EU-Kommission hält die GLÖZ-Standards weiter hoch

Der Kommissionsvorschlag zur Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) reduziert die Umweltstandards der aktuellen GAP weniger als erwartet. Lediglich beim Schutz von Grünland sind konkrete Abschwächungen vorgesehen.

EU-Agrarkommissar Christophe Hansen hat sein Omnibus-Pakt vorgelegt.

Vorweg: Biobauern sollen künftig als „Grün per Definition“ gelten, Betriebskontrollen nur noch einmal im Jahr erfolgen. Die Agrarreserve der Union soll durch zusätzliche nationale Maßnahmen entlastet werden.

Das Abschwächen der Standards für „Guten Landwirtschaftlichen und Ökologischen Zustand“ (GLÖZ) wird wohl weniger deutlich ausfallen als zunächst gedacht, berichtet Agra-Europe. Das geht aus den heute, Mittwoch, präsentierten Vorschlägen der EU-Kommission betreffend das sogenannte „Omnibus-Paket“ hervor.

Diese sehen vor allem Anpassungen an den Verwaltungs- und Kontrollabläufen vor. Auch Überschneidungen mit bestehenden nationalen Vorschriften sollen verringert werden.

Änderungen bei GLÖZ 1

Bei den GLÖZ-Standards soll es Änderungen beim Schutz von Dauergrünland, Moor- und Feuchtflächenschutz sowie der Anlage von Pufferstreifen an Wasserläufen geben. Beim Dauergrünland (GLÖZ 1) sollen die Mitgliedstaaten die akzeptierte Höchstgrenze für den Rückgang von fünf auf zehn Prozent anheben dürfen; Referenzjahr bleibt 2018. Zudem sollen entsprechende Grasflächen den Status „Dauergrünland“ erst nach einer Dauer von sieben Jahren ohne Umbruch erhalten. So ist etwa ein Umbruch nur noch in Ausnahmefällen zulässig. Bisher lag die Frist bei fünf Jahren.

Zusätzliche Vergütung bei GLÖZ 2

Bei GLÖZ 2, also dem Schutz von Mooren und Feuchtgebieten, sollen EU-Mitgliedstaaten ihren Bauern, die sich an die gegebenen nationalen Vorschriften halten, eine zusätzliche Vergütung anbieten können. Dies gilt insbesondere dann, wenn die nationalen Vorgaben über EU-Recht hinausgehen.

GLÖZ 4 bleibt wie gehabt

Praktisch keine Änderungen zum Status quo soll es beim GLÖZ-4-Standard zur Schaffung von Pufferstreifen an Gewässern geben. Allerdings ist ein Abbau von Überschneidungen mit anderen Gesetzen wie etwa dem Wasserrecht vorgesehen, die dementsprechend administrative Belastungen der Landwirte nicht ausschließen.

Biobetriebe sind „Grün per Definition“

Über Vereinfachungen freuen können sich Biobauern. So wird bei zertifizierten Betrieben automatisch davon ausgegangen, dass sie einige der EU-Umweltanforderungen für eine Förderung erfüllen. Fachleute sprechen von „Green by Definition“. Dies betrifft vor allem die GLÖZ-Standards.

Satelliten verringern Vor-Ort-Kontrollen

Um den Verwaltungsaufwand für die Kontrollen zu verringern, werden diese durch den Einsatz von Satelliten und Technologie vereinfacht. Darüber hinaus wird ein neuer Grundsatz eingeführt: nur eine Vor-Ort-Kontrolle pro Jahr und Betrieb.

Agrarreserve nur noch bei Marktverwerfungen

Anpassungen soll es auch bei der Agrarreserve geben. So werden über die Erste und Zweite Säule neue Arten von Krisenzahlungen eingeführt. Laut Kommission können die Mitgliedstaaten bei Bedarf bis zu drei Prozent ihrer jährlichen GAP-Mittel einsetzen, um Landwirte bei der Bewältigung von direkten Schäden bei Naturkatastrophen oder Tierseuchen zu unterstützen. Dafür muss jeder Mitgliedstaat seinen Strategieplan anpassen. Diese neuen Möglichkeiten sind mit Schutzklauseln versehen, um sicherzustellen, dass sie den Handel nicht verzerren oder andere GAP-Interventionen unverhältnismäßig beeinträchtigen. Die eigentliche Agrarreserve soll künftig, wie ursprünglich geplant, stärker bei Marktverwerfungen zum Einsatz kommen.

Einmal melden, mehrfach nutzen

Künftig müssen Mitgliedstaaten Anpassungen ihres nationalen Strategieplans der Kommission zwar mitteilen. Diese hat dann allerdings nur noch 30 Tage Zeit, die Anpassung zu genehmigen oder zurückzuweisen. Sollte dies nicht fristgerecht passieren, gilt die Maßnahme als angenommen. Die nationalen Verwaltungen werden zudem weiter ermutigt, digitale Systeme zu entwickeln. Nach dem Grundsatz „Einmal melden, mehrfach nutzen“ sollen die Bauern ihre Daten über ein einziges System übermitteln müssen. Die Brüsseler Kommission erhofft sich hiervon Zeitersparnis und Kostensenkungen bei den Landwirten und in der Verwaltung. Die Entlastung der Landwirte wird mit bis zu 1,58 Mrd. Euro jährlich beziffert.

