Feinderlwirtschaft

Kommentar von Conrad Seidl,
Redakteur “Der Standard”

Groß ist die Empörung von Opposition und Medien über die „Freunderlwirtschaft“, die es bei diversen Postenbesetzungen durch die Regierung gegeben hat. Ähnlich groß die Betretenheit vor allem bei der ÖVP, der die durch die Aktionen der Justiz bekannt gewordenen Textnachrichten peinlich sind. Und die verschämt darauf verweist, dass ja andere Parteien auch Freunderlwirtschaft betreiben, wenn sie die Gelegenheit dazu haben. Ja, eh.
Das ist aber keine ausreichende Erklärung; vor allem ist es keine politische Erklärung.
Vielmehr sollten die Verantwortlichen darauf hinweisen, dass es eben in ihrer Verantwortung liegt, Personen ihres Vertrauens in Schlüsselpositionen zu bringen.
Was wäre denn die Alternative dazu? Personen bestellen, denen man nicht vertraut, die aber der Opposition gefallen – „Feinderlwirtschaft“, sozusagen? Das kann nicht wünschenswert sein. Denn die politische Letztverantwortung liegt ja doch bei der Regierung. Also sollten deren Vertreter dazu stehen, dass sie Personen ihres Vertrauens in Aufsichtsräte, Vorstände und Spitzenposten der Verwaltung entsenden, um den demokratisch legitimierten politischen Willen durchzusetzen.
Gänzlich ungeeignet dürfen diese Leute sowieso nicht sein, aber sehr viel ist Ermessenssache.
Wenn sich die installierten Personen als unfähig oder auch bloß als erfolglos erweisen, dann ist unmissverständlich klar, welcher Politiker und welche Partei das zu verantworten hat. Sind sie erfolgreich, was zu wünschen ist, darf sich das umgekehrt die entsendende Partei zugutehalten.

conrad.seidl@gmx.at

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