lebensmittelversorgung muss immer sichergestellt sein“

Vor genau einem Jahr, am Beginn der weiter anhaltenden Corona-Pandemie, waren vielerorts die Regale im Handel nach Hamsterkäufen leergefegt. Damit sich das in Krisenzeiten nicht wiederholt, fordert der NÖ. Bauernbund von Brüssel, aber auch im eigenen Land, ein Umdenken und eine nachhaltige Vorsorge, was die sichere Versorgung mit Lebensmitteln betrifft. Unterstützung kommt von Europaministerin Karoline Edtstadler.

Rückenwind von Europaministerin Karoline Edtstadler für Bauernbund-Forderungen auch in Richtung Brüssel.

Am 13. März 2020 und an den folgenden Tagen kam es im Zuge des ersten Lockdowns zu massiven Hamsterkäufen in ganz Österreich. An diesen „Tag der leeren Supermarktregale“ erinnerten Obmann Stephan Pernkopf und LK-Präsident Johannes Schmuckenschlager gemeinsam mit Europaministerin Karoline Edtstadler, um „daraus die richtigen Lehren zu ziehen.“

Denn, so deren Resümee: „Die Corona-Pandemie hat die Welt nach wie vor im Griff. Die Bevölkerung blickt täglich gespannt auf Infektions-Kurven, Inzidenz-Zahlen und Intensiv-Betten.“ Was aber die leeren Regale betreffe, sei „die Vergessenskurve steil“. Der Lebensmittelhandel stelle die Regale auf, „aber die Bäuerinnen und Bauern haben sie wiederbefüllt“, betonte Pernkopf. Und um den kontinuierlichen Nachschub auch in Zukunft sicherzustellen, bräuchten die Bauern Sicherheit, fordern die Bauernbündler.

Unterstützung dafür kommt von Europaministerin Karoline Edtstadler. Auch sie ist überzeugt: „Zur Absicherung der Versorgungssicherheit nicht nur mit Lebensmitteln, auch mit Medikamenten, muss die EU Schlüsselproduktionen nach Europa zurückholen. Und dafür gelte es jetzt, das Fundament zu legen.

Edtstadler will eigene EU-Gemeinderatsmitglieder

Aus dem 750 Mrd. Euro-Budget der EU müsse auch die Landwirtschaft profitieren. Immerhin stünden Österreich künftig um 35 Mio. Euro mehr aus dem Agrarbudget zu. Dass sich das Bewusstsein für regionale Produkte verstärkt habe, sei das einzig Positive an der Pandemie, so Edtstadler. „Die Krise hat die Stärken, aber auch die Schwächen der EU klar aufgezeigt. Das wichtigste ist jetzt, die richtigen Lehren daraus zu ziehen.“ So wurden im Juni vergangenen Jahres die EU-Zukunftskonferenz und darauf abgestimmt der Österreich-Dialog gestartet. „Der ländliche Raum spielt hier eine zentrale Rolle.“ Zudem möchte die Europaministerin in jeder Gemeinde ein eigenes EU-Gemeinderatsmitglied etablieren, „um die Kommunikation über Europa-Themen voranzutreiben.“

Und weil am Montag auch Weltfrauentag war, verwies Edtstadler nicht nur auf die Systemrelevanz der Landwirtschaft, sondern im Besonderen auch auf die der Frauen: „In acht von elf als systemrelevant eingestuften Berufen sind Frauen in der Mehrheit. Der Einzelhandel wird zu 86 Prozent von Frauen getragen, die Pflege von 80 Prozent und in der Landwirtschaft wird jeder dritte Betrieb von einer Frau geführt.“ Auch diesen Fakten sei künftig verstärkt Rechnung zu tragen.

Laut Obmann Stephan Pernkopf habe Corona klar gemacht: „Wir müssen jederzeit in der Lage sein, uns selbst zu versorgen. Plötzlich wurde bewusst, wie wichtig die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln ist.“ Dieses Bewusstsein sei auch bei den Konsumenten angekommen. So habe sich laut aktuellen AMA-Daten der Ab-Hof-Umsatz um ein Viertel gesteigert, in den ersten drei Monaten nach Beginn der Krise sogar um mehr als 40 Prozent.

Die Ankündigung der EU-Kommission, einen Notfallplan für die Landwirtschaft zu erstellen, sieht man im NÖ. Bauernbund grundsätzlich positiv. Aus St. Pölten erhielt EU-Agrarkommissar Wojciechowski vom EU-Abgeordneten Alex Bernhuber auch zehn konkrete Vorschläge dafür übermittelt. So soll die Landwirtschaft auch auf EU-Ebene als kritische Infrastruktur eingestuft werden, die strategische Lagerhaltung als Kriseninstrument forciert werden. „Und es braucht künftig eigene Versorgungs-Checks bei EU-Gesetzen“, meinte Pernkopf.

Johannes Schmuckenschlager ergänzte: „Bisher wurde für politische Rahmenbedingungen oft nur die Förderkulisse gesehen. Der Versorgungsauftrag braucht aber einen breiteren Blickwinkel bis hin zu Klimaschutz, Bewässerungsfragen, Bereitstellung von Infrastruktur bis hin zur Herkunftskennzeichnung, um damit den Produktionsauftrag durch die Konsumenten abzusichern.

Niederösterreich steht gut da

Niederösterreichs Landwirtschaft mit seinen 38.000 Betrieben ist im Hinblick auf die Selbstversorgung jedenfalls generell gut aufgestellt. Ein Viertel aller landwirtschaftlichen Betriebe und die Hälfte der Ackerfläche Österreichs, das sind 676.000 Hektar, liegen im flächenmäßig größten Agrarbundesland Nr. 1. Im Jahresschnitt produzieren Niederösterreichs Bauern 780.000 Tonnen Weizen, 570.000 Tonnen Kartoffeln oder auch 650.000 Tonnen Milch. Damit stammt jeder fünfte Liter Milch aus Österreich von einem Milchviehbetrieb im Land unter der Enns. Diese Menge reicht aus, um ganz Niederösterreich und dazu einen Großteil der Bundeshauptstadt mit dem „Weißen Gold“ versorgen zu können.

Neben diesen Zahlen zeigt aber vor allem ein langjähriger Vergleich den hohen Leistungsnachweis auf: 1950 versorgte ein Landwirt hierzulande zehn Menschen mit Lebensmittel, heute ernährt ein (nieder-)österreichischer Bauer bereits 120 Landsleute.

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  • 11 01 10 21 NO: NÖ Bauernbund/Erich MarschiK
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AUTORBernhard Weber
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