Höhere Pauschalbeträge für Kleinbauern

Für Kleinlandwirte werden die jährlichen Pauschalzahlungen von 1.250 auf 2.500 Euro verdoppelt. Das soll für eine ausgewogenere Verteilung der Beihilfen sorgen und gleichzeitig ebenfalls den Verwaltungsaufwand sowohl für die Landwirte als auch für die Behörden verringern. Bauern unter zehn Hektar werden auch von den GLÖZ-Standards, also der Konditionalität, befreit.

Nun müssen der Rat und das Europaparlament über den weiteren Umgang mit dem Omnibuspaket entscheiden. Sollte mindestens einer der Co-Gesetzgeber Änderungswünsche haben, wäre ein Trilog notwendig. Ist das nicht der Fall, reicht die jeweilige Zustimmung von Rat und Parlament aus.

NÖ Bauernbund begrüßt „Kurskorrektur“

Als erste Reaktion aus Österreich begrüßt der Direktor des NÖ Bauernbundes, Paul Nemecek, den Omnibus-Vorschlag. Er sieht darin eine „Kurskorrektur“ der EU-Kommission. Damit erhalte eine zentrale Forderung des NÖ Bauernbundes, der Bürokratieabbau für die Landwirtschaft, „kräftigen Rückenwind aus Brüssel“. Die GAP gehe „mit diesen praktischen Anpassungen der Umwelt- und Bioauflagen klar in die richtige Richtung“.

Nemecek: „Mit der Kurskorrektur der EU-Kommission erhält der Bürokratieabbau für die Landwirtschaft kräftigen Rückenwind aus Brüssel.“

Erst zu Jahresbeginn habe EU-Agrarkommissar Christophe Hansen im Weinviertel den direkten Austausch mit Vertretern des Niederösterreichischen Bauernbundes gesucht. „Damit hat er seinem Vorgänger (Ex-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski aus Polen, Anm.) vieles voraus.“ Hansen sei ein Politiker mit Weitblick, bäuerlichem Sachverstand und Praxiserfahrung. Das mache ihn zum starken Kommissar für Europas Bauern, betont auch der Präsident der LK Niederösterreich, Johannes Schmuckenschlager. Laut Nemecek brauche es aber „weitere Signale aus Brüssel, damit die Entlastung der bäuerlichen Betriebe kein Einzelfall bleibt, sondern Teil eines langfristigen Kurses wird“. Konkret fordert er eine neue Regelung für die EU-Agrarimporte aus der Ukraine.

Der EU-Abgeordnete des Bauernbundes, Alexander Bernhuber, bezeichnet das Maßnahmenpaket als dringend notwendig: „Gerade in Zeiten enormer Herausforderungen braucht es Vereinfachungen für unsere bäuerlichen Familienbetriebe. Kleine Betriebe werden künftig von bestimmten Kontrollen ausgenommen und können höhere Fördergrenzen in Anspruch nehmen. Die Mitgliedstaaten der EU erhalten mehr Spielraum, um Landwirte nach Überschwemmungen oder Dürren rasch und unbürokratisch zu unterstützen. Bei den Auflagen für Dauergrünland, Gewässerschutz und im Biobereich soll es künftig mehr Flexibilität und realitätsnahe Anpassungen geben. Das schafft mehr Planungssicherheit und entlastet Betriebe, ohne die Nachhaltigkeit aus den Augen zu verlieren.“

Bauernbund-Präsident Georg Strasser meint zum Vereinfachungspaket der EU-Kommission: „Begrüßenswert sind die angekündigten Erleichterungen wie nur eine Vor-Ort-Kontrolle pro Jahr sowie auch flexiblere Zahlungs- und Kriseninstrumente. Das entlastet alle landwirtschaftlichen Betriebsformen. Unsere Bäuerinnen und Bauern sollen sich auf das konzentrieren können, was sie am besten können: qualitativ hochwertige Lebensmittel für die Bevölkerung produzieren.“

Lob vom Agrarsprecher der Grünen

Zum Omnibus-Paket zu Wort gemeldet hat sich auch EU-Abgeordnete der Grünen, Thomas Waitz. Auch er begrüßt einige der Vorschläge zur besseren Unterstützung von Biobetrieben und Kleinbauern, etwa durch Bürokratieabbau und erleichterte Anerkennung von Umweltleistungen. Allerdings dürfen die Vereinfachungen nicht zum Abbau beim Klima- und Umweltschutz führen. Und auch er lobt den Agrarkommissar, weil er „die Sorgen vieler Bäuerinnen und Bauern ernst nimmt“, verlangt aber von Hansen weitere Schritte für eine gerechtere Verteilung der Agrarförderungen an kleinere und mittlere Betriebe etwa durch Obergrenzen für Flächenförderung.

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  • Christophe Hansen: EU-Kommission
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AUTORRed. BW
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