Dass der Tod mit dem Leben untrennbar verbunden ist, gehört eigentlich zu den natürlichsten Dingen der Welt. In einer Zeit, in der Kulturtechniken zunehmend verloren gehen und durch fortgeschrittene Urbanisierung die große, unterstützende Gemeinschaft fehlt, ist eine vermehrte Hilflosigkeit der Trauerbewältigung einer säkularen Gesellschaft zu beobachten. Die Tiroler Hospiz-Gemeinschaft unterstützt Menschen mit einer fortgeschrittenen Erkrankung sowie deren Angehörige.
Hospiz bedeutet Begleitung, Unterstützung für Menschen, die auf einer unbekannten, für viele angstvollen Reise sind, bedeutet, ihnen – soweit möglich – Sicherheit auf ihrem Weg zu vermitteln. Das Hospizhaus in Hall in Tirol vereint zahlreiche spezialisierte Strukturen unter einem Dach und ist für Geschäftsführer Werner Mühlböck, der vergangenen Freitag im Rahmen einer Forum Land-Veranstaltung eine Führung gab, eine besondere Errungenschaft. „Die Hospizbewegung besteht aus bewegten Menschen. Wir begleiten jeden, unabhängig von finanziellen Verhältnissen, religiöser Herkunft oder Weltanschauung. Im Zentrum unserer Arbeit steht die Ganzheit des Menschen, das gilt einerseits für die Pflege auf höchstem Niveau mit moderner Palliativmedizin, und andererseits gilt es, das soziale, psychische und spirituelle Wohl zu beachten“, so Mühlböck.
Ein Teil des Lebens
Die Hospizbewegung entwickelte sich Ende der 1960er-Jahre in England. Cicely Saunders gründete 1967 das St. Christoper‘s Hospice und legte den Grundstein für die heutige Bewegung und Palliativmedizin. Die Wichtigkeit der ganzheitlichen Betreuung, hatte Saunders bereits erkannt. Ebenso die Bedeutung der guten Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen im Umgang mit schwer kranken und sterbenden Menschen. Es war unter anderem die Antwort auf eine Gesellschaft, die den Tod und Sterbende immer weiter an den Rand drängte. Somit ist das Hauptziel, das Sterben als wichtigen Teil des Lebens wieder ins öffentliche Bewusstsein zu rufen. In den 80er-Jahren begannen unterschiedliche Menschen, begeistert und fasziniert von der Hospizbewegung, ein erstes zartes Hospiz-Netzwerk in Tirol zu knüpfen. Der Verein der „Tiroler Hospiz-Gemeinschaft“ (THG), wurde offiziell 1992 gegründet und begann seine Arbeit mit einem kleinen, mobilen Hospizteam. Nach der Eröffnung einer Hospiz- und Palliativstation in Innsbruck 1998 mit acht Betten war der Anfang für eine sich ergänzende Organisationsform gemacht.

Alles unter einem Dach
2018 konnte in Hall das Hospizhaus eröffnet werden. Auf der Hospiz- und Palliativstation werden Menschen mit komplexen Symptomen wie Schmerzen, Atemnot oder Übelkeit betreut. Die 14 Plätze werden an jene Patienten vergeben, die eine Behandlung am dringendsten benötigen. Das Team aus diplomierten Pflegekräften, Ärzten, Sozialarbeitern, Seelsorgern, Psychologen und Physiotherapeuten wird dabei von geschulten ehrenamtlichen Hospizbegleitern unterstützt. Das sei laut dem Geschäftsführer auch die Obergrenze an möglichen Betten. „Wir vertreten eine Kultur des Lebens. Bei mehr Betten wird daraus ein Sterbehaus.“
Das Tageshospiz bietet spezialisierte Tagesbetreuung für mobile Menschen. Auf diese Weise kann man sich mit ähnlich Betroffenen austauschen und Angehörigen eine kurze Auszeit bieten. Ein mobiles Hospiz- und Palliativteam ergänzt das Angebot. Das Café im Erdgeschoss will vor allem ein Ort sein, an dem Zeit geschenkt wird, Zeit für Begegnungen, Gespräche, Austausch, ein Ort, der ein Innehalten und Auftanken zum Weitergehen ermöglicht.
In die Palliativambulanz können Patienten, die unter einer fortgeschrittenen Erkrankung leiden, zur ambulanten Behandlung oder Beratung kommen. Vielen Menschen ist es eine Hilfe, gemeinsam mit anderen die Trauer zu teilen. Die Kontaktstelle Trauer besteht seit 2019 und bietet die Möglichkeit zum Austausch. Das Hospizhaus in Hall stellt für Werner Mühlböck die Mitte der Bewegung dar, deren Basis nach wie vor das Ehrenamt bleibt.
Leben bis zum Schluss
„Wir haben 100 hauptamtliche und etwa 430 ehrenamtliche Mitarbeiter. Wer sich engagieren möchte, muss einen Kurs absolviert haben, der den Standards von Hospiz Österreich entspricht. Dafür ist nicht jeder geeignet, und unsere Auswahlkriterien sind sehr streng. Die Arbeit kann zuweilen sehr belastend sein, und unsere Mitarbeiter haben eigene Rituale, damit umzugehen. Unsere Einstellung bedeutet Leben bis zum letzten Atemzug und Ehrfurcht vor diesen lebenden Menschen zu haben. Es mag vielleicht überraschend klingen, aber Humor zu haben ist enorm wichtig für unsere Arbeit. Humor ist das Schmiermittel für das ganze Leben“, erklärt Werner Mühlböck. Das Ehrenamt wird auch weiterhin ein maßgeblicher Faktor bleiben, ist er überzeugt. „Der demographische Wandel verlangt nach Veränderung der bisherigen Strukturen. In Zukunft wird mehr Zivilgesellschaft und weniger Institutionalisierung nötig sein.“
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- 190103 09 Hall In Tirol Hospizhaus Tirol Schreyerdavid: David Schreyer/THG