„Landwirtschaft quer denken“

Dass modern und bodenständig keine Gegensätze sein müssen, beweisen die Bäuerinnen und Bauern jeden Tag und decken dazu den Tisch für alle – mit Lebensmitteln in höchster Qualität.

Lorenz Mayr: „Unsere Land- und Forstwirtschaft ist modern und bodenständig zugleich.“

Den Klimawandel sieht der Vizepräsident der LK Niederösterreich, Lorenz Mayr, als als eine der größten künftigen Herausforderungen für die Bäuerinnen und Bauern.
Im Gespräch mit der BauernZeitung NÖ erklärt er, warum für ihn eine klimaangepasste und nachhaltig die Boden- und Pflanzenbiologie fördernde Landwirtschaft dazu die Lösung ist und wie die Landwirtschaftskammer die bäuerlichen Familienbetriebe
dabei unterstützen möchte.

BauernZeitung: Herr Vizepräsident, Sie sind seit dem durchaus herausfordernden
Frühjahr im Amt. Wie haben Sie die erste Zeit erlebt?

MAYR: Die konstituierende Vollversammlung der Landwirtschaftskammer NÖ ist ja heuer bekanntlich erstmalig bedingt durch die Corona-Krise virtuell abgehalten worden. Das
hat klar gezeigt: Unsere Land- und Forstwirtschaft und die Landwirtschaftskammer
sind modern und bodenständig zugleich. Längst hat auch im bäuerlichen Bereich die moderne Informationstechnik Einzug gehalten. Gleichzeitig arbeiten wir Bäuerinnen
und Bauern im Einklang mit der Natur, wie bereits viele Generationen vor uns.
Trotz vieler Einschränkungen habe in den ersten Monaten als Vizepräsident
glücklicherweise viele Menschen kennenlernen dürfen – Bäuerinnen und
Bauern und auch die vielen neugewählten Funktionärinnen und Funktionäre
der Bezirksbauernkammern.

Welche Lehren ziehen Sie persönlich aus der Corona-Pandemie?

Nachdem der Lockdown verkündet wurde, waren auf unserem Hof rasch die Erdäpfel ausverkauft. Das war ein erster Vorgeschmack auf die folgenden Hamsterkäufe. Für mich persönlich habe ich daraus den Schluss gezogen, dass wir noch mehr auf die Kommunikation mit den Konsumenten achten müssen. Das ist auch ein Ziel, das wir
als Landwirtschaftskammer NÖ stark verfolgen und in unserem Zukunftsplan 2020 bis 2025 verankert haben. Wir müssen unseren Bürgerinnen und Bürgern klar sagen, dass es die Bäuerinnen und Bauern sind, die auch in Krisensituationen eine sichere Versorgung mit regionalen Lebensmitteln in höchster Qualität sicherstellen. Dazu
sind aber auch die entsprechenden Rahmenbedingungen und Werkzeuge
notwendig. Ein Beispiel dafür ist der Pflanzenschutz. Um den Dialog mit den Konsumenten zu stärken, setzt die Landwirtschaftskammer mehrere Maßnahmen. Eine wesentliche ist unsere Kampagne „Niederösterreichs Bauern. Eine Kammer. Verlass di
drauf!“. Mit dieser wollen wir das Bewusstsein für die heimische Produktion und für regionale Lebensmittel stärken.

Wo liegen die besonderen Schwerpunkte für Ihre künftige Arbeit?

Ich sehe es als eine meine Aufgabe, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die den bäuerlichen Betrieben Perspektiven für eine erfolgreiche Weiterentwicklung bieten. Einer der Schwerpunkte liegt hier für mich im Pflanzenbau und einer klimaangepassten
Landwirtschaft. Wir müssen alles nutzen, was wir aus der Biologie des Bodens und der Pflanze bekommen können. Das Saatgut wird laufend entsprechend an die neuen klimatischen Herausforderungen angepasst. Gleichzeitig müssen auch wir Bauern
über neue Produktionsweisen nachdenken und solche ausprobieren. In weiterer Folge heißt das, wir brauchen auch weiterhin entsprechende Pflanzenschutzmaßnahmen,
bevor unsere Ernte von Schädlingen oder von Pilzen vernichtet oder von Unkräutern überwuchert wird. Eine der größten Herausforderungen ist dabei wie erwähnt,
das alles den Konsumenten zu vermitteln. Es so zu erzählen, dass möglichst
alle es auch verstehen, warum wir welche Maßnahmen setzen und dass
diese notwendig sind, damit unsere guten und sicheren Lebensmittel auch
weiterhin in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Hier liegt es an uns
allen. Jeder von uns kann und soll darüber erzählen, was es heißt, Bäuerin
und Bauer zu sein und worauf es in der Land- und Forstwirtschaft ankommt.

