In der Sitzung des Tiroler Landtages wurde vergangene Woche eine Novelle zum Tiroler Grundverkehrsgesetz beschlossen. Welche Ziele werden damit verfolgt?

GEISLER: Aus bäuerlicher Sicht ist vor allem der grüne Grundverkehr von wesentlicher Bedeutung. Hier soll auf einen zunehmenden Verlust landwirtschaftlicher Flächen durch Verbauung oder durch Spekulation reagiert werden. Darüber hinaus sind auch im Baulandgrundverkehr Maßnahmen geplant, um dem steigenden Druck auf den Wohnungsmarkt entgegenzutreten. Beispielsweise werden Vorbehaltsgemeinden eingeführt, in welchen eine Erklärungspflicht zur Verhinderung neuer, unzulässiger Freizeitwohnsitze gelten wird.

Welche Maßnahmen werden gesetzt, um eine aktive Landwirtschaft zu unterstützen?

GEISLER: Mit der Aufhebung der Selbstbewirtschaftungspflicht durch den Europäischen Gerichtshof bzw. den Verfassungsgerichtshof vor 15 Jahren hat der grüne Grundverkehr vieles eingebüßt. Diese höchstgerichtliche Entscheidung hat die Politik nicht gewollt, war aber natürlich daran gebunden. Wir versuchen nun, bei den Genehmigungskriterien nachzuschärfen, um spekulativen Grunderwerb an landwirtschaftlichen Grundstücken zurückzudrängen:

Zum Ersten wird eine Pflicht zur ordnungsgemäßen und nachhaltigen Mitbewirtschaftung im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes des Käufers als Genehmigungsvoraussetzung eingeführt. Damit soll verhindert werden, dass eine Person, die Landwirt im Sinne des Gesetzes ist, ungehindert Grundstücksflächen im gesamten Bundesland kaufen kann, ohne dass diese selbst bewirtschaftet werden müssen.

Zum anderen wird im Bereich der Neueinsteigerregelung nachgeschärft. Es braucht hier zukünftig eine zumindest fünfjährige praktische Tätigkeit im landwirtschaftlichen Bereich oder eine landwirtschaftliche Ausbildung nach dem Tiroler landwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz. Außerdem muss ein fachkundiges Betriebskonzept vorgelegt werden, welches dann eingehend überprüft wird.

Vorgesehen ist, dass zukünftig dem Landeskulturfonds und dem Tiroler Bodenfonds Interessentenstellung zukommen soll. Was soll damit erreicht werden?

GEISLER: Hier muss man sicherlich betonen, dass ein Interessentenverfahren nur bei einem Rechtserwerb durch einen Nichtlandwirt durchgeführt wird. Kauft also ein Nichtlandwirt ein Feldgrundstück oder eine bäuerliche Liegenschaft, ist die Bewilligung zu versagen, wenn sich im Rahmen des auszuschreibenden Interessentenverfahrens ein Interessent meldet. Der Verkäufer ist dann aber nicht verpflichtet, dem aufgetretenen Interessenten sein Grundstück oder seine Liegenschaft zu verkaufen – der Grundverkehr kann also nur ein abgeschlossenes Kaufgeschäft bewilligen oder nicht bewilligen, einen „besseren“ Käufer kann er nicht aussuchen. Wenn also ein Nichtlandwirt landwirtschaftlichen Grund kaufen will, kann dies künftig auch durch Landeskulturfonds und Tiroler Bodenfonds verhindert werden. Der Tiroler Bodenfonds darf dies im Übrigen nur in ganz engen Grenzen, wenn nämlich die Grundstücke nicht der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden.

Der Druck auf landwirtschaftlichen Grund und Boden wird in den letzten  Jahren immer größer. Werden weitere Maßnahmen gesetzt, um dem entgegenzutreten?

GEISLER: In mehreren Bereichen versuchen wir, Nachschärfungen vorzunehmen: So wird zukünftig die Aufteilung landwirtschaftlichen Vermögens auch im Familienkreis schwieriger werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine solche Aufsplitterung oftmals zum Entzug aus der landwirtschaftlichen Nutzung führt. In der überörtlichen Raumordnung haben wir ja zum Schutze größerer zusammenhängender Flächen sogenannte „Landwirtschaftliche Vorsorgeflächen“ eingeführt. Im Grundverkehr nehmen wir nunmehr darauf Bezug und schränken Rechtserwerbe an landwirtschaftlichen Grundstücken zur Erweiterung von gewerblichen und industriellen Anlagen so ein, dass landwirtschaftliche Vorsorgeflächen dabei nicht in Anspruch genommen werden dürfen.

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  • 20201014 VPB02130: ANGERER VP
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AUTORred. AH
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