Häufiger umgezäunte Kalbinnen hatten am Schlachttag weniger Stress.

Eine kürzlich von der Schweizerischen Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, „Agroscope“, publizierte Studie lässt mit interessanten Ergebnissen aufhorchen. Demnach beeinflusst häufiger Kontakt zum Menschen die Fleischqualität von Rindern positiv.

Koppelweide in zwei Varianten

Bewiesen wurde das in einem Versuch mit 64 Kreuzungskalbinnen der Rassen Fleckvieh und Holstein, wobei als Vaterrasse bei beiden Limousin verwendet wurde. Die Kalbinnen vom Agroscope-Versuchsbetrieb wurden im Juni in Gruppen von etwa 18 Tieren auf eine Dauerweide in 1.200 Meter Seehöhe aufgetrieben, welche sie dort bis zur Schlachtung in Koppeln beweideten. Die Hälfte der Tiere wurde in kleinen Koppeln zu je 0,24 Hektar gehalten und alle zwei bis drei Tage umgetrieben. Die zweite Kategorie erhielt größere Koppeln von etwa 0,75 Hektar pro Gruppe und wechselte nur wöchentlich die Weide. Eine Wägung am Schlachttag ergab bei allen Rindern geringe Tageszunahmen von durchschnittlich 0,18 Kilogramm, unabhängig vom Weidesystem.

Herzschlag als Richtschnur

Geschlachtet wurde gruppenweise im etwa eine Stunde Fahrzeit entfernten Schlachthof. Die Tiere hatten bis zur Betäubung Kontakt zu ihrer Herde. Vor der Schlachtung wurde das Stresslevel der Kalbinnen durch Messung der Herzfrequenz untersucht. Die Herzfrequenz vor der Schlachtung steht den Autoren zufolge in direktem Zusammenhang mit verschiedenen Fleischqualitätsindikatoren, etwa dem pHWert, welcher Sensorik und Reifung beeinflusst. „Je höher die Herzfrequenz beim Entladen am Schlachthof, desto höher der pH-Wert des Fleisches“, schreiben sie. 24 Stunden nach der Schlachtung wurden bei allen Schlachtkörpern Proben am Rückenmuskel in Höhe der zehnten Rippe gezogen, um eben diesen pH-Wert, den Wasserverlust und die Scherkraft zu messen. Auch eine sensorische Verkostung durch Experten erfolgte.

„Der häufigere Kontakt zu Menschen kann das niedrigere Stressniveau vor der Schlachtung und damit einen Teil der Auswirkungen auf die Fleischqualität erklären.“

Das Ergebnis: Die Rinder aus der Gruppe mit häufigem Weidewechsel hatten im Durchschnitt vor der Schlachtung deutlich weniger Stress, ihr Puls war niedriger. Das Fleisch zeichnete sich durch geringere Wasserverluste und einen schnelleren Abbau des Proteins Troponin aus, beides beeinflusst die Fleischqualität positiv. „Der häufigere Kontakt zu Menschen kann das niedrigere Stressniveau vor der Schlachtung und damit einen Teil der Auswirkungen auf die Fleischqualität erklären“, heißt es aus der Schweiz. Beobachtet wurde außerdem, dass die Reihenfolge der Betäubung eine Rolle spielte. Je länger die Tiere warten mussten, umso eher stieg ihr Puls. „Ereignisse rund um die Betäubung und Entblutung haben einen signifikanten Einfluss“, folgern die Forscher daraus.

Behornte Rinder nervöser?

Interessantes Detail: Die Agrarwissenschaftler dokumentierten auch den Hornstatus der Kalbinnen und untersuchten dessen Auswirkungen auf Stressniveau und Schlachtkörperqualität. Behornte Rinder hatten im Versuch am Schlachthof eine schnellere Herzfrequenz als enthornte Tiere. Ihr Fleisch hatte einen geringeren Kochverlust und war in der sensorischen Analyse weniger saftig. Betont wird jedoch, dass der Einfluss des Hornstatus deutlich geringer ausgeprägt sei, als jener des Kontakts zum Menschen.

Hier die Studie zum Nachlesen.

- Bildquellen -

  • Rinder auf der Weide: agrarfoto.com
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AUTORClemens Wieltsch
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