Sie haben vor gut einem Jahr mit anderen Bauern den Verein Boden. Leben gegründet, dessen Obmann Sie sind. Was war und ist Ihre Intention?

Der Fokus dieses Vereins liegt auf einer klimaangepassten und aufbauenden
Landwirtschaft. Unser Ziel in diesem Verein ist eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung unserer wertvollen Böden und die Weiterentwicklung unserer derzeitigen Produktionsmethoden, um auf klimatische Veränderungen zu reagieren. Die Wege dazu
können vielfältig sein. Wir möchten diese Ideen weiterbringen und durch den Austausch untereinander von den Erfahrungen jedes Einzelnen lernen und profitieren.

Gibt es schon eine erste Bilanz?

Das Interesse am Thema ist groß. Der Verein hat mittlerweile 270 Mitglieder. Im ersten Jahr haben wir 20 Seminare und Feldtage abgehalten und waren bei rund 50 Veranstaltungen als Referenten dabei. Wegen der Krise haben wir die Weiterbildung ins Internet verlegt und seither bereits elf Webinare durchgeführt. Auch internationale
Kontakte in Deutschland und in der Schweiz konnten wir knüpfen. So ist für Mitte Juni 2021 sogar ein gemeinsamer großer Feldtag geplant. Die Themen sind ja überall die
gleichen: Es gilt, die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, Wasser und Feuchtigkeit
auf den Feldern zu halten und die Produktion zu optimieren.

Apropos Wasser: Die Landwirtschaftskammer hat gemeinsam mit dem Land NÖ vor kurzem das Kompetenzzentrum für Bewässerung ins Leben gerufen. Was bringt das konkret den Landwirten?

Das Kompetenzzentrum soll erste Anlaufstelle für die Bäuerinnen und Bauern sein, besonders bei kleinräumigen Projekten und entsprechende Beratung bieten. Bei geplanten Bewässerungsmaßnahmen gilt es im Vorfeld abzuklären, was pflanzenbaulich und betriebswirtschaftlich sinnvoll sowie technisch und rechtlich möglich ist.
Das neue Zentrum unterstützt hier dabei. Aktive Bewässerungswirtschaft wird immer wichtiger. Um das Wasser auf den Feldern zu halten, braucht es andere Maßnahmen in der Bodenbewirtschaftung als bisher. Auch mit Mehrnutzungshecken kann die Verdunstung gering gehalten werden. Die Landwirte unternehmen schon viel in
diese Richtung. Aufgrund der fehlenden Niederschläge und der immer zahlreicheren Wetterkapriolen ist aber zu wenig Wasser vorhanden, weshalb eine entsprechende Bewässerungswirtschaft notwendig ist. Daher braucht es auch den Ausbau der Bewässerungsinfrastruktur, um einerseits Wasser besser vorrätig zu halten
und somit für die Landwirtschaft verfügbar zu sein. Weiters geht es darum,
Wasser in die Regionen zu bringen. Letztlich geht es um die Existenz bäuerlicher
Familienbetriebe ebenso wie um regionale Arbeitsplätze.

Noch eine private Frage: Bleibt für Sie Zeit für einen Urlaub?

Auch wenn es auf einem landwirtschaftlichen Betrieb immer ausreichend Arbeit gibt, werde ich mit meiner Familie einige Tage wegfahren. Regionalität bedeutet für mich,
diese auch im Urlaub zu leben und die freien Tage in Österreich zu verbringen.

(Interview: Eva Riegler) (A.R.)

 

- Bildquellen -

  • Vizepräsident der Landwirtschaftskammer NÖ Lorenz Mayr im Interview: LK-NÖ/MONIHART
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