Jetzt und in Zukunft mit Frische und Regionalität punkten

Im Kontext der Corona-Krise wurden weite Teile der Wirtschaft stillgelegt und der freie Personen- und Warenverkehr ist in Europa nur eingeschränkt möglich. In der Folge wird auf einmal so manches Thema sichtbar, das zuvor im Alltag einfach unterging. Zum Beispiel wurde uns in der Phase großer Unsicherheiten eine elementare Tatsache deutlich vor Augen geführt: Wie wichtig regionale Landwirtschaft zur Sicherung der Nahversorgung ist. Die BauernZeitung NÖ hat bei einem Marktfruchtbauern mit Direktvermarktung nachgefragt, wie dies für ihn in der Praxis ausschaut.

Stefan Detter vorm Eingang zum Ab-Hof-Laden in Absdorf.

Wer nordwestlich von Wien auf der Suche nach regional-saisonalen Lebensmitteln ist, wird am „Detter Fruchthof“ fündig. Der Hofladen von Stefan Detter in Absdorf bei Tulln (NÖ) versorgt die Menschen auch in der aktuellen Corona-Situation mit schmackhaften Bleich- und Grünspargel sowie anderen Gemüsesorten aus eigenem Anbau. Eine jahrelange Partnerschaft verbindet den „Detter Fruchthof“ auch mit dem Lebensmitteleinzelhandel, einigen Bauernmärkten bis hin zur Spitzengastronomie.

„Im Prinzip produzieren wir auf unserem Betrieb 365 Tage im Jahr Gemüse und Suppengemüse. Durch ein abgestimmtes Anbau- und Produktionsverfahren wird unser Sortiment der Jahreszeit entsprechend mit Kohlsprossen, Porree, Spargel, Bundzwiebel oder Frühkartoffeln ergänzt. Auch hat der Weinbau bei uns Tradition und wir liefern die Trauben an einen verlässlichen Abnehmer“, erklärt Stefan Detter, der auch dafür Sorge trägt, dass die Ware frisch und direkt zur Kundschaft geliefert wird.

In einer Produktionshalle wird die Ernte gereinigt, nach festgelegten Spezifikationen sortiert und für die Kunden abgepackt, etikettiert und auf Palletten für die Kühllastwagen bereitgestellt. Diese besonders arbeitsintensiven Tätigkeiten sind ohne Fremdarbeitskräfte nicht managebar.  

„Was uns von anderen Gemüsebauern unterscheidet ist, dass ich meinen Mitarbeiter ganzjährig angestellt habe“, erzählte Detter. Viele Betriebe suchen währenddessen händeringend Arbeitskräfte. Trotz zahlreicher Anfragen kann Stefan Detter auf keine Mitarbeiter verzichten, weil er selber jede helfende Hand dringend benötigt.

Am Betrieb sind, wegen der Ganzjahresproduktion, nur selten Saisonniers beschäftigt. „Das ist ein ganz anderes Zusammenarbeiten, als mit zusammengewürfelten Gruppen. Das Arbeitsklima ist familiär und zu gewissen Saisonpunkten, wie nach Abschluss der Spargelernte wird auch mit den Mitarbeitern gemeinsam gefeiert“, informierte Stefan Detter. Nach einem Rotationsverfahren wechseln sich zwei Partien ab, um zu ihren Familien nach Hause fahren können. In ihrem Quartier in Absdorf wird für die Arbeiterinnen und Arbeiter täglich zu Mittag warm gekocht.

Wie hat Corona den Arbeitsalltag verändert?

In der ersten Woche gab es im Lebensmitteleinzelhandel einen enormen Ansturm auf Lebensmittel. Der Betriebsführer erinnert sich: „Wir mussten Nachtschichten machen, um die Nachfrage zu decken und wir haben mehr ausgeliefert als in den stärksten Weihnachtswochen“. An Weihnachten ist in der Lebensmittelbranche eine Spitzenzeit. Eine Woche danach sei die Nachfrage aber wiederum extrem abgeflacht. „Jetzt sind wir mit den Liefermengen wieder genau da, wo wir mit den Mengen vorher waren“, so Detter und sagte: „Wir haben dafür gesorgt, dass wir genügend Verpackungsmaterial und Kisten auf Lager haben. Jetzt zehren wir immer noch von diesem großen Vorrat, solange bis wir wieder im normalen Rhythmus angelangt sind“.

