Minus 12,7 Prozent bei Frischfleisch, 6,5 Prozent weniger Wurst und Schinken – so lautet die triste Bilanz der AMA-Marketing, die dieser Tage eine durch die Marktforscher von KeyQuest erstellte Auswertung des aktuellen heimischen Konsumverhaltens vorlegte. „Kostendruck Inflation und Anpassung an eine Post-Covid-Normalität“, titelte das „RollAMA“-Ergebnis.

Tatsächlich fielen von Jänner bis September 2022 die Haushaltsausgaben für Lebensmittel insgesamt um knapp 1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Mengenmäßig landet der Gesamtkonsum wieder auf dem Vor- Pandemie-Niveau: 1,2 Mio. t Lebensmittel wurden heuer bisher im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) inklusive Diskonter umgesetzt. Heuer zahlten Herr und Frau Österreicher für denselben Einkauf jedoch gut 13 Prozent mehr als vor Corona. Die Konsequenz daraus: es wird gespart. Sowohl Einkaufsfrequenz als auch Menge gehen zurück, der absolute Absatz an Gemüse, Milch und besonders Fleisch je Haushalt ist rückläufig. Deutlich Zuwächse auf Kosten des klassischen Lebensmitteleinzelhandels verzeichnen die Diskonter.

Inflationsopfer Fleisch
Auch der Handel bestätigt den aktuellen Rückgang im Fleischabsatz. Konkret beziffert Spar-Pressesprecherin Nicole Berkmann den Absatzeinbruch zwischen 3 bis knapp 10 Prozent „wobei im Vergleichszeitraum im Vorjahr die Gastronomie teilweise geschlossen hatte, weshalb der Fleischkonsum im LEH höher war als sonst“, wie sie relativierend ergänzt. Es passiere gerade ein Wandel im Sortiment: „Es werden deutlich mehr niederpreisige Artikel gekauft“, weiß Berkmann. Ähnliches ist aus der Lidl-Zentrale in Salzburg zu hören.

Rindfleisch zähle bei Marktführer Spar zu den Verlierern. Das bestätigen auch die Marktforschungsergebnisse der AMA-Marketing. In Summe verteuerte sich Fleisch heuer bis Herbstbeginn um 16 Prozent. Nahezu ein Fünftel weniger Rind- und Kalbfleisch wurde dabei im ersten Halbjahr konsumiert. „Das ist sicherlich inflationsgetrieben“, meint Berkmann. Laut AMA-Daten wurde Rindfleisch zuletzt um gut 50 Cent je kg teurer, auch das traditionell günstigere Schweinefleisch zog preislich an, es kostet mittlerweile im Durchschnitt 8,42 Euro. Dort sei die Absatzentwicklung aber laut Spar nach wie vor positiv.

Auch Rewe-Pressesprecher Paul Pöttschacher will den Absatzrückgang im Fleischsortiment nicht negieren. Der sei die Konsequenz gestiegener Lebenserhaltungskosten, „normalisierter Gastronomienutzung“ und der allgemeinen Abkehr von Fleisch aufrund der Tierwohl- und Klimadebatten, so Pöttschacher. Lediglich der Diskonter Hofer scheint tatsächlich von der Teuerung profitieren zu können. Man sei „trotz herausfordernder Zeiten mit der derzeitigen Entwicklung im Bereich Fleisch und Wurst zufrieden“, heißt es auf Anfrage in der Hofer-Zentrale in Sattledt. Nebst den Absatzrückgängen zeigen die RollAMA-Daten auch einen klaren Trend zu Aktionen.

40 % Aktionsanteil
So überschritt der Aktionsanteil bei Fleisch heuer die 40-Prozent-Marke und ist damit im Vergleich zum übrigen Lebensmitteleinkauf überproportional hoch. Generell kaufen die Konsumenten nun ein Drittel der Waren in Aktion. An ihrer Aktionspolitik werden die Supermärkte auch künftig festhalten, so der Tenor unter den Pressesprechern. Bei Lidl erfreut man sich an einem Aktionsgeschäft, das genauso wie Billig-Faschiertes „unverändert gut läuft“.

Auch Spar plant den Ausbau seiner Aktionen – der „preissensiblere Konsument“ wolle das so, sagt Nicole Berkmann. Und ihr Pendant von Rewe ist sogar überzeugt: „Die Aktionstätigkeit des Lebensmitteleinzelhandels bewahrt die landwirtschaftlichen Erzeuger vor einem deutlicheren Absatzrückgang und verhindert einen Konsumabsturz.“ Hofer versucht mit den Aktionen „ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis anzubieten“, man sei „als Diskonter in Krisenzeiten besonders gefordert, den unterschiedlichen Ansprüchen und Haushaltsbudgets beim Fleischeinkauf gerecht zu werden.“

Trend zu Qualität
Die Ansprüche der Konsumentenschaft spiegeln sich auch in den Marktanalyse- Daten wider. So gewinnt Bio- Fleisch heuer mit einem wertmäßigen Anteil von über 7 Prozent an Bedeutung, obgleich die Inflationsentwicklung gegensteuert. Nahezu alle Handelsketten betonen die weiterhin steigende Nachfrage ihrer Bio- und Tierwohlschienen im Fleischbereich. „Wir werden innerhalb eines Jahres den Anteil der Programme bei Schwein auf 25, bei Rind auf 45 und bei Huhn auf 60 Prozent steigern“, gibt Rewe-Sprecher Pöttschacher Einblicke die Zukunftspläne des Handelsriesen.

Indes notiert die Produzentenseite momentan durchwachsene Bilanzen. Die ARGE Rind spricht im Marktbericht von „grundsätzlich guter Nachfrage seitens Lebensmitteleinzelhandel und Großhandel“. Mit folgendem Wermutstropfen: „Zusehends wird uns signalisiert, dass die Preisspitze erreicht sein könnte.“ Möglicherweise gehört die verhaltene Nachfrage also zur „neuen Normalität“ in Österreich, welches im Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung derzeit noch auf Platz 3 der Top- Fleischverbraucher der EU rangiert.

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  • 47 FleischabsatzFleischtheke: CONTRASTWERKSTATT - STOCK.ADOBE.COM
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AUTORClemens Wieltsch
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