Fühlen Sie sich von Ärzten unverstanden?

Wer krank ist, hat eine Menge Sorgen. Umso wichtiger ist es, einen Arzt zu finden, dem man vertraut und an den man sich wenden kann.

Leider gestaltet sich die Arzt-Patienten-Kommunikation oft schwierig, doch woran liegt das? ©Wodicka
Leider gestaltet sich die Arzt-Patienten-Kommunikation oft schwierig, doch woran liegt das? ©Wodicka
Die BauernZeitung befragte Univ.-Prof. Dr. Josef W. Egger von der Medizinischen Universität Graz und Herausgeber der Fachzeitschrift “Psychologische Medizin” zum Thema Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten.

Patienten beklagen sich öfters, dass Ärzte nicht mit ihnen reden und nicht auf ihre Probleme eingehen. Ist diese Kritik berechtigt?
Univ.-Prof. Dr. Josef W. Egger: Für eine optimierte Arzt-Patient-Kommunikation braucht es das Zusammenspiel beider Seiten. Der Arzt benötigt eine gute kommunikative Ausbildung, damit er das ärztliche Gespräch so führen kann, dass er einerseits das medizinische Problem so rasch wie möglich in einer verständlichen Form mitteilen und andererseits die berechtigten Bedürfnisse des Patienten nach weiterer Information und Hilfe besprechen kann. Aufseiten des Patienten braucht es (auöer im Akutfall) ein Vorbereitetsein auf das gemeinsame Gespräch, welche Fragen am dringlichsten abzuklären sind (“Was habe ich?”, “Was soll konkret getan werden?”, “Wie geht es weiter; was habe ich zu erwarten?”). Schnell abgefertigt zu werden, ist ein Alptraum für Patienten.

Ärzte argumentieren, sie hätten keine Zeit für Gespräche. Ist dem sö
Egger: Natürlich gilt auch in der Medizin: “Zeit ist Geld.” Ein gutes ärztliches Gespräch braucht zwar am Beginn der Problemlösung etwas Zeit, aber diese erspart sich der Arzt im weiteren Verlauf der Behandlung. Ein kommunikativ kompetenter Arzt braucht – über den gesamten Behandlungsverlauf gesehen – wesentlich weniger Zeit für eine patientengerechte Besprechung als ein ungeschulter. Dass es auch heutzutage noch gelegentlich “Flieöbandmedizin” und fehlende Information bzw. Aufklärung gibt, liegt nicht nur an den Ärzten, sondern auch an der finanziellen Bevorzugung der “Apparatemedizin” gegenüber der “sprechenden Medizin”.

Worin sehen Sie den Hauptgrund für das häufige Scheitern der Arzt-Patienten-Kommunikation?
Egger: Auch dafür gibt es ganz unterschiedliche Gründe. Der Arzt ist gewohnt, in seiner Fachsprache zu denken, zu handeln und zu sprechen. Diese Sprache ist weit weg von der Alltagssprache, sodass jeder Arzt dem Patienten den medizinischen Sachverhalt erst in eine verständliche Form übersetzen muss. Aufgrund der oft fehlenden aktiven Kommunikation kommen wichtige Fragen nicht auf den Tisch. Es hilft hier, wenn entweder der Arzt nachfragt, ob die wichtigsten Punkte erörtert wurden oder ob noch Klärungsbedarf besteht, bzw. der Patient seine offenen Punkte direkt anspricht.

Wie ist es um die Empathie (Kompetenz des Arztes, sich in den Patienten hineinzuversetzen) unserer Ärzte bestellt?
Egger: Empathie ist für den Arzt unabdingbar. Zuviel des Mitfühlens ist aber genau so schlecht wie zu wenig Empathie. Schlieölich ist der gute Arzt nicht nur ein medizinischer Ingenieur, der weiö, wie er was “reparieren” kann, sondern auch einer, der die Ängste, Nöte und Bedürfnisse des Patienten erfasst. Der gute Arzt ist also einer, der nicht nur die “Reparaturmedizin”, sondern auch die “sprechende Medizin” beherrscht. Im Idealfall wird also das “Körperliche” nicht vom “Seelischen” getrennt, sondern gemeinsam angepackt.

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