Am Betrieb wurden seit Ausbruch der Pandemie sehr strenge Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Zum Beispiel wurden vor dem Eingangsbereich Corona-Hinweise angebracht, Desinfektionsstationen wurden installiert und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter achten penibel auf die Hygiene. Stefan Detter erzählt: „Unsere Mitarbeiter sind sich der Pandemie bewusst und wollen auch keine unnötigen Wege unternehmen. Das Personal spricht sich zusammen, wenn Einkäufe für den persönlichen Gebrauch, wie Zigaretten, gebraucht werden. Dann geht eben nur ein Arbeiter alleine einkaufen oder ich nehme ihnen etwas mit, wenn ich gerade in einem Geschäft bin“.

Gut ist, dass auf der Landwirtschaft die personelle Fluktuation gering ist. Alle Termine mit betriebsfremden Personen, die im Moment keine hohe Priorität haben, wurden bis auf Weiteres abgesagt.

Hat die Direktvermarktung an Bedeutung gewonnen?

Beim Ab Hof Verkauf kaufen die Leute um ein Drittel mehr ein als sonst. Außerdem kooperiert der „Detter Fruchthof“ mit sozialen Initiativen oder dem Nachhaltigkeitsverein und auch Hauszustellungen stehen auf der Tagesordnung.

Auf die Frage, ob die Kundschaft in Zukunft mehr auf regionale Produkte schauen, antwortete Stefan Detter: „Vielleicht nimmt die Bedeutung regionaler Produkte zu. Auf der anderen Seite, wenn ich in der Früh die Zeitung aufschlage und Angebote von ägyptischen Frühkartoffeln sehe, die als frisch und regional beworben werden, dann ist das für mich schwer zu verstehen“.

Für die Spargelbauern ist zu Saisonstart die gesamte Gastronomie weggebrochen. Dass nun in den Geschäften spanischer Spargel angeboten wird, ist für die österreichischen Produzenten unverständlich. In diesem Zusammenhang ist die Situation am Detter-Hof so, dass die Nächte in der vergangenen Woche glücklicherweise kühl waren. Es wurde gerade so viel Spargel geerntet, um die Nachfrage zu decken. Aber wenn es ab der nächsten Woche wärmer wird, weiß von den Landwirten niemand, wo sie mit dem Spargel „hinsollen“. Ohne Gastronomie ist ein stärkerer Konsumpatriotismus wichtiger denn je.

Die Firma Spar habe dem Gemüsebauern in der Vergangenheit den Rücken gestärkt. Stefan Detter betont: „Spar hätte Kohlsprossen oder Porree auch billiger in Belgien kaufen können. Doch Spar will österreichische Produkte haben und kaufte regional ein und steht hinter den Bauern, mit denen die Geschäfte ausgemacht wurden“.

Bei Spargel sieht er es etwas anders, als bei dem anderen Gemüse. Hätte er heuer einen Liefervertrag, dann hätte er wegen der kühlen Nächte ein Problem, weil er nicht ausreichende Mengen an Ware termingerecht liefern kann. Die Konsumentinnen und Konsumenten wollen aber schon jetzt Spargel essen, weil auch die Werbung bereits angelaufen ist. Das sind die zwei Seiten einer Medaille.

Im Außer-Haus-Verzehr war unsere Landwirtschaftsvertretung und die Landwirtschaftskammer bereits stark dahinter, dass die Herkunft der Lebensmittel in den Kantinen ausgezeichnet wird, so Detter. Wichtig sei es, dass Betriebsküchen und Kantinen in Zukunft auszeichnen, woher sie die Ware haben, die sie als saisonale Spezialitäten verkaufen. In Bereich der Gemüseproduktion wäre dies unklare Herkunftsangaben undenkbar, weil alles streng deklariert werden muss und die Kontrollen werden immer strenger.

Auf die Frage, ob in der Vergangenheit Skandale, wie der EHEC-Alarm seinem Betriebszweig geschadet hätte, meint Stefan Detter: „Wenn wir diesen Skandal nicht gehabt hätten, wüsste ich nicht, wo der österreichische Gemüseanbau heute wäre. Seit EHEC haben wir in der Gemüsebranche wieder einen Aufwind erlebt. Vorher kam das Kraut um 20 Cent aus Polen und in Österreich hat allein die Produktion schon damals 40 Cent gekostet“.

Ob die Corona-Krise ebenfalls einen positiven Impuls für mehr Regionalität und saisonale Frische heimischer Lebensmittel gibt, wird sich in der Zukunft weisen. (Artur Riegler)

 

- Bildquellen -

  • Titelbild: BZ/Artur Riegler
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