Es geht ja doch

Kommentar von Conrad Seidl,
Redakteur “Der Standard”

Der heutige Donnerstag markiert einen der selten gewordenen Momente des österreichischen Parlamentarismus: Wenn alles nach Plan läuft, wird es eine breite Mehrheit für das Impfpflichtgesetz geben. Es ist ein umstrittenes Gesetz.
Nie hat es so viele Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren gegeben – und auch durch die Anpassungen des Gesetzesentwurfs an einige dieser kritischen Einwände sind bei weitem nicht alle Bedenken ausgeräumt.
Aber eine parlamentarische Mehrheit, die weit über die Stimmen der Regierungsparteien hinausreicht, beschließt eben, was sie für richtig hält.
So funktioniert Demokratie. Und es wäre wünschenswert, wenn sie in wichtigen Punkten weiter so funktionieren würde. Noch ist ja nicht einmal Halbzeit dieser Gesetzgebungsperiode – und es bleibt viel zu tun, jenseits der unmittelbaren Bewältigung der Pandemie-Krise.
Auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, bei Klima- und Energiefragen, bei der wiederum anwachsenden Migration oder auch beim Dauerbrenner Bildung muss nach Lösungen gesucht werden, bei denen die Regierung zwar die Richtung vorgeben kann.
Um Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden, wird sie aber mit Sozialpartnern und eben auch der parlamentarischen Opposition zusammenarbeiten müssen. Diese dürfen sich dem aber nicht aus eitlem Widerspruchsgeist und Profilierungssucht verweigern.
Das mag schwerfallen, weil Sacharbeit weniger Lorbeeren einbringt als polternde Auftritte. Aber im Sinne der demokratischen Kultur ist es notwendig, dass in wichtigen Fragen breiter Konsens hergestellt wird.

conrad.seidl@gmx.at

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