EU-Gipfel: Kürzungen im Agrarbudget sind kaum zu verhindern

Bundeskanzler Kurz sieht geplante Abschläge in der Ländlichen Entwicklung kritisch

EU-Ratspräsident Charles Michel beim Sondergipfel in Brüssel
Die EU-Mitgliedstaaten nehmen gerade einen ersten Anlauf, um sich über den zukünftigen mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 zu verständigen. Auf dem Tisch des heutigen EU-Gipfels liegen Kürzungen im Agrarbudget und der Brexit, der eine Lücke in den EU-Haushalt reißt, die vor allem nettozahlende EU-Mitgliedstaaten nicht durch zusätzliche Zahlungen schließen wollen. Zudem sorgen der Klimaschutz, Flüchtlinge, die Digitalisierung und weitere neue Politikbereiche für zusätzliche Kosten in der EU. Beides führt dazu, dass bei der traditionellen Agrarpolitik und dem Kohäsionsfonds gespart wird. Die EU-Kommission hat eine Verminderung der Direktzahlungen um 5% und der ländlichen Förderprogramme um 15% vorgeschlagen. Arbeitsgrundlage für den EU-Gipfel ist ein Kompromissvorschlag von EU-Ratspräsident Charles Michel. Er hat die Kürzungen der Europäischen Kommission im EU-Agrarhaushalt abgemildert und auf die Summe von 324,3 Mrd. Euro für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in den Jahren 2021 bis 2027 gerade einmal 5 Mrd. Euro wieder aufgeschlagen.

Die EU-Agrarminister sind sich einig, dass die Summe für die Landwirte bei Weitem nicht ausreicht, doch am Verhandlungstisch des Gipfels sitzen nicht die EU-Agrarminister, sondern die Staats- und Regierungschefs. Vor allem die Niederlande und Deutschland bestehen auf den vorgeschlagenen Kürzungen im EU-Landwirtschaftsbudget. “Sehr kritisch” sieht Österreich die Kürzungen im Programm der Ländlichen Entwicklung, auch wenn der aktuelle Vorschlag von EU-Ratspräsident Michel mit einem Ausgabenrahmen von 1,074% der Wirtschaftsleistung der EU laut Bundeskanzler Sebastian Kurz “eine Bewegung in die richtige Richtung” sei. Gemeinsam mit den Nettozahlerländern Dänemark, Schweden und den Niederlanden fordert Österreich laut APA auf dem EU-Gipfel aber weiterhin eine Beschränkung der Ausgabenobergrenze auf 1% der EU-Wirtschaftsleistung.

Frankreich will Agrarförderungen vehement verteidigen

Der deutsche Bundesfinanzminister Olaf Scholz erklärte in einem Vorbereitungstreffen, Deutschland sei zu größeren Zahlungen in den EU-Haushalt bereit. Aber nur, wenn neue Akzente gesetzt werden und wenn in den traditionellen Politikbereichen gespart werde, betonte Scholz. “Die EU soll sich nicht auf traditionelle Bereiche, wie die Gemeinsame Agrarpolitik, konzentrieren”, hatte der niederländische Premierminister Mark Rutte während seines Treffes mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris am vergangenen Wochenende klargestellt. Dem steht die französische Auffassung gegenüber, dass die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln und eine ausreichend finanzierte GAP eine strategische Bedeutung für die EU habe. Macron wird am Verhandlungstisch die Agrarförderungen vehement verteidigen und wird dabei von Polen und anderen EU-Mitgliedstaaten unterstützt.

Protest gegen die Kürzungen kommt auch aus dem Europaparlament. “Es muss deutlich nachgebessert werden”, forderte der deutsche Europaabgeordnete Norbert Lins (CDU). Alte und neue Politikbereiche in der EU dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, mahnte der Vorsitzende des Agrarausschusses im EU-Parlament. Die Fraktionen der Christdemokraten, der Sozialdemokraten, der Liberalen und der Grünen haben im Europaparlament ihr Veto angedroht, wenn der vorgeschlagene Sparhaushalt auf dem EU-Gipfel durchkommen sollte.

EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, den Haushaltsrahmen auf dem EU-Gipfel zu verabschieden, um die Handlungsfähigkeit der EU nicht zu gefährden. Wenn der Vorschlag für den zukünftigen Haushalt von allen kritisiert werde, sei die Mitte für einen möglichen Kompromiss erschüttert, erklärte Hahn vor dem entscheidenden Treffen in Brüssel. Er will aber auch ein Scheitern des EU-Gipfels in dieser Woche nicht ausschließen. Dann müsse man eben rasch einen zweiten Anlauf nehmen, so der EU-Haushaltskommissar. 

AIZ

- Bildquellen -

  • Michel C EU Web: Europäische Union
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