Größe und Stärke sind nicht mehr die zentralen Maßstäbe in der Landtechnik. In den vergangenen Jahren gewannen smarte, nachhaltige Lösungen und Umweltschutz an Bedeutung. Sie standen auch im Mittelpunkt am Online-Fachtag Landtechnik der Wintertagung.

Die Landwirtschaft steht vor enormen Herausforderungen. Einerseits wird sie durch den Klimawandel getroffen, andererseits soll sie selber die (vergleichsweise niedrigen) Treibhausgasemissionen senken.

Klimawandel zwingt zum Umdenken

Gerade in Österreich ist die durch die Verbrennung fossiler Energieträger verursachte Erwärmung besonders stark. Sie liegt laut Andreas Gobiet von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik bei 2 °C im Vergleich zur vorindustriellen Periode und ist damit fast doppelt so hoch wie im globalen Mittel. Und es könnte noch deutlich schlimmer kommen. Im Falle des Worst-Case wird das Plus bei 5 bis 7 Grad Ende des Jahrhunderts liegen. „Das ist wirklich eine andere klimatologische Welt, eine vollkommen andere Klimazone“, machte Gobiet deutlich. Das Best-Case-Szenarium, also das Erreichen des Pariser Klimaziels, würde hierzulande zu rund 2,5°C mehr gegenüber der vorindustriellen Zeit führen. Und wenn alle Klimaschutzmaßnahmen, die die internationale Staatengemeinschaft jetzt schon plane, auch umgesetzt werden, liege das Plus im Jahr 2100 bei rund 4 Grad.
Eine rasche weltweite Reduktion des Treibhausgasausstoßes ist also dringend erforderlich, im Sinne der kommenden Generationen, aber auch um internationale Verpflichtungen zu erfüllen. Dazu kommen in Europa weitere ambitionierte Umweltziele der EU, etwa eine Reduktion des chemischen Pflanzenschutzes und der Nährstoffüberschüsse um 50 %, der Düngemittel um 20 % und mehr biologische Landwirtschaft etc. Während manche dieser Ziele von einer breiten Mehrheit getragen werden, sind andere zweifelhaft. „In Europa wird diskutiert ob wir Wälder stilllegen, d.h. sie nicht mehr zu nutzen, während wir gleichzeitig die Atomkraft grün machen. Das lehnen wir vom Ökosozialen Forum zutiefst ab“, erklärte Stephan Pernkopf, Präsident desselben.

Innovationen braucht das Land

Sparsamer Ressourceneinsatz ist gefragt, nicht nur wegen der Umwelt, sondern auch aus ökonomischen Gründen, wie die enorm gestiegenen Energiepreise und damit etwa auch jene der mineralischen Düngemittel. Die Landtechnik kann hier einen Beitrag leisten, wie Pernkopf betonte: „Moderne Landmaschinen, digitale Tools und Farmmanagementsysteme unterstützen die Bäuerinnen und Bauern bei ihrer Arbeit. Vieles davon ist längst im Einsatz. Das ermöglicht es den Betrieben, Produktionsmittel einzusparen, effizienter zu wirtschaften und so Umwelt und Boden zu schonen. Damit ist die Landtechnik ein wesentlicher Puzzlestein für eine zukunftsfitte Landwirtschaft.“
Johannes Fankhauser, Sektionsleiter im Landwirtschaftsministerium, betonte auch das Thema Innovation. In Österreich sei sie ein wichtiger und zentraler Bestandteil der GAP-Strategie. Zudem werden das ÖPUL-Programm künftig ausgebaut und die Initiative Digitalisierungscluster und Innovation Farm weiterentwickelt, um die Potenziale der Digitalisierung zu nützen.

Auf die richtige Mahd kommt es an

Johannes Hintringer vom Maschinenring Oberösterreich stellte das Forschungsprojekt „Wie mähen und trotzdem Insekten schonen?“ vor. Ziel des Projekts ist es, ein standardisiertes Verfahren zur Insekten-Verlust-Messung zu entwickeln und Mähwerke zu klassifizieren. Zudem werden fünf gängige Mähtechniken und potenzielle Schutz- oder Scheuchvorrichtungen getestet und verglichen. Erste Zwischenergebnisse zeigen, dass der Doppelmessermähbalken mit nur zwei bis drei Prozent verletzten oder toten Insekten das schonendste Verfahren ist, gefolgt vom Scheibenmähwerk mit fünf Prozent. Kommt bei letzterem der Aufbereiter dazu, steigt die Anzahl der verletzten oder toten Insekten auf rund 20 %. Nur geringfügig besser sind die Zahlen, wenn Scheibenmähwerke mit Aufbereitern zusammen mit Aufscheuchstriegel oder Abweiserblech verwendet werden.

