“Fleischrebell” stellt Preisbildung bei Schlachtschweinen infrage

Österreichs Schweinemarkt ist eng mit dem deutschen Markt verknüpft. "Zu eng", meint der heimische Fleischverarbeiter Fritz Floimayr.

Weg vom deutschen Preisbildungsmodell bei Schlachtschweinen! Mit dieser Ansage lässt der Firmenchef des oberösterreichischen Fleischverarbeiters GourmetFein, Fritz Floimayr, aufhorchen. Der vor allem auf Produktion und Vertrieb von „Naturkrusten-Leberkäse“ ausgerichtete Unternehmer bietet seinen bäuerlichen Schweinelieferanten künftig ein Fixpreismodell, das über einen Zeitraum von zunächst einem Jahr einen Preis garantiert, der laut einer Presseaussendung vom 29. September „um rund 20 Prozent über dem aktuellen Marktpreis“ liegen soll.

202 Euro brutto pro 100 kg-Schwein

Nach dem konkreten Bauernpreis befragt, erläutert Floimayr, dass die GourmetFein-Landwirte derzeit für ein 100 kg-Schlachtschwein 202 Euro erlösen (Preisangabe inkl. MwSt.). Er könne zu diesen Konditionen jährlich rund 60.000 Schlachtschweine verarbeiten, die gegenwärtig von 46 Partnerbauern angeliefert werden. Etwa 100 Bauern seien derzeit auf einer Warteliste, um an GourmetFein vermarkten zu können. Zu den Eckpunkten des Liefervertrages zählen allerdings auch einige Auflagen in puncto Fütterung und Tierhaltung. So müsse das Futter zu 80 Prozent aus hofeigener Produktion stammen, es darf nur GMO-freier Sojaschrot zum Einsatz kommen, beim Pflanzenschutz ist Glyphosatverzicht vorgeschrieben und auch in der Haltung gibt es besondere Vorgaben für das Tierwohl. Floimayr setzt „bereits langjährig zu 100 Prozent“ auf das AMA-Gütesiegel.

Markige Ansagen

Aufhorchen lassen allerdings auch die markigen Ansagen, mit denen Floimayr sein Vermarktungsmodell als Vorbild für die heimische Schweinebranche darstellt. Die weitgehende Orientierung des Vermarktungsmodells der Österreichischen Schweinebörse am „Schweinemast-Hochindustrieland Deutschland“ hält er für eine „nicht länger hinnehmbare Entwicklung“. Denn dies sei für die kleinstrukturierten heimischen Schweinebauern aufgrund niedriger Marktpreise und fehlender Planungssicherheit („Volatilität von bis zu 50 Prozent“) desaströs. Sie können mit der ausländischen Industrie nicht auf Dauer mithalten, laufend müssen Schweinehalter ihre Betriebe für immer schließen. Die Tageszeitung Der Standard verlieh Floimayr augrund dieser Sprüche den Titel „Fleischrebell“.

Der Kunde muss dem Handel die Grenzen aufzeigen

Den Weg, um sein Schweinemarktmodell breiter umzusetzen, sieht Floimayr in der verpflichtenden Kennzeichnung der Herkunft von Lebensmitteln in Österreich. Er sieht sich bei dieser Forderung auf einer Linie mit dem aktuellen Tierschutzvolksbegehren, dass er auch „vollinhaltlich“ unterstütze. Um auf breiterer Grundlage voranzukommen, müsse man über die Konsumenten Druck aufbauen, dann würden auch die großen Handelskonzerne wie Hofer, Rewe oder Spar einlenken. Floimayr ist sich bewusst, dass er im Gegenwind zur eigenen Branche segelt. In der Fleischverarbeitung gehören die Austauschbarkeit der Ware samt Niedrigstpreisorientierung zum Geschäftsmodell vieler Mitbewerber. Dies gehe auf Kosten des Tierwohls und der heimischen Bauern, ist Floimayr überzeugt. Diesem System müsse man mit Unterstützung der Konsumenten die Grenzen aufzeigen.

Österreichbörse hat ein bewährtes Modell

Seitens der Österreichischen Schweinebörse verweist Geschäftsführer Johann Schlederer auf die Zusammenhänge im EU-Binnenmarkt. Es sei Unternehmen wie GourmetFein unbenommen, Marktnischen bestmöglich zu nutzen. Daran arbeiten auch die Erzeugerorganisationen mit Markenprogrammen mit erhöhten Standards (z. B. „Strohschwein“ oder „Mehr Tierwohl“ im Rahmen des AMA-Gütesiegels). Zu bedenken gibt Schlederer weiters, dass die Österreichbörse allein in einer Spitzenwoche annähernd so viele Schweine zu vermarkten habe, wie beispielsweise GourmetFein in einem Jahr. Zudem beinhalte die Vermarktung über die Börse Zusatzleistungen wie insbesondere die Abnahme- und Zahlungssicherheit. Diese Zusatzleistungen seien bei einem Preisvergleich zu berücksichtigen. In Summe sei das Modell der Österreich-Börse bereits über viele Jahre bewährt, ein besseres sei derzeit nicht in Sicht.

Hans Maad

Quelle: OMV-Viva
OMV-Viva hat im vergangenen Juni von GourmetFein zu einem neuen Leberkäse-Lieferanten gewechselt.

Als Lieferant bei OMV-Viva ausgewechselt

Unternehmer Floimayr hat mit der Fokussierung auf Tierwohl, Regionalität, gesicherte rückvollziehbare Herkunft und Qualität den wirtschaftlichen Erfolg auf seiner Seite. Seit der Übernahme eines handwerklichen Fleischreibetriebes in Michaelnbach, Bezirk Grieskirchen, im Jahr 2004 hat er sein Unternehmen zu einem Jahresumsatz von rund 25 Millionen Euro entwickelt. GourmetFein beliefert österreichweit Tankstellen, Gastronomen und selbstständige Händler von Nah & Frisch, Adeg und Spar. Auch in Deutschland stehen etwa 70 Vertriebsstellen auf der GourmetFein-Landkarte. Dass aber selbst die Vorzüge seiner Produktionsweise keine Garantie gegen wirtschaftliche Rückschläge sind, musste Floimayr im Juni des heurigen Jahres zur Kenntnis nehmen. Denn in den Viva-Tankstellen-Shops der OMV wurden die GourmetFein-Produkte unvermittelt gegen Produkte anderer Lieferanten ausgewechselt. GourmetFein hat damit auf einen Schlag etwa 186 der bis dahin insgesamt rund 860 Vertriebsstellen insbesondere für Leberkäse verloren. Laut Floimayr war der Preiswettbewerb seitens der Mitbewerber ausschlaggebend. Von OMV selbst gab es zu dem Lieferantenwechsel die Begründung, dass dies ein üblicher Vorgang sei. Man evaluiere von Zeit zu Zeit die Kundenbedürfnisse unter Berücksichtigung von Qualität und Preis. Dies sei ausschlaggebend gewesen für den Wechsel zu einem neuen Lieferanten.

- Bildquellen -

  • 200930 Viva Semmel Web: OMV-Viva
  • 200930 Preisentwicklung Schweinehaelften Web: agrarfoto.com
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QuelleHans Maad
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