Laborfleisch: Revolution oder Bedrohung?

Mit dieser provokanten Frage beschäftigte sich das „Netzwerk Agrar“ bei einer Online-Veranstaltung. Die Antwort des Experten fiel recht eindeutig aus.

Fleisch aus der Petrischale: Laut einer aktuellen Umfragen halten es nur 14 Prozent der Österreicher für eine gute Idee, Fleisch im Labor zu kultivieren.

Die Entwicklung von künst­lich hergestellten Fleischimitaten schreitet weltweit voran. In den USA, Singapur und Israel wird Laborfleisch sogar schon zum Verzehr ange­boten. In der EU ist für das soge­nannte „In-vitro-Fleisch“, das dem Namen nach im Reagenzglas hergestellt wird, eine Zulas­sung notwendig. Bislang wur­den zwei Zulassungsanträge bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein­gereicht. Doch wie wird Laborfleisch eigentlich genau hergestellt und wann wird es auch auf unseren Tellern landen? Die­sen Fragen wurde bei einer Online-Veranstaltung von „Netzwerk Agrar“, moderiert von Obmann Daniel Rogl, nachgegangen.

Das versprechen die Entwickler

Unter künstlich erzeugten Fleischimitaten bzw. Laborfleisch versteht man Methoden zur gezielten, künstlichen Züchtung von Fleisch über Stammzellenvermehrung in Nährlösungen, die im Labor gewonnen werden (Details siehe Grafik). Die Entwickler dieser Produkte werben mit drei Argumenten: Ernährungssicherheit, umweltschonendere Produktion und kein Tierleid. So lauten jedenfalls die Versprechen. Doch kann künstlich erzeugtes Fleisch aus dem Labor all diese Erwartungen erfüllen? Immerhin werden die Imitate als Alternative zu natürlichem Fleisch betrachtet und als Lösungsmöglichkeit gesehen, den Hunger auf der Welt zu stillen.

Der Verein „Wirtschaften am Land“ mit Obmann Robert Pichler ist diesen Versprechen auf den Grund gegangen: „Das Argument der Ernährungssicherheit ist absolut nicht haltbar. Die bäuerlichen Familienbetriebe sind unsere Ernährungssicherheit und sie pflegen dabei unsere Kulturlandschaft“, betonte Pichler.

Die bäuerlichen Familienbetriebe sind unsere Ernährungssicherheit. Robert Pichler

Für eine effiziente Produktion brauche es fötales Kälberserum. Dabei muss eine trächtige Kuh geschlachtet und der Fötus aus der Gebärmutter geschnitten werden. Aus dessen noch schlagenden Herzen wird Blut abgesaugt, bis der Fötus stirbt. Dieser Gewinnungsprozess entspricht laut herrschender Meinung der Wissenschaft nicht den Tierschutzstandards und stelle demnach hohe Krankheitsrisiken dar.

Studien: Produktion ist klimaschädlicher

Die Differenzierung der Zellhaufen erfolgt in sogenannten „Bioreaktoren“, einer künstlichen Umgebung, die nur mit einem hohen Energieaufwand möglich ist. Da ein Fleischimitat aus dem Labor im Vergleich zu einem Tier weder Haut noch Immunsystem besitzt, ist der präventive Einsatz von Antibiotika im Gegensatz zur natürlichen Tierhaltung eine Notwendigkeit, um sichere und sterile Umstände gewährleisten zu können. Die Hersteller werben unter anderem mit dem Begriff „Clean Meat“ (übersetzt: „sauberes Fleisch“), obwohl derzeit der Einsatz hormoneller Mittel und Antibiotika notwendig ist.

Zudem müssen bei Fleischimitaten natürliche Funktionen wichtiger Organe durch ex-
terne Energiequellen kompensiert werden. Studien der amerikanischen Universität Oxford weisen darauf hin, dass die Produktion von Laborfleisch klimaschädlicher und weni-
ger ressourceneffizient ist als natürliches Fleisch. Bestätigt wird dies durch eine weitere Studie der Universität von Kalifornien in Davis, wonach der Energiebedarf von Laborfleisch bis zu 25-mal mehr CO2-Äquivalente pro Kilo Fleisch freisetzt wie Produkte aus der Tierhaltung.

Abhängigkeit von Großkonzernen

Wer auf künstliche Produkte wie Laborfleisch setzt, begebe sich zudem in die Abhängigkeit einer internationalen Lebensmit­telindustrie, wo Großkonzerne bestimmen, was auf den Teller kommt. Neben tierhaltenden Landwirtschaftsbetrieben würden auch Arbeitsplätze in Verarbeitungs- und Handelsbetrieben verloren gehen. Letztendlich sei auch der Tourismus davon betroffen, da Regionen ohne die Pflege der Kulturlandschaft an Attraktivität und Wertschöpfung verlieren würden. „Aufgrund des hohen Kosten-, Energie- und Antibiotika­einsat­zes wird meiner Ansicht nach La­borfleisch in den nächsten Jah­ren keine Rolle spielen“, so das Fazit von Pichler. Falls es in der EU aber zugelassen werde, brau­che es eine deutliche Kennzeichnung.

- Bildquellen -

  • Meat Sample In Open Disposable Plastic Cell Culture Dish In Mod: tilialucida - stock.adobe.com
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AUTORThomas Mursch-Edlmayr
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