CO2-Emission reduzieren

Markus Gansberger von der Innovation Farm der HBLFA Francisco Josephinum widmete sich u.a. den Kohlendioxid (CO2)-Emissionen. Laut von ihm präsentierten Zahlen (des Umweltbundesamts und aus dem Klimaschutzbericht) ist die heimische Landwirtschaft hier auf einem guten Weg, allerdings mit weiterem Verbesserungsbedarf: Obwohl sie nur für ca. zehn Prozent der Treibhausgas-Emissionen (CO2-Äquivalente) in Österreich verantwortlich und ein Abwärtstrend seit 1990 beobachtbar ist, fehlten 2018 noch 0,3 Mio. Tonnen, um die jährliche Höchstmenge laut Klimaschutzgesetz einzuhalten.
Die Landwirtschaft beeinflusst gleich doppelt die CO2-Bilanz. Einerseits kann sie durch die Art der Bewirtschaftung Kohlenstoff im Boden langfristig als Humus festlegen. Diesbezüglich förderlich sind etwa der Zwischenfruchtanbau, organische Düngung, humusmehrende Fruchtfolgen und eine reduzierte Bodenbearbeitung. Andererseits können Landwirte Treibhausgas-Emissionen reduzieren, beispielsweise durch effizientere Bewirtschaftung, sprich Reduzierung des Energie- bzw. Betriebsmitteleinsatzes. Als Beispiel nannte Gansberger u.a. die automatische Teilbreitenschaltung in einem rechteckigen Feld, durch die 0,17 kg CO2-Äquivalente pro Hektar bei Pflanzenschutzmitteln und 34 kg bei Düngemitteln eingespart werden könnten.

Gülle: Runter mit den NH3-Emissionen

Der Anteil der Landwirtschaft an den Ammoniak (NH3)-Emissionen ist deutlich größer als jener an Treibhausgasen: Er liegt bei über 90 Prozent. Gemäß EU-NEC-Richtlinie muss Österreich bis 2030 zwölf Prozent seiner Ammoniak-Emissionen reduzieren. Sie standen im Mittelpunkt eines gemeinsamen Vortrags von Andreas Gronauer von der Universität für Bodenkultur (BOKU) und Alfred Pöllinger-Zierler von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Knapp die Hälfte der landwirtschaftlichen Ammoniak-Emissionen entfallen nach ihren Angaben auf Stall, Hof und Lagerung der tierischen Ausscheidungen, gut 40 % auf die Wirtschaftsdüngerausbringung. Dementsprechend sind primär in diesen Bereichen Maßnahmen zu setzen. Sie reichen von der Fütterung über Stallbau/Weide über Festmist-/Gülleeinarbeitung, Güllelagerabdeckung und -separierung bis hin zu bodennaher Gülleausbringung und rascher Einarbeitung/Filtration. Ein wesentlicher Hebel bei diesen Maßnahmen ist, den Kontakt der Gülle mit der Luft zu reduzieren.

Überbetriebliche Nutzung

Ein viel diskutiertes Thema im Rahmen des Fachtags war jener der Kosten und der Leistbarkeit von kleinen Betrieben. „Ich bin überzeugt davon, dass moderne Landtechnik, insbesondere auch in Verbindung mit Digitalisierung und entsprechenden Anwendungen nicht nur für mittlere und größere Betriebe ein Asset ist, sondern insbesondere auch für kleinere Betriebe“, so Frankhauser, der aber auch Österreichs Landwirtschaft eine „deutliche Übermechanisierung“ attestierte. Einen wesentlichen Aspekt für jedes am Markt agierende Unternehmen brachte Wolfgang Weichselbaum vom Maschinenring Österreich ein: „Jede Technik, die nicht ausgelastet wird, ist eine teure Technik“. Gerade bei kostspieligen Maschinen kommt daher dem überbetrieblichen Einsatz eine große Bedeutung zu, etwa über den Maschinenring.
Weichselbaum stellte diesbezüglich die „Maschinenring Teamwork App“ vor, die die „überbetriebliche Zusammenarbeit stärken und regionales Angebot sichtbar machen“ soll. Sie wurde 2021 gelauncht und ist ein Vermittlungstool, das den Einsatz neuer Technologien fördern soll. Dabei stehen den rund 2.500 Nutzerinnen und Nutzern vier Angebotstypen zur Verfügung: Maschinenvermietung, Maschinendienstleistung, land- und forstwirtschaftliche Betriebshilfe sowie Angebote des Maschinenrings an die Betriebe.
Weitere interessante Referate hielten zudem Florian Krippl, Josephinum Research, HBLFA Francisco Josephinum Wieselburg, zum Thema „Ackerbau ohne Glyphosat – Gibt es Alternativen?” und Hermann Gahr, Maschinenring Tirol, zu „Landtechnik in Berglagen: Lösungen aus der Praxis”. Durch die Veranstaltung des Ökosozialen Forums führte Verena Scherfranz von der BOKU. Die pointierte Tageszusammenfassung kam von Heinrich Prankl, Josephinum Research, HBLFA Francisco Josephinum Wieselburg.

- Bildquellen -

  • Schleppschuh Gerste Comic 4 ID96790: agrarfoto.com
- Werbung -
AUTORMichael Stockinger
Vorheriger ArtikelRindermarkt KW 05/’22: Kuhpreis legt erneut um zehn Cent zu
Nächster ArtikelAgrar-Terminmarkt 1. Feb. ’22 – Wie gewonnen, so zerronnen