Die Europäische Kommission soll beim Tempo der kurzfristig erwarteten Gesetzesvorschläge einen Gang zurückschalten. So lautet der Appell des Landwirtschaftssauschusses im EU-Parlament vergangene Woche. In einem Brief an die Kommissare für Kohäsionspolitik, Landwirtschaft und Haushalt, Raffaele Fitto, Christophe Hansen und Piotr Serafin, warnt die Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Veronika Vrecionová, im Namen der Agrarsprecher der Fraktionen vor einer Überlastung der interinstitutionellen Arbeitsfähigkeit. Das Schreiben wurde dem Pressedienst Agra-Europe vergangene Woche exklusiv zugespielt.
Allen voran wird der Plan kritisiert, die Gesetzesvorschläge zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2027 zeitgleich mit der laut offizieller Kommissionsagenda am 16. und 23. Juli geplanten Präsentation des nächsten Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) vorzulegen. Und das, obwohl die Agrarier im EU-Parlament derzeit noch am Initiativbericht des Parlaments zur nächsten EU-Agrarreform arbeiten. „Dieser Beitrag liefert der Kommission einen wertvollen Hinweis auf die politische Richtung und die Prioritäten, die sich im Gesetzgebungsprozess voraussichtlich herauskristallisieren werden“, so Vrecionová. Gefordert wird, dass diese Überlegungen abgeschlossen und gebührend berücksichtigt werden, bevor neue Legislativvorschläge zur GAP formell auf den Weg gebracht werden.
Zuerst Finanzierung, dann GAP
Darüber hinaus wird auf die bisher üblichen Verfahrensweisen verwiesen. Demnach werden zunächst die MFR-Vorschläge und dann mit mindestens einigen Monaten Abstand die GAP-Gesetzesentwürfe präsentiert. Hinzu kommt aus Sicht des Ausschusses, dass aktuell bereits intensiv an offenen Legislativvorhaben gearbeitet werde. Als Beispiele werden die Reform der Gemeinsamen Marktorganisation sowie das GAP-Vereinfachungspaket genannt. Auch aus diesen Gründen würde aus Sicht der Abgeordneten die Arbeit an einer umfassenden GAP-Reform sowohl die institutionellen Kapazitäten als auch die der Beteiligten überfordern.
Außerdem wird befürchtet, dass ein zu schnelles Abarbeiten die rechtliche Qualität der Vorschläge gefährden könnte. Die Agrarpolitiker weisen auf die vorangegangene GAP-Reform hin, „die eine längere Vorlaufzeit hatte“. Bereits hier habe es wegen technischer Unzulänglichkeiten Kritik gegeben. „Ein angemessener Zeitplan würde helfen, solche Probleme diesmal zu vermeiden“, heißt es in dem Brief.
Schließlich sind die Parlamentarier ebenfalls der Meinung, dass ein umfassender Konsultationsprozess mit den Mitgliedstaaten, Landwirten und Interessenvertretern für die Legitimität und den Erfolg der künftigen Reform von wesentlicher Bedeutung ist. Die Vorlage von Vorschlägen ohne ausreichend Zeit für Dialog und Feedback werten sie hingegen als verpasste Gelegenheit, eine breite Unterstützung für die nächste Generation der Agrarpolitik aufzubauen.
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- Europafahnen: finecki - STOCK.ADOBE.COM