Ob bei der Freiwilligen Feuerwehr, in Vereinen, bei der Organisation von Dorffesten oder in der Nachbarschaftshilfe – das Ehrenamt ist in ländlichen Regionen ein unverzichtbarer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Ohne den Einsatz der vielen engagierten Menschen würde vieles nicht funktionieren: Gemeinschaft, Sicherheit und kulturelles Leben wären ohne sie kaum denkbar.
Selbstfürsorge leben, um wirksam zu helfen
Das Ehrenamt ist ein wertvoller Beitrag für das Miteinander. Damit dieser Einsatz auf Dauer gut gelingt, braucht es jedoch eines ganz besonders: den achtsamen Umgang mit sich selbst.
Nur wer gut auf sich selbst achtet, kann auch dauerhaft für andere da sein. Dafür ist ein gewisses Maß an Selbstfürsorge notwendig. Auch wenn dieses Wort zunächst nach Wellness und Rückzug klingt, meint es vor allem, die eigenen Grenzen wahrzunehmen, Überforderung zu erkennen und sich regelmäßig Erholung zu gönnen. Wer ständig nur gibt, läuft Gefahr, irgendwann auszubrennen. Deshalb ist Selbstfürsorge keine Form von Egoismus, sondern die Voraussetzung dafür, langfristig und mit Freude helfen zu können. Bereits kleine Maßnahmen können hier viel bewirken. Eine gute Selbstwahrnehmung schützt nicht nur die eigene Gesundheit, sondern stärkt auch die Qualität des Engagements.
Belastung ernst nehmen und vorbeugen
Gerade im ländlichen Raum, wo sich viele persönlich kennen, fällt es besonders schwer, Erwartungen zu enttäuschen oder mit dem Anliegen abzulehnen. Doch wer sich dauerhaft überfordert, ist früher oder später nicht mehr leistungsfähig – und fällt dann unter Umständen ganz aus. Deshalb ist es wichtig, auf Warnsignale wie Erschöpfung, Gereiztheit oder Schlafprobleme zu achten.
Auch Organisationen selbst tragen Verantwortung: Durch regelmäßige Gespräche, klare Rollenverteilungen und echte Wertschätzung für die geleistete Arbeit können sie aktiv zur Gesunderhaltung ihrer Mitglieder beitragen. Transparente Kommunikation und realistische Erwartungen fördern dabei ein Klima, in dem sich Freiwillige langfristig wohl und getragen fühlen.
Belastungen meistern und Balance bewahren
Widerstandsfähigkeit im Ehrenamt beschreibt die Fähigkeit, mit Belastungen und schwierigen Situationen umzugehen, ohne dabei die eigene Funktionsfähigkeit zu verlieren. Sie ist individuell unterschiedlich ausgeprägt und hängt von den persönlichen Ressourcen ebenso ab wie von den Rahmenbedingungen innerhalb der Organisation.
Auch die Motivation spielt eine zentrale Rolle: Menschen, die durch ihr Engagement das Gefühl haben, dazuzulernen oder sich weiterzuentwickeln, bleiben meist länger aktiv. Wenn das Ehrenamt ein Teil der eigenen Identität wird, entsteht eine besondere Bindung.
Nachgefragt bei Barbara Juen

Dienst Rotes Kreuz
BauernZeitung: Was sind typische Warnzeichen, dass jemand im Ehrenamt zu viel Verantwortung trägt oder überfordert ist?
JUEN: Warnzeichen sind häufig körperlicher Natur. Wir haben alle unsere „Schwachstellen“. Beim einen ist es die Migräne, beim anderen ist es der Magen oder der Rücken, der zu schmerzen beginnt. Es können aber auch kognitive Warnzeichen sein wie Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme oder Schwierigkeiten ein- oder durchzuschlafen. Es können auch emotionale Warnzeichen sein wie heftige Gefühlsschwankungen oder einfach das Gefühl, immer „dünnhäutiger“ zu werden.
Welche einfachen Strategien helfen speziell Ehrenamtlichen, besser auf sich selbst zu achten?
Ehrenamtliche müssen in der Lage sein zu erkennen, ab wann es ihnen zu viel wird und Strategien erlernen, um während der Stresssituation kurz Abstand zu gewinnen, soweit es ihre Arbeit oder Rolle ermöglicht. Mit kleinen Pausen oder kurzen Auszeiten. Auch am Ende der Tätigkeit kann man Rituale und Strategien entwickeln, um aus der Rolle auszusteigen.
Für einige ist es oft schwer, ausreichend Zeit für Selbstfürsorge und Pausen einzuplanen. Sie sollten sich daher Termine mit sich selbst ausmachen. Das aus der Erkenntnis heraus, dass man nur gut für andere sorgen kann, wenn man selbst ausreichend gut versorgt ist. Dabei kommt es darauf an, dass man genügend Ressourcen wie Tätigkeiten, Orte oder Personen zur Verfügung hat, um sich zu erholen und wieder Energie zu tanken. Das kann der Spaziergang mit dem Hund im Wald sein, die Gartenarbeit oder das Kochen.
Wie können Vereine und Organisationen die Selbstfürsorge ihrer Mitglieder fördern?
Eine Organisation muss Ressourcen bereitstellen, damit ihre Ehrenamtlichen resilient sein können. Gemeint sind eine Versicherung, die Entschädigung für Ausgaben während der Tätigkeit, auch passende Infrastruktur, um die Aufgaben zu erfüllen.
Ebenso angemessene Information über ihre Tätigkeiten, Aufgaben und Rollen sowie deren Umfang, eine angemessene Ausbildung, eine sichere Arbeitsumgebung betreffend Ausrüstung sowie Anerkennung und Zertifikate, um ihren Beitrag zu würdigen. Wichtig ist auch eine Haftpflichtversicherung. Außerdem rentiert es sich, in eine gute Teamführung und in den Teamzusammenhalt zu investieren. Das Team ist eine der Hauptressourcen für Ehrenamtliche. Daher ist der Zusammenhalt eine der wichtigsten vom Verein oder Organisation zu fördernden Variablen. Teamzusammenhalt wird zum Beispiel gefördert durch ein gemeinsames Ziel, eine geteilte Gruppenidentität, geteilte positive und negative Emotionen während der Tätigkeit und gegenseitige Abhängigkeit. Also was wir gemeinsam durchgemacht oder erlebt haben. Jede braucht die anderen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, also wie sehr wir uns aufeinander verlassen können.
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- Univ.-Prof. Dr. Barbara Juen: Juen
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