Heuer endlich wieder ein normales Weinjahr

2020 könnte ein qualitativ hervorragender Weinjahrgang werden. Der Start der Hauptlese wird ab Mitte September erwartet. Zu hoffen bleibt, dass die erwartete gute Weinernte dazu beiträgt, die Verwerfungen am Markt samt Brexit- und Corona-Turbulenzen zu bewältigen.

Der Start der Hauptlese wird ab Mitte September erwartet. Foto: Krick/agrar-press

Vitale Reben, gut versorgt mit Regen und kaum Mangelsymp- tome, so präsentieren sich die heimischen Weingärten im Vorfeld der Lese 2020. Laut Bernhard Benedikt von der Preziso-Weinbauberatung sei heuer endlich wieder „von einem normalen Weinjahr“ auszugehen, das eine sehr gute Ernte verspricht. „Normal“ bedeutet in diesem Fall einen Start der Hauptlese ab dem 15. September. Das „sehr gut“ bezieht sich vor allem auf die Qualität der Trauben. Gibt es zur Lese zudem noch eine kühle Witterung, dann könnte 2020 sogar ein Spitzenjahrgang werden, so Benedikt.

Säuerung kaum erforderlich
Der Weinbaufachmann verweist auf die gute Entwicklung bei den Reifeparametern. Insbesondere eine Ansäuerung werde heuer nur in Ausnahmefällen erforderlich sein. Auch die etwa ab 10. August gestarteten Untersuchungen des Reifeverlaufs würden dies anzeigen.
Laufende Auswertungen des Reifefortschritts werden im Internet unter folgenden Adressen veröffentlicht:
reife.veltlinerland.at für die Region Weinviertel, veröffentlicht vom Lagerhaus-Weinbaucenter Poysdorf;
www.weinobstklosterneuburg.at/dienstleistungen/reifeverlauf.html für alle Weinbauregionen, von der HBLAuBA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg;
www.bawb.at (unter Privatproben/Reifeparameter), publiziert vom Bundesamt für Weinbau.

100 Beeren-Probe
Bei der Planung des Lesetermins zu berücksichtigen sind Mostgewicht, Säuregehalt (Gesamt- bzw. Wein- und Apfelsäure, pH-Wert) sowie auch der Gehalt an Stickstoffverbindungen (NOPA-Wert). Sortentypische Weine verlangen vollreife, gesunde Trauben, erkennbar an der bräunlichen Verfärbung der Kerne.
Spannend wird es ab etwa 15 Grad Klosterneuburger Mostwaage, je nach angestrebtem Weinstil lässt man die Trauben ausreifen. Wer die Reifeparameter selbst bestimmt, der sollte jedenfalls das Refraktometer und das pH-Meter neu kalibrieren, empfiehlt Benedikt. Entsprechende Serviceleistungen bieten ab Ende August die Lagerhaus-Weinbaucenter an. Hier sind auch individuelle Reifemessungen nach der „100-Beeren-Methode“ aus dem Weingarten möglich.
Vorteil einer individuellen Bestimmung ist auch die genauere Kenntnis der im Most enthaltenen Hefenährstoffe, insbesondere des hefeverfügbaren Stickstoffs (NOPA-Wert). Als gut versorgt gelten Moste mit Werten ab etwa 150 mg/l NOPA. Bei niedrigeren Werten ist eine Zugabe von Hefenährstoffen in Erwägung zu ziehen.
Fäulnisgefahr zeichnet sich laut Wetterprognosen derzeit nicht ab.
Ebenso gibt es derzeit keine Warnmeldungen in puncto Kirsch­essigfliege.

Esca-Vorbeugung
Im Zusammenhang mit maschineller Lese und automatisierter Schnitttechnik wird laut Benedikt die Esca-Vorbeugung immer wichtiger, um das Verschleppen dieser Pilzkrankheit von kranken auf gesunde Stöcke zu verhindern. Esca-Trauben sollten vor der Lese entfernt werden. Erkrankte Stöcke sollten vor dem Laubfall gekennzeichnet und in der Folge auf das gesunde Holz zurückgeschnitten werden (Schnitt unbedingt erst nach den gesunden Stöcken). Esca-Holz ist aus dem Weingarten zu entfernen.

Marktmisere –Traubenabsatz sichern

Hohe Vorräte und rückläufiger Konsum, diese üble „Cuvee“ am nationalen und internationalen Markt bedeutete für die heimischen Winzer bereits im Vorjahr inferiore Trauben- und Fassweinpreise. Verschärft durch die Corona-Krise und den Brexit hat die Misere am Markt auch zur diesjährigen Weinernte Bestand. Josef Glatt, Direktor des Österreichischen Weinbauverbandes, weist im Fachmagazin „Der Winzer“ auf das Erfordernis der Destillation zur Marktentlastung hin. Frankreich (4 Mio. hl), Spanien (2 Mio. hl) und Italien (1,7 Mio. hl) setzen Interventionen durch Destillation und Einlagerung. Zudem sollen in diesen Ländern heuer größere Rebflächen „grün“ also unreif auf den Boden. In Österreich sollen laut Glatt rund 100.000 Hektoliter Wein destilliert werden. Über Sensale werden Weine der Jahrgänge 2018 und älter durch den Genossenschaftsweinkeller in Wolkersdorf gesammelt. Die Destillation erfolgt bei der Agrana in Pischelsdorf. Der dabei erzeugte Industriealkohol wird vorzugsweise zu Desinfektionsmittel verarbeitet.
Glatt empfiehlt den Traubenproduzenten, sich frühzeitig um Abnehmer für die Trauben zu kümmern.

Preziso-Handbuch: Profitipps zur Weinbereitung

Das in der weinbaulichen Praxis bereits mehrjährig bewährte Preziso-Handbuch wurde für die laufende Saison überarbeitet und mit Erweiterungen neu aufgelegt. Neu sind etwa das Kapitel Bio-Wein sowie die Leitfäden zur Produktion von Rosé-Wein und Traubensaft. Neben den bewährten Arbeitsanleitungen zum Weiß- und Rotweinausbau mit unterschiedlicher Stilistik enthält die Broschüre auch Vordrucke zur Dokumentation des Gärverlaufs und der kellerwirtschaftlichen Maßnahmen bei Weiß- und Rotwein. Das Handbuch sowie weitere Arbeitsblätter sind kostenlos verfügbar.www.preziso.at

Hans Maad

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