Die EU will grüner werden. Der Green Deal der EU-Kommission soll das Wirtschaftssystem nachhaltiger, umweltfreundlicher und klimafreundlicher machen. Dazu zählt naturgemäß auch die Landwirtschaft. Sie soll sich ebenso wie andere Wirtschaftsbereiche an die Vorgaben des Green Deals halten. Dass das aber zulasten von Arbeitsplätzen und Wirtschaftsleistung gehen könnte, will nun eine Studie des US-Landwirtschaftsministeriums erhoben haben. 

Landwirtschaftliche Produktion wird sinken 

Bekanntlich will die EU-Kommission durch den Green Deal den Einsatz von Düngemitteln, Antibiotika und Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft reduzieren. Auch Landnutzungsänderungen bzw. Einschränkungen sind angedacht. Festgehalten sind diese Ziele in der Farm to Fork-Strategie und der Biodiversitätsstrategie, die zwar noch nicht in Gesetze gegossen sind, aber als Leitlinien dienen sollen. Die Studie der US-Wissenschaftler aus der Forschungsabteilung des Landwirtschaftsministeriums stellt dem Green Deal nun kein gutes Zeugnis aus. Die Forscher untersuchten verschiedene Szenarien und die finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Green Deals. Wie agrarheute.com berichtet, kam dabei unter anderem heraus, dass die landwirtschaftliche Produktion in der EU um 7 bis zwölf Prozent schrumpfen und die Wettbewerbsfähigkeit sich drastisch verringern könnte. Die landwirtschaftlichen Einkommen der europäischen Bauern würden um 16 Prozent einbrechen, während anderswo Produktion, Agrarpreise und landwirtschaftliche Einkommen steigen würde. 

Weitere Folgen gingen laut dem Forscherteam außerdem über die EU hinaus. So prognostizieren die US-Studienautoren weltweit steigende Lebensmittelpreise und einen globalen Wohlstandsverlust von etwa 96 Mrd. Euro. Dieser Wert könnte sogar noch höher liegen, je nachdem, wie weit die EU ihre Pläne auch auf andere Länder ausdehnen kann, etwa durch Handelsabkommen und darin festgehaltene Standards. Fazit: Die Maßnahmen des Green Deals würden die landwirtschaftliche Produktion der EU um zwölf Prozent schrumpfen lassen. Das hätte zur Folge, dass andere Regionen ihre Produktion steigern, um die Verluste aus der EU-Produktion zu kompensieren, so die US-Studienautoren. 

Auswirkungen auf bäuerliche Einkommen 

Auch in einer Studie des EU-Parlaments weisen die Autoren darauf hin, dass es noch genauere Analysen bedürfe, um berücksichtigen zu können, mit welchen Preisänderungen der Markt auf die Green Deal-Maßnahmen reagieren werde. Verschiedene Ziele aus dem Grünen Deal könnten sich aber erheblich in dem Einkommen der Landwirte niederschlagen, wenn sie verbindlich gemacht werden, heißt es in der Studie weiter. Die landwirtschaftlichen Einkommen von konventionellen Betrieben könnten um bis zu 25% sinken könnten. Allerdings wird der Einkommensverlust nur dann so drastisch ausfallen, wenn sich bei extensiverer Produktion weder die Preise für Betriebsmittel verringern noch die Preise für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse steigen. 

Es sei aber damit zu rechnen, dass das verminderte Angebot zu 4,6 % höheren Getreide- und Ölsaatenpreisen führe, hält die Studie fest. Die Erzeuger von Schweinefleisch und Geflügel könnten sogar mit Preissteigerungen von bis zu 11 % rechnen. Außerdem wurden in der Studie bei den angenommenen Einkommensverlusten von 25 % die geplanten Prämien für die neuen Umwelt- und Klimaauflagen aus dem Green Deal nicht gegengerechnet. 

EU-Abgeordnete Simone Schmiedtbauer forderte angesichts der Studienergebnisse eine gesamthafte Betrachtung der GAP. „Die Studie wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet. Irritierend ist, dass die Einkommen der bäuerlichen Familienbetriebe in der konventionellen Landwirtschaft offenbar um bis zu 25 Prozent sinken und zugleich mit neuen Aufgaben und Auflagen verbunden sind. Das ist auch nicht mit den Vorgaben des EU-Rechts für die GAP vereinbar.“ Schließlich muss die GAP laut EU-Vertrag „die Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschritts, Rationalisierung der landwirtschaftlichen Erzeugung und den bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren und dabei insbesondere der Arbeitskräfte steigern“. Auf diese Weise soll das Einkommen der Landwirte wachsen. 

Verhandlungen über Grüne Architektur stocken 

Über ebendiese Ausgestaltung der Grünen Architektur GAP ab 2023 diskutieren derzeit EU-Rat, -Parlament und -Kommission. Die sogenanten Trilogverhandlungen gerieten jüngst aber ins Stocken. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft gerät bei den zukünftigen Umwelt- und Klimaauflagen in die Defensive. Die EU-Mitgliedstaaten möchten bei den nicht produktiven Flächen für die Artenvielfalt und bei den gewünschten extensiven Fruchtfolgen nicht so weit gehen wie das Parlament, berichtet aiz.info. Ob die ursprünglich angepeilte Einigung über die Grüne Architektur bis Juni 2021 damit noch möglich ist, bleibt offen. 

Unterdessen kündigte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski an, jedem EU-Mitgliedsland 15 Empfehlungen für die nationale GAP-Umsetzung mitzugeben. Dabei will der Kommissar aber auf Mengenangaben bei den Klima- und Umweltzielen verzichten, er wolle stattdessen in den Dialog treten. Für Landwirte sollte es keinen Zwang, aber Anreize für die Reduzierung umwelt- und klimabelastender Betriebsmittel geben, so der Kommissar. Derzeit liegen die Empfehlungen an Österreich noch nicht vor. 

Eva Zitz

Studie EU-Parlament: https://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document.html?reference=IPOL_STU(2020)629214

Studie US-Landwirtschaftsministerium: https://www.ers.usda.gov/publications/pub-details/?pubid=99740

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  • Green Deal No Deal: Fokussiert  – stock.adobe.com
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