„Koalitionsverhandlungen sind am Machtrausch der FPÖ gescheitert“

Vergangene Woche wurde das Aus der Regierungsverhandlungen publik. LH-Stv. Josef Geisler und LK-Präsident NR Josef Hechenberger informieren über die Auslöser dieses Bruchs und die weiteren Forderungen der Landwirtschaft.

Die Bemühungen um eine Mitte-rechts-Regierung seien gescheitert, so ÖVP-Obmann Christian Stocker (li.). 37 Tage, nachdem Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Obmann der FPÖ, Herbert Kickl (re.), mit der Regierungsbildung beauftragt hat, legte Kickl den Auftrag vergangene Woche wieder zurück.

Nach Bekanntwerden der geplatzten Koalitionsverhandlungen und dem Zurücklegen des Regierungsbildungsauftrages durch Herbert Kickl vergangene Woche informierte der Tiroler Bauernbund rasch und unverzüglich mit einer Videokonferenz Ortsbauernobmänner und Spitzenfunktionäre über die Geschehnisse in Wien. Als Referent berichtete Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. 

LH-Stv. Josef Geisler meinte zu den Bauernbund-Funktionären im Online-Meeting: „Uns ist es ein ganz besonderes Anliegen, unsere Funktionäre vor Ort rasch und unkompliziert über wichtige Ereignisse zu informieren. Deswegen haben wir uns für die kurzfristig anberaumte Videokonferenz entschieden, um aus erster Hand zu berichten.“ 

Bei Grundfesten wird nicht verhandelt

 Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat bereits am 6. Jänner, nachdem klar war, dass die sogenannte „Zuckerlkoalition“ aus ÖVP, SPÖ und NEOS nicht zustande kommen wird, den Regierungsauftrag an Herbert Kickl übergeben. Christian Stocker hat sich als neuer ÖVP-Parteichef nach dem Rücktritt von Karl Nehammer bereit erklärt, Verhandlungsgespräche mit der FPÖ zu führen, jedoch hat er von Beginn an festgehalten, dass es eine Koalition nicht um jeden Preis geben wird. 

Dabei führte Stocker mehrfach aus, was für die ÖVP nicht verhandelbar ist. Dazu zählen beispielsweise die Grundfesten Österreichs wie Souveränität, Rechtsstaatlichkeit und eine aktive EU-Mitgliedschaft.  

„Kickl zeigte radikale Kompromisslosigkeit“

Laut dem Tiroler Bauernbundobmann habe Herbert Kickl in den Verhandlungen einmal mehr gezeigt, von welch radikaler Kompromisslosigkeit er getrieben sei: „Der FPÖ fehlt es an Konsensfähigkeit, Vertrauen und ganz klar dem Willen, ernsthafte Politik für die Österreicher zu betreiben.“ Wenn nun die FPÖ gerne so täte, als wären die Verhandlungen rein am Innenministerium gescheitert, so konnte das klar dementiert werden, so Geisler: „Destruktive FPÖ-Verhandler rund um Herbert Kickl waren an einer ernsthaften Zusammenarbeit überhaupt nicht interessiert. Herbert Kickl ist schon zu Beginn mit der Brechstange in die Verhandlungen eingetreten, statt eine Verhandlungsbasis auf Augenhöhe auszuloten. Um ein tragfähiges Regierungsprogramm zu entwerfen, müssen sich die Forderungen beider Parteien darin finden.“ 

Dabei habe die FPÖ von Anfang an mit allen Mitteln versucht, das zu verhindern und nur ihre eigenen Interessen durchzubringen. „So ist keine stabile Regierung zum Wohle der Menschen in einem Staat zu bilden. Die FPÖ war nicht bereit, ihre Positionen, die unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat gefährdet hätten, aufzugeben. Niemand kann erwarten, dass die Volkspartei dem zustimmen kann“, bestätigt Geisler. Der Machtrausch von Herbert Kickl und seinem Verhandlungsteam habe letztlich auch die FPÖ in der Bundesregierung verhindert. Dass Herbert Kickl in den letzten fünf Wochen nur insgesamt sieben Stunden am Verhandlungstisch gesessen sei, ließe an einer ernsthaften Absicht, für die Österreicherinnen und Österreicher arbeiten zu wollen, starke Zweifel aufkommen.

Starke Verhandler für die Landwirtschaft gefordert

 Was die Gruppe Landwirtschaft bei den Verhandlungsgesprächen betrifft, fand auch LK-Präsident NR Josef Hechenberger klare Worte: „Unser Ziel war es stets, für die Land- und Forstwirtschaft gute, zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln, die den langfristigen Fortbestand unserer kleinstrukturierten Betriebe, ein Einkommen für unsere Bauernfamilien und vitale ländliche Räume sichern.“ Norbert Totschnig habe gemeinsam mit seinem Team ein Paket für die Landwirtschaft ausgearbeitet, das ein ganz wesentlicher Beitrag zur Stärkung der heimischen Bauernfamilien und der Landwirtschaft in Österreich gewesen wäre, weiß Hechenberger: „Darüber hinaus hat er in den Verhandlungen auch geschafft, dass die FPÖ diesem Paket zustimmt, was wohl seinem Verhandlungsgeschick und seinem politischen Gespür zu verdanken ist. So konnte schon recht schnell aus Wien vernommen werden, dass die FPÖ den landwirtschaftlichen Punkten der ÖVP ihre Zustimmung gegeben hat.“  

Geisler stellte abermals klare Forderungen auf: „Wie auch immer es jetzt in Wien weitergeht, so fordere ich von Christian Stocker und der ÖVP, dass sie nach wie vor die Interessen der Landwirtschaft mit starken Verhandlern – allen voran Norbert Totschnig – in die neuen Gespräche einbringen. Ganz klar muss dabei eine Stärkung der Landwirtschaft in ganz Österreich, ein Chancenausgleich für das benachteiligte Berggebiet und ein Abbau der überbordenden Bürokratie im Zentrum stehen“, so Geisler weiter.  

Ganz entschieden sprach sich Josef Hechenberger gegen Kürzungen von Agrargeldern aus: „Unsere Bäuerinnen und Bauern produzieren unter den weltweit höchsten Auflagen. Eine GAP-Mittelkürzung muss ganz klar außer Diskussion gestellt werden. Das ist ein ganz wesentlicher Teil des bäuerlichen Einkommens und Garant dafür, dass unsere Höfe zukunftsfit bewirtschaftet und modernisiert werden können.“ 

Auch stellte Geisler eine weitere Forderung in den Raum: „Wir haben mit Norbert Totschnig einen Landwirtschaftsminister, der unter Beweis gestellt hat, dass man mit viel Fleiß, Hausverstand und Verhandlungsgeschick, sehr viel zum Positiven bewegen kann. Totschnig ist kein Selbstdarsteller, sondern ein Mann, der die Ärmel hochkrempelt und mit viel Fachwissen an seine Arbeit herangeht.“ Deswegen sei es aus Tiroler Sicht unabdingbar, dass Totschnig auch in Zukunft als Landwirtschaftsminister für die ÖVP in die zukünftige Regierung entsandt wird.

(Stand zu Redaktionsschluss am Dienstag, 12 Uhr.)

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  • KOALITION: PRESSESTATEMENT VON FP÷ UND ÷VP: STOCKER (÷VP) / KICKL (FP÷): HